Lachen, beste Medizin? Prima als Unternehmenskultur!

Es wird grad bierernst übers Lachen gestritten. In Japan gilt seit Juli ein Lachgebot. Firmen sollen für Heiterkeit sorgen. Weil Lachen – wie Yoga am Morgen und Gymnastik am Feierabend – prima für Gesundheit sorge. Typisch für unsere biedere Zeit. Hauptsache gesund, ja, ja, und alles darüber hinaus soll dem körperlich-seelischen «Wohlbefinden» untergeordnet sein, ihm dienen? Auch die Leidenschaft, die Fantasie, die Hingabe? Nun noch das Lachen?

Sicher ist Lachen gesund. Das belegen sogar ernsthafte Studien. Man teilt Patienten mit denselben Symptomen in zwei Gruppen. Gruppe 1 kriegt zweimal täglich lustige Filme vorgeführt – und siehe da, diese Kranken erholen sich besser, haben nicht nur bessere Laune, ihre Blutwerte unterscheiden sich markant von denen der Gruppe 2, die nichts zu lachen hat. Humor, die beste Medizin, klar, wussten wir. Doch welcher Idiot lacht, um gesund zu bleiben?

Dabei haben die Japaner durchaus recht: Schlaue Firmen sorgen für Heiterkeit – bloss aus anderen Gründen als der Gesundheit. Lachen taugt prächtig als Unternehmenskultur. Beginnt mit Blödeln am Arbeitsplatz. Funktioniert anders als die Satire, ist mehr Selbsthilfe als bissige Zergliederung. Blödeln Angestellte über ihre Chefin, rütteln sie nicht an ihrer Autorität; sonst würden sie fachliche Qualitäten kritisieren, nicht über ihre Schuhe witzeln. Blödeln taugt als Druckausgleich – gegen Leistungsdruck. Witze dieser Art tauchen meist in Phasen der Übermüdung auf, wenn wir der Dauerpflicht zum Ernst überdrüssig sind: als Entlastung von Konformitätsdruck, als kurzfristige Durchlüftung der Arbeitsnormen. So gewährt Blödeln vielleicht die bessere Erholung als das momentan diskutierte Modell der Viertagewoche.

Erst recht taugt Lachen zur Korrektur falscher Hierarchien im Unternehmen. Man weiss: Lachen über andere kann zur Waffe werden. Lachen holt vom Podest. Hebelt Machtanmassung aus. Wie das geht, zeigt Dani Levy in seinem umstrittenen Film über Hitler. Er führt den Führer als erbärmliche Witzfigur vor, als wehleidiges Würstchen, impotent, vom Vaterkomplex zermürbt, mit einem Selbstbewusstsein auf Schwundstufe: Adolf spielt in der Badewanne Seekrieg, legt sich nachts zwischen das jüdische Ehepaar Grünberg («Ich fühle mich so allein, die ganze Weltlage geht mir so nahe»), macht an seiner Geliebten Eva Braun herum, bis die verzweifelt («Ich spüre Sie nicht, mein Führer»).

Lächerlichkeit als Höchststrafe für Diktatoren – und andere aufgeplusterte Schwachköpfe. Die verdanken doch ihre Karriere nicht zuletzt unserem fatalen Biedersinn, sie ernst zu nehmen, nur weil sie mal auf ihrem Posten sitzen. Mit Humor entziehen wir ihnen den Nimbus – und verlieren im Lachen unser ängstliches Duckmäusertum. Lachend können wir auf den Geschmack an einer aufrechten Haltung gegenüber Popanzen kommen – in der Politik wie im Betrieb.

So haben die Japaner doch recht. Schlaue Firmen sorgen für Heiterkeit – bloss nicht zur Gesundheitspflege, eher zur unternehmerischen Selbstdurchlüftung.

Ludwig Hasler

Philosoph, Physiker, Autor und Menschenkenner lhasler@duebinet.ch