Skizzen einer grünen Wirtschaft

China will bis 2049 führende Industrienation werden – und nachhaltiger, wenn es nach der Regierung geht. An einem Forum im chinesischen Dongguan wurde diskutiert, wie Chinas Wirtschaft grüner werden soll.

Bild Mark Gasser

Die Megalopolis «Greater Bay Area» mit Shanghai, Hongkong und Shenzhen zeigte in Dongguan auf, wie sie grüner, technologischer und innovativer werden will.

Die Robotics Megafactory von ABB: Auch ein Puzzlestück der wirschaftlichen Schlagkraft der Megalopolis «Greater Bay Area».

Bild Mark Gasser

Die Megalopolis «Greater Bay Area» mit Shanghai, Hongkong und Shenzhen zeigte in Dongguan auf, wie sie grüner, technologischer und innovativer werden will.

Bild Mark Gasser

Die Megalopolis «Greater Bay Area» mit Shanghai, Hongkong und Shenzhen zeigte in Dongguan auf, wie sie grüner, technologischer und innovativer werden will.

Bild Mark Gasser

Die Megalopolis «Greater Bay Area» mit Shanghai, Hongkong und Shenzhen zeigte in Dongguan auf, wie sie grüner, technologischer und innovativer werden will.

Wenn die Schweiz und China sich zu Wirtschaftsgesprächen treffen, gehe es in der Regel um drei Dinge: Innovative Produkte von höchstem Standard, hoher Qualität und langer Lebenserwartung. «Und es geht drittens um nachhaltiges Produzieren», meinte Jürg Burri, Schweizer Botschafter in Peking an einem Forum der Schweizer Handelskammer SwissCham in Dongguan vom 29. und 30. Juni. Damit nannte Burri auch gleich die drei Schwerpunkte des Forums unter Schweizer Federführung: «Smart, Sustainable & High Quality».

Schweizer Unternehmensvertreter und Referenten unterstrichen in der 8-Millionen-Stadt in Chinas Süden, dem Mittelpunkt der «Greater Bay Area» (GBA) zwischen Guangzhou, Shenzhen und Hongkong, die Absicht, China mit Technologie und Knowhow zu unterstützen. Chinesische Firmen- und Regierungsvertreter versicherten, dass China bereit sei für eine nachhaltige Zukunft. Angesichts der raschen Industrialisierung und Urbanisierung tut das not: Das Land steht vor drängenden Umweltproblemen.

De-Risking im Gang

Die GBA ist eine Megalopolis, die aus neun Städten und zwei Sonderverwaltungszonen in Südchina besteht. Mehr als 1000 Schweizer Firmen sind aktuell in China tätig, 20 davon in Dongguan, allein 200 in Hongkong. Die Repräsentanten dieser Firmen, die Schweizer Handelskammern, sind unter dem Dach der SwissCham in Peking auf vier Regionen verteilt. «Früher kamen aus unserer Region mehr Low-End-Produkte wie Kleider oder Spielwaren», erklärt Stephan Stalder, Geschäftsführer der Handelskammer SwissCham South China am Rande des Forums. Dongguan galt einst als «factory of the world». «Aber das wird langsam zu teuer für die Kleiderfirmen. Heute geht man eher nach Südostasien oder Afrika. Auch chinesische Firmen outsourcen und setzen auf De-Risking», so Stalder. Im Gegenzug hätten sich Lebensstandard und Infrastruktur in den letzten 15 Jahren «ganz klar verbessert». Auch die Haltung Chinas zum Ukrainekonflikt und die Coronapolitik spiele sicher eine Rolle bei der aktuellen Zurückhaltung bei Investitionsentscheiden.

Heute ist die Region GBA ein starker Technologie-Cluster und bildet weltweit den zwölftgrössten Wirtschaftsraum, der gemäss Fahrplan der Regierung bis 2035 global bis auf Nummer zwei im Global Innovation Index vorstossen soll (den die Schweiz anführt).

Und die GBA gab in Dongguan zu erkennen: Die Ambitionen sind hoch. Hongkong soll nun etwa ein Green Financing Hub werden – einzelne Banken wollen in den CO2-Zertifikatshandel einsteigen. Die Industrie- und Tech-Metropole Shenzhen hat einen Green Bond etabliert – als erster Offshore Bond wurde er von einer Munizipalregierung in China genehmigt.

Auch Beratungsunternehmen wie Deloitte China haben den grünen Markt entdeckt. So meinte Vanessa He, Managerin für Klima- und Nachhaltigkeitsfragen, dass von Deloitte diverse Dienstleistungen oder «Cleantech-Werkzeuge» wie ESG-Nachhaltigkeits-Reporting und auch ein ESG-App für Unternehmen angeboten werden.

Bild Mark Gasser

Stephan Stalder, Geschäftsführer von SwissCham South China, sprach am Rande des Forums in Dongguan mit der Zürcher Wirtschaft.

Besser als Entwicklungsforscher, Ökonom und Nachhaltigkeitsberater Guangnan Zhang aus Hongkong hätte man am Economic Forum den Einfluss der Regierung nicht beschreiben können: der Regierungsfahrplan und deren Politik bestimmten das Wachstum in China nachhaltig, meinte er. Damit spielte er auch auf den strategischen Plan «Made in China 2025», mit offiziellem Namen «Initiative zur umfassenden Aufwertung der chinesischen Industrie». Konkrete Ziele auf diesem Fahrplan zur Industriemacht sind etwa die Digitalisierung der Fertigung in zehn Schlüsselindustrien, der Aufbau von Forschungs- und Entwicklungszentren, Fortschritte bei der umweltfreundlichen Produktion und Energieeffizienz, Smart Manufacturing sowie die Erhöhung des Anteils chinesischer Hersteller von Kernmaterialien auf dem einheimischen Markt auf 70 Prozent.

Dabei spielt die «Greater Bay Area» mit einem BIP-Anteil von 12 Prozent bei nur 5 Prozent der Landesbevölkerung eine zentrale Rolle. Und bis 2049, zum hundertjährigen Bestehen der Volksrepublik, soll China als führende Industrienation an der Weltspitze stehen. Doch bis dahin gibt es zu tun: Adaptation, Lern- und Kooperationsbereitschaft sind daher oft gehörte Begriffe – auch in Dongguan.

Wie nachhaltig denkt China?

David Avery, Leiter Cleantech bei Global Enterprise Switzerland (SG-E), erklärte dem grösstenteils chinesischen Publikum aus Wirtschaft und Politik, dass die Schweiz ihrerseits mit dem Aktionsplan «Agenda 2030» für die Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele gerüstet sei, da sie als hoch innovatives Land beste Voraussetzungen für Fortschritte bei den grünen Technologien biete.

Doch wie sieht das in China aus? Hua Shi, Leiter des WWF in Südchina, erklärte, dass Biodiversität und Klimawandel mehr Aufmerksamkeit erlangt hätten in China. «Ich spüre, dass mehr und mehr chinesische Firmen vermehrt sensibel sind gegenüber dem Umweltschutz.» Exportorientierte Firmen verpflichteten sich zum nachhaltigen Produzieren und achteten eher auf das Einhalten internationaler Standards als im Inland tätige. Für diese sei noch kein Vorweisen von Nachhaltigkeitsstandards erforderlich. In Zukunft werde die öffentliche Beurkundung aber kommen.

Ein Vertreter des Schweizer Unternehmens Eugster Frismag, das für grosse Kaffeehersteller als ODM (Original Design Manufacturer) Maschinen hauptsächlich für den Export herstellt, kennt auch die Recycling-Kultur in China. So bewege man sich vermehrt in Richtung Kreislaufwirtschaft – auch wenn er noch ein ungelöstes Problem sieht in den teils undurchsichtigen Zertifizierungen.

Stephan Stalders Tipp für den Investitionsentscheid in China: «Wenn ich den riesigen chinesischen Markt bedienen wollte, würde ich definitiv hier investieren. Vielleicht weniger, um den Weltmarkt von hier aus zu bedienen. Denn es gibt – je nach Branche – teilweise hohe Barrieren.» So sei es schwierig, eine Finanzierung einer chinesischen Bank zu erhalten. Gelockert worden sind die Hürden, mit der chinesischen Währung Yuan zu handeln. «Firmen müssen aber immer noch sehr genau belegen, wo das Geld hinfliesst – auch innerhalb eines Unternehmens», so Stalder.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

Ihre Meinung ist uns wichtig

Das Thema ist wichtig.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Der Artikel ist informativ.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Der Artikel ist ausgewogen.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Anzeige