Firmengründung für Frühstarter

Sechs Kantischüler präsentierten Ustermer Gewerbetreibenden ihre Geschäfts- und Produktidee.

Die Schüler beim Vorstellen des Produkts – und beim Verkauf der «Aktien»

Mittwochabend, Anfang Dezember. Gleich folgt der Auftritt. Sechs junge Männer im Alter zwischen 15 und 16 Jahren überfliegen ein letztes Mal ihre handschriftlichen Notizen auf den kleinen Kärtchen, die sie in den bereits schwitzig gewordenen Händen halten. Es ist mittlerweile ziemlich warm geworden im Chalet-Hüsli auf dem Vorplatz von «blaser’s café & weinbar» mitten in Usters Zentrum. Im erwartungsvollen Publikum sitzen Gewerbetreibende aus Uster. Vor ihnen können an diesem Abend die sechs Schüler der Kantonsschule Uster die Chance nutzen, ihre Geschäfts- oder vielmehr Produktidee zu präsentieren und im Idealfall auch Investoren für ihr Mini-Unternehmen gewinnen.

Auftritt vor Gewerblern

An der Seite der verständlicherweise etwas nervösen Jugendlichen steht David Weber. Der gelernte Rechtsanwalt ist an der Kanti Uster Lehrbeauftragter für Wirtschaft und Recht. Er begleitet die jungen Männer beim YES-Projekt (Detailinfos in der Box auf dieser Seite). Im Rahmen eines schweizweit arrangierten Wettbewerbes können sich Jugendliche beim Aufbau eines Mini-Unternehmens messen. Brigitte Oertli, Vizepräsidentin des Gewerbevereins Uster, freut sich über die Präsenz der sechs Kantischüler. Rund 40 Gewerblerinnen und Gewerbler werden den jungen Firmenbossen Gehör schenken – vor dem später prima mundenden Fondue. Ob einige gar zum ersten Stamm an Investoren gehören werden?

Vom Seifenprodukt zum Snack

Und da stehen sie nun und präsentieren ihre Produktidee. Alles ohne Beamer, aber dennoch möglichst anschaulich. Auf einem Tisch sind mehrere Säckchen platziert. «Hempy’s Cookies» steht auf den Etiketten geschrieben, muss wohl etwas zum Essen sein. CEO Bilal Oualibouch aus Uster, 15 Jahre alt, erklärt die Motivation zum Projekt, der 15-jährige CPO Marco Sturzenegger aus Dübendorf äussert sich zum Weg der Themenfindung. «Lange war uns nicht klar, was wir herstellen könnten. Irgendwann haben wir daran gedacht, ein spezielles Seifenprodukt herzustellen», erzählt er. Doch dann habe man festgestellt, dass man zu Seife kaum eine emotionale Bindung habe.

Heimisches Hanfmehl

Also nochmals zurück auf Feld 1 und wieder die Köpfe zusammenstecken. Nachdenken auch über die gemeinsamen Leidenschaften und Hobbys. Das Fazit: Alle treiben Sport – und alle haben beim oder nach dem Sporttreiben Hunger. Hunger auf etwas Gesundes, einen gesunden Snack für zwischendurch. Die Idee war geboren, jetzt konnte in einem nächsten Schritt die Mixtur angegangen werden. Basis sollte ein Hanfmehl bilden, hergestellt aus regionaler Produktion. Die weiteren Mitglieder der «Geschäftsleitung» – Gian Müntener (15) aus Mönchaltorf, Louis Braun (15) aus Uster, Maxime Touboul (16) aus Uster und Alan Schneider (15) aus Greifensee – berichten sodann über ihre ersten Schritte im Marketing des Mini-Unternehmens, über die Finanzen, über den Webauftritt und über die regelmässigen Meetings der Geschäftsleitung. Und sie betonen, dass die für den Snack verwendeten Produkte aus heimischer Produktion stammen. Die Herstellung eines Cookies kostet 50 Rappen, das Säcklein mit fünf Cookies soll für 3.50 Franken über den Ladentisch gehen.

Fürs Leben lernen

Mit ihrer Firma, die Ende des Schuljahres gemäss der Projektidee im Übrigen wieder liquidiert werden muss, wollen sie einen «möglichst hohen Umsatz» erzielen. Die Produktion der Cookies –nicht zu verwechseln mit Cannabis-Keksen – geschehe in den Küchen im Elternhaus, jeweils mit zwei Blechen à 24 Cookies. Man prüfe derzeit jedoch Möglichkeiten, um die Produktion hochzufahren. Für David Weber ist dieses Freifachprojekt mit einem hohen Mehrwert verbunden. «Die Jugendlichen lernen, Verantwortung zu übernehmen, eine Produktidee zu entwickeln, einen Businessplan zu erstellen oder Marketingüberlegungen zu machen», bilanziert er.

Gewerbler beziehen «Anteile»

Im Anschluss an den Fondueplausch haben die Jungunternehmen quasi «in der Höhle des GVU-Löwen» nochmals die Gelegenheit, Werbung in eigener Sache zu machen und sich auch in der Vernetzung zu üben. Mehrere Gewerbler schlüpften dann in die Rolle eines Investors und erwerben Partizipationsscheine à 15 Franken – die Aussicht auf eine Dividende steht auch hier an vorderer Stelle. Ein ortsansässiger Metzger bestellte zudem gleich 50 Säcklein für die Auslage in seinem Geschäft. «Könnt Ihr bis Ende der Woche liefern?», fragte er. Ja, so tönt es dann eben im «echten Leben». Die Jungunternehmer hätten da wohl niemals Nein gesagt.

Marcel Vollenweider

Korrespondent Zürcher Oberland