Verlassen wir uns auf ausländischen Strom, leiden wir finanziell
Am 9. Juni stimmt die Schweizer Bevölkerung über das Stromgesetz ab. FDP-Nationalrat Beat Walti erklärt im folgenden Beitrag, was die Vorlage beinhaltet und weshalb er sich für ein Ja engagiert.
21. Mai 2024
Nationalrat und Gastautor Beat Walti (FDP).
Beat Walti
Die Schweiz importiert einen bedeutenden Teil des Stroms aus dem Ausland. Geopolitische Ereignisse können daher einen indirekten Einfluss auf die Strompreise haben. So hat der Ukrainekrieg beispielsweise eine europaweite Energieknappheit ausgelöst, die unsere Strompreise in die Höhe getrieben hat. Viele Leute sahen sich plötzlich mit massiv höheren Stromrechnungen konfrontiert. Insbesondere Firmen mit hohem Stromverbrauch litten darunter, dass sie auf einen Schlag Tausende Franken mehr für den Strom für ihre Kühltechnik oder andere Geräte bezahlen mussten. Besonders bestürzt haben mich Berichte über Unternehmen, die den Betrieb komplett einstellen mussten, weil sie sich die hohen Energiekosten nicht mehr leisten konnten. Und da unsere alten Atomkraftwerke bald vom Netz gehen, droht sich diese Situation weiter zu verschärfen. Damit wir auch künftig genügend und bezahlbaren Strom haben, ist wichtig, dass wir jetzt handeln, indem wir die Schweizer Stromproduktion ausbauen.
Mit dem «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» – kurz Stromgesetz genannt – haben wir am 9. Juni die Möglichkeit, die inländische Stromproduktion nach-haltig zu stärken. Wenn wir das Stromgesetz annehmen, legen wir die gesetzlichen Grundlagen für einen raschen Ausbau, der die inländische Wertschöpfung im Energiebereich ankurbelt und unsere Stromversorgung sichert. Ausserdem wird der Strompreis stabilisiert. Denn das Gesetz verpflichtet Stromlieferanten zu Sparmassnahmen zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten. Und teure Notfallmassnahmen im Fall einer Winterstromknappheit können verhindert werden.
Drohende Stromlücke
Bestimmt erinnern Sie sich an den Winter 2022/23: Der Bund appellierte an die Schweizer Bevölkerung, möglichst sparsam mit Strom umzugehen, da eine Winterlücke drohte. Heizung runterdrehen, kalt duschen, den Lift vermeiden – so lauteten die Tipps. Wochenlang wurde über mögliche Rationierungen diskutiert. Horrorszenarien dazu, welche Unternehmen im Notfall einfach abgeschaltet würden, füllten die Titelseiten. Die wirtschaftlichen Konsequenzen solcher Rationierungen wären verheerend. Wenn wir verhindern wollen, dass dies künftig zum Winterritual wird, brauchen wir eine zuverlässige Stromversorgung.
Das Stromgesetz setzt auf bewährte Energiequellen: Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagen sollen bis 2050 jährlich zusätzliche 45 TWh an Strom liefern – also rund drei Viertel des aktuellen jährlichen Stromverbrauchs der Schweiz. Der Ausbau wird dabei nicht mit Verboten erzwungen, sondern mit Anreizen vorangetrieben. 16 Wasserkraftprojekte sind im Gesetz festgehalten, wobei es sich bei 13 dieser Projekte um Erweiterungen bestehender Wasserkraftanlagen handelt. Wer beim Stromgesetz eine Verschandelung der Natur befürchtet, irrt: Rund 80 Prozent der neuen Anlagen sollen auf bestehender Infrastruktur erstellt werden. Konkret sind damit Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Fassaden gemeint. Die Photovoltaik wird somit eine tragende Rolle in der Energiewende spielen. Schon heute stammen rund zehn Prozent des in der Schweiz verbrauchten Stroms aus Solaranlagen. Und das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft.
E-Autos als Batteriespeicher
Weiter bietet das Stromgesetz die Chance, das Stromnetz intelligenter zu gestalten. Mit lokalen Elektrizitätsgemeinschaften wird ermöglicht, dass lokal produzierter Solarstrom direkt vor Ort wieder verbraucht wird. Und wussten Sie, dass auch unsere Elektro-fahrzeuge zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen können? Ein an das Stromnetz angehängtes E-Auto ist nämlich nichts anderes als ein Batteriespeicher. Tagsüber auf dem Dach produzierter Solarstrom kann im Auto gespeichert und nachts an das Stromnetz abgegeben werden. Mit dem Stromgesetz machen wir diese Technologie salonfähig. Und das ist dringend notwendig. Denn mit dem stets wachsenden Anteil an Elektrofahrzeugen auf den Schweizer Strassen kann eine bedeutende Strommenge gespeichert werden.
Das Stromgesetz wird zu Recht von zahlreichen Parteien, Unternehmen und Umweltverbänden unterstützt. Es ermöglicht uns, die Schweizer Stromproduktion auszubauen und so die Versorgungssicherheit zu stärken. Deshalb sage ich am 9. Juni Ja zum Stromgesetz.
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