Überparteiliche Bratwürste

Bei der SVP ging es immer mal wieder um die Wurst. So beispielsweise in einer Kampagne 2005, als sie das Referendum gegen den Beitritt zu Schengen/Dublin ergriff – und bekanntlich scheiterte. Und am Podium mit den bürgerlichen Regierungsratskandidaten rüffelte SVP-Finanzdirektor Ernst Stocker kürzlich an die Adresse des Gewerbes (S. 14): «Wenn es um die Wurst geht, spüre ich herzlich wenig vom liberalen Geist.»

In einem Vorstoss der stadtzürcher SVP-Gemeinderätin Susanne Brunner geht es ebenfalls um die Wurst – buchstäblich. Und an liberalem Geist lässt sie es darin auch nicht vermissen. Wird nämlich die politische Korrektheit beim Gendern oder nun aktuell bei der Ernährung zur Religion erhoben, dann findet sie schon mal (in Anlehnung an den Suppenkaspar im «Struwwelpeter»): «Nein, diese Suppe ess ich nicht.»

«Keine Extrawurst für Frau Brunner»: Als hätte sie es geahnt, titelte ausgerechnet die SP-Hauszeitung «PS» bereits im Jahr 2019 diesen Satz. Allerdings in anderem Kontext: Brunner hatte nach einer nicht entgegengenommenen Interpellation, in der im Text stets in männlicher Form von «Aktivisten» die Rede war, gefordert, mit dem «Gender-Unfug» im Gemeinderat aufzuhören. Es gehe um nichts weniger als darum, «die Freiheit zu verteidigen».

So war es zuletzt auch wieder Susanne Brunner, die den politisch korrekten Ernährungsstrategen gehörig in die Suppe spuckte. Zahlreiche Vorstösse zum Thema fleischloses Essen in stadtzürcher Betrieben, klimafreundlicher Ernährung und Bio-Produkten hatte der Gemeinderat zuvor bereits behandelt. Zwei Beispiele: Der geforderte Verzicht auf Fleisch in Stadtspitälern, Alters- und Pflegeheimen oder jüngst auch am Züri Fäscht.

Der SVP-Gemeinderätin Brunner platzte dann der Kragen, als bei den eigenen Sitzungen stets fleischloses Essen beziehungsweise Brötchen vom Vortag angeboten wurden. So reichte sie eine halbernste «Bratwurst-Petition» ein, um dieser Hanswurstiade ein Ende zu bereiten. Auch wenn die Vegi- und Vegan-Snacks an Gemeinderatssitzungen politisch korrekt sind – sehr ausgewogen scheinen sie nicht zu sein. In ihrer «Bratwurst-Petition» fordert Brunner daher, dass an besagten Sitzungen auch mal eine Wurst auf dem Grill aufgetischt werde – selbstredend mit entsprechenden vegetarischen Alternativen. Selbst Vertreter von SP und AL sowie einzelne Vegetarier trugen dazu bei, dass insgesamt 60 Gemeinderäte – also fast die Hälfte des Gemeinderats – die Petition unterzeichneten.

Falls nun der Grüne Ratspräsident tatsächlich dieser knappen Minderheit eine Extrawurst gewährt und die Bratwurst-Petition ernst nimmt, muss man leider befürchten, dass die Heizquelle des Grills die nächste Diskussion auslösen wird. So oder so: für Aussenstehende ist der Konflikt um die Gemeinderats-Häppchen eine geradezu köstliche Angelegenheit.

Wadenbeisser

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