Rücktritt eines Dietliker Urgesteins

Kurz vor seinem 75. Geburtstag ist der langjährige Dietliker Gewerbepräsident abgetreten: Peter Bernhard blickt zurück auf eine lange Karriere – als Maler und als Gewerbler.

Bild Mark Gasser

Peter Bernhard im Malergeschäft, das er in dritter Generation übernahm, an seinen Sohn weitergab und wo er nun als Verwaltungsratspräsident engagiert ist.

Bild Mark Gasser

Peter Bernhard mit Sohn Thomas, der heute den traditionellen Malerbetrieb in vierter Generation führt.

Es spielte sich alles in einem idyllischen, ruhigen Quartier in Dietlikon ab. Das soll nicht die Einleitung für einen Krimi sein, sondern für das Porträt einer genauso unverdächtigen wie zentralen Figur im Dietliker Gewerbe: Peter Bernhard wartet bei der Gewerbeliegenschaft auf den Gast, als wolle er mit Erzählen gleich loslegen. Was er dann auch tut.

Doch der Reihe nach. Die Gewerbeliegenschaft bewohnt nun sein Sohn Thomas – und deren Malerbetrieb führt er bereits seit zehn Jahren. Peter Bernhard blickt auf eine lange Familientradition zurück, spricht mit Bewunderung von seinem Vater und Grossvater, die damals noch unter misslichen Umständen die Geschäfts- und Wohnliegenschaft nutzten und jeden Raum separat beheizten. «Wir betrachten heute vieles als selbstverständlich», findet er.

«Ich wünschte, es gäbe weitere sechs, sieben Firmen im Dorf, die auch so gut vernetzt sind und wo die Nachfolge auch geregelt ist.»

Peter Bernhard, zurückgetretener Präsident Gewerbe und Industrie Dietlikon

Um Bernhards lange Karriere als Gewerbevertreter zu verstehen, die er nun mit seinem Rücktritt ad acta legte, hilft ein Blättern in seiner Biografie: Nach einer Malerlehre absolvierte er mehre-re Weiterbildungen (diplomierter Malermeister sowie kunsthandwerkliche Weiterbildungen), dazwischen machte er einen Auslandaufenthalt in Südafrika. Mit 32 Jahren übernahm er das Geschäft von seinem Vater.

Und heute hängt Peter Bernhard, so könnte man meinen, immer noch am Malerbetrieb. Doch er stellt gleich klar: «Ich muss als Silberrücken den anderen nicht dreinreden und zu jeder Tageszeit hineintrampeln. Das hätte ich als Sohn auch gehasst.»

Im Erdgeschoss des Gewerbebaus treffen wir seinen Sohn Thomas im Büro mit einem Mitarbeiter vor mehreren Bildschirmen mit bunten Planungstools. Als das Unternehmen in eine AG umgewandelt wurde und Peter Bernhard als Präsident in den Verwaltungsrat übertrat, war sein Sohn erst 28. Er hatte sich früh aus eigenen Stücken für eine Malerlehre entschieden.

Peter Bernhard ist dankbar. Denn er weiss, wie viele KMU händeringend nach Nachfolgern suchen. Im Unterländer Malermeisterverband, wo er einst im Vorstand war, jammerte damals ein Geschäftsführer: «Genau bei unseren mittelständischen Betrieben verlassen übermässig viele Junge das Familienunternehmen. Und zwar deshalb, weil die Eltern keine Vorbilder sind.» Wenn der Vater am Mittagstisch zum «Rapport» ausholte und dabei über die Arbeit fluchte, seien die Kinder in der Hochkunjunktur in andere Berufe geflüchtet. «Damals wurde nicht positiv berichtet, nur reklamiert. Das war ein Fehler der älteren Generation.»

Die Geschäftsführung und die damit verbundenen administrativen Aufgaben spielten heute eine grössere Rolle als früher, weiss Bernhard. Doch nie wollte er seine Frau Esther drängen, wie seine Mutter Büroarbeit zu übernehmen. Sie unterstützt ihn durch ihr Engagement und ihre Vernetzung im Dorf, präsidierte etwa den Theaterverein. «Einmal sagte mir jemand, unser Geschäft habe eine gute Aura. Dazu hat meine Frau einen grossen Teil beigetragen.» Allgemein trügen die KMU wesentlichen Anteil am sozialen Kitt in den Gemeinden.

Schon sein Vater und Grossvater spielten nicht nur im Gewerbe, sondern im Dorfleben eine wichtige Rolle – sei es in der Feuerwehr oder in Vereinen. Er selber war zudem lange im Musikverein. «Als Gewerbler spielt man eine gewisse Rolle. Da muss man mitmachen.» Auch in einem überparteilichen Dorfverein («Bewohner von Dietlikon»), den sein Grossvater gegründet hatte, war er lange sehr aktiv.

Aus Idealismus in Vereinen tätig

Nun blickt Bernhard auf eine lange Tätigkeit im Namen des Gewerbes zurück. Im Unterländer Malermeisterverband war er insgesamt 19 Jahre aktiv, davon zehn als Präsident. «Ich fühle mich nicht als Vereinsmeier. Aber ich empfinde es als nötig, dass man sich für gewerbliche Interessen einsetzt.» Und da, wo man zu Hause ist, sollte man mitverantwortlich fürs Gestalten der Gemeinschaft und des Zusammenlebens sein, ist er überzeugt.

Mit 55 Jahren trat er in den Vorstand von Gewerbe und Industrie Dietlikon (gid) ein. Nach neun Jahren im Vorstand kam die Frage auf, ob er zurücktreten sollte. «Aber moralisch kam es noch nicht infrage. Ich war praktisch der Einzige, der einen Nachfolger hatte bei diesen vielen Unternehmen. Und ich hatte Kapazität.» So hängte er noch fast zehn Jahre als Präsident des gid an, bis er nun Ende April definitiv zurücktrat. Einen intakten Gewerbeverein zu führen, klingt entspannter, als es war: «Ich bin sehr gut vernetzt im Dorf. Aber ich wünschte, es gäbe weitere sechs, sieben Firmen im Dorf, die auch so vernetzt sind und wo die Nachfolge auch geregelt ist.»

Vorstand breit aufgestellt

An ein Highlight erinnert er sich besonders gern: Gemeinsam mit dem Gewerbe Wangen-Brüttisellen organisierte er 2007 ein Dorffest «Die Sternstunden», das dritte in einer Reihe gleichnamiger Feste. Es sprengte alle Erwartungen: Gewerbe, Kultur und Kirchen spannten zusammen zu einem grossen Dorffest. Und das Gewerbe zog das ganze Dorf mit. Aktuell freue er sich auf «900 Jahre Dietlikon» am 23./24. August, auch wieder mit Beteiligung des Gewerbes, diesmal aber nicht mit Peter Bernhard.

Obwohl mit Peter Bernhard nun ein Urgestein des Dietliker Gewerbes zurücktritt, macht er sich keine Sorgen um die Zukunft des gid: «Meine Nachfolge wird nicht schwächer durch meinen Rücktritt. Sie wird eher breiter.» So wurde sein Nachfolger gewählt und neu ein Ressort Behördenkontakte geschaffen. Als Gewerbeverein sei man gleichsam bei Kontroversen «plötzlich an der Front, in der Schusslinie».

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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