Personalmangel als grösste Sorge

Die Zürcher Kantonalbank hat ihre neue Studie zu den KMU im Kanton Zürich veröffentlicht. Deren grösste Herausforderung ist der Personalmangel. Was können die Unternehmen dagegen tun?

Bild stock.adobe.com/Ingo Bartussek

Die zweite KMU ZH Insight Night der Zürcher Kantonalbank stand dieses Jahr im Zeichen des Fachkräftemangels.

Armin Diethelm

Drei von vier Personen, die im Kanton Zürich einer Erwerbsarbeit nachgehen, sind bei einem kleinen oder mittleren Unternehmen tätig. Umgekehrt sind 99,6 Prozent aller Unternehmen im Kanton KMU. Entsprechend wichtig ist die Befindlichkeit der KMU für die kantonale Volkswirtschaft.
Um ihnen den Puls zu fühlen, hat die ZHAW im Auftrag der Zürcher Kantonalbank eine breit angelegte Studie durchgeführt. Die Resultate des diesjährigen «KMU ZH Monitors» zeigen: Die Stimmung der Betriebe ist alles in allem gut. Hinsichtlich der «aktuellen Geschäftsentwicklung» sind die 364 befragten Firmen leicht zuversichtlicher als bei der ersten Studie im Vorjahr. Generell erwarten sie höhere Umsätze. Am optimistischsten sind KMU aus der Gastronomie und Hotellerie-Branche (91%) sowie der Industrie (65%) – beides Branchen, die den Betrieb während der Pandemie herunterfahren mussten und nun einen Nachholeffekt erwarten.
Egal ob Baufirma, IT-Unternehmen oder Spitex-Organisation: Den KMU fehlt es an qualifiziertem Personal. Die Schwierigkeit bei der Rekrutierung ausgebildeter Arbeitskräfte haben die Zürcher KMU quer durch alle Branchen als eine der grössten Herausforderungen genannt. Tatsächlich waren laut Bundesamt für Statistik Ende Mai landesweit so viele Stellen offen wie noch nie seit Beginn der Erhebung, nämlich mehr als 100 000. Die Auslastung der befragten Betriebe lag im Frühjahr 2022 im Schnitt zwischen 80 und 100 Prozent. Bei einigen lag sie aber tiefer, so etwa bei Restaurants und Hotels, wo die Auslastung in vier von fünf Fällen weniger als 80 Prozent betrug. Viele Betriebe, die während Corona heruntergefahren werden mussten, sahen sich nach der Aufhebung der Pandemie-Beschränkungen plötzlich mit Personalmangel konfrontiert. Rückblickend beurteilte weniger als die Hälfte der Unternehmen die Zahl der Beschäftigten im Jahr 2021 als passend. Gut 40 Prozent stuften den Mitarbeiterbestand sogar als eher knapp ein. Dies war vor allem in der Gastronomie und in der Bau- und Architekturbranche der Fall. Der Personalmangel machte dort wiederum vor allem den Unternehmen mit weniger als zehn Angestellten zu schaffen.

Planung schwierig

Lieferengpässe bei Rohstoffen und der Mangel an qualifiziertem Personal bereiten den kleinen und mittleren Unternehmen im Kanton Zürich nach wie vor Kopfzerbrechen. Einige wünschen sich mehr Berufseinsteigerinnen und -einsteiger: 14 Prozent erachten den «Mangel an auszubildenden Arbeitskräften» als ein Problem. Einzig die Handelsbranche scheint nicht unter Nachwuchsmangel zu leiden. Mit ihren Auszubildenden zeigen sich 62 Prozent der befragten KMU, die Lernende ausbilden, zufrieden und bezeichnen sie als «klar zuverlässig». Wie auch immer KMU den Personalmangel angehen wollen – junge Menschen gewinnen, Teilzeitpensen erhöhen oder ältere Angestellte länger einbinden: Etwa jedes dritte KMU gab an, sich damit auseinandersetzen zu wollen, wie Mitarbeitende «gehalten und weiterentwickelt» werden können. Auf ähnlich grosses Interesse stiess die Frage nach «geeigneten Arbeitsmodellen» für die jüngeren Generationen. Dieses Thema beschäftigt allen voran die sozialen Dienstleister etwa aus dem Gesundheitswesen oder der Kreativbranche.

«Der Fachkräftemangel ist längst ein ausgewiesener Personalmangel
geworden.»

Roger Liebi
Vizepräsident Bankrat
Zürcher Kantonalbank

Digitalisierung als Chance

Obwohl die Digitale Transformation nebst Chancen auch Risiken birgt, zeigen sich überraschend viele KMU im Kanton Zürich dem Thema gegenüber aufgeschlossen. Die grosse Mehrheit der Unternehmen, die sich als mit dem Thema vertraut bezeichnen (84%), sehen die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt als «klare Chance» für ihr Geschäft. Gleichzeitig gibt jedes dritte Unternehmen an, sich dem Thema «Schutz vor Cyber-Kriminalität» annehmen zu wollen.

Anhaltende Lieferengpässe

Sorgen bereiten vielen kleineren und mittleren Zürcher Unternehmen die anhaltenden Lieferengpässe von Roh- und Halbfabrikaten. Gut jedes dritte befragte KMU erachtete die Einschränkungen bei den globalen Lieferketten als grosse Herausforderung. Bei den Industrievertretern befürchteten neun von zehn Unternehmen Lieferengpässe, im Handel waren es zwei von drei Unternehmen, und in der Bau- und Architekturbranche äusserte jeder zweite Umfrageteilnehmende entsprechende Sorgen. Auch bei der Frage nach der gegenwärtigen Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren waren es vor allem die Branchen Industrie und Handel, die diese im Befragungszeitraum als schlecht bis sehr schlecht einschätzten (jeweils mehr als 25%). Andere Branchen, etwa die Gastronomie oder die Landwirtschaft, waren demgegenüber weniger unzufrieden.
Gewisse Lieferengpässe traten bereits während Corona auf, andere globale Lieferketten wurden mit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine beeinträchtigt. Aufgrund der jüngsten geopolitischen Entwicklungen waren die befragten KMU nochmals skeptischer, was die künftige Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren betraf. Mit Blick nach vorne schätzten 41 Prozent der Unternehmen den Zugang zu Rohstoffen und Halbfabrikaten als lediglich befriedigend ein, 14 Prozent als schlecht bis sehr schlecht – allen voran auch hier die Industrie- und Handelsunternehmen.

Umfrage ZKB

Viele Unternehmen erwarten auch weiterhin Lieferengpässe.

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