Nachbars Bäume und Sträucher

Immer wieder sind sie in der Praxis ein Thema: die Bäume, Sträucher und Hecken des Nachbarn. Sei es, weil sie zu hoch sind, nicht unter Schere gehalten werden oder zu nahe an der Grenze stehen. Nicht selten rücken diese Themen gerade bei einem Eigentümerwechsel in den Vordergrund.

Bild stock.adobe.com/Rainer Fuhrmann

Hecken und Sträucher sind oft Stein des Anstosses in Nachbarschaftskriege

Bäume und Sträucher als Streitpunkt zwischen Nachbarn sind in der Schweiz privatrechtlich geregelt. Die entsprechenden Bestimmungen finden sich im Einführungsgesetz des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB). Im Gegensatz zum ZGB, welches eidgenössisch ist, sind die Bestimmungen des EG ZGB kantonaler Natur. Daraus resultiert denn auch die Tatsache, dass ein Baum im Kanton Zürich nicht den gleichen Bestimmungen unterworfen ist wie ein Baum im Kanton Aargau. Nachstehend werden die Regeln bezüglich des Kantons Zürich näher erläutert. Diese Bestimmungen sind jedoch nur zwischen zwei Nachbarn anzuwenden. Die Abstände bezüglich Strassen, Gewässer oder dem Wald sind gesondert geregelt und regelmässig öffentlich-rechtlicher Natur.

Bäume und Sträucher

Hochstämmige Bäume (exklusive Obstbäume), also Waldbäume und grosse Zierbäume, wie beispielsweise Kastanienbäume oder Platanen dürfen nicht näher als 8m an die nachbarliche Grenze gepflanzt werden. Hochstämmige Obstbäume, also Feldobstbäume und kleinere, nicht unter der Schere zu haltende Zierbäume (etwa Apfelbaum oder Zwetschge), dürfen nicht näher als 4 m an die nachbarliche Grenze gepflanzt werden. Für Gartenbäume, kleinere Zierbäume, Zwergobstbäume und Sträucher (beispielsweise Forsythie) gilt ein Mindestgrenzabstand von 60 cm. Zudem müssen diese bis auf die Entfernung von 4 m von der nachbarlichen Grenze so unter der Schere gehalten werden, dass ihre Höhe nie mehr als das Doppelte ihrer Entfernung beträgt. Dies bedeutet, dass ein Strauch, welcher 160 cm von der Grenze entfernt ist 320 cm hoch sein darf. Ist der Strauch 80 cm hoch, muss aber trotzdem der geforderte Mindestabstand von 60 cm eingehalten werden.

Beseitigungsrecht

Eine Klage auf Beseitigung von Bäumen und Sträuchern, welche die Grenzabstände verletzen, steht jedem Nachbarn zu. Sie verjährt im Kanton Zürich nach Ablauf von fünf Jahren nach der Pflanzung. Somit kann eine Beseitigung nach Ablauf dieser Frist nicht mehr verlangt werden. Anstelle der Beseitigung kann aber jederzeit der Rückschnitt verlangt werden; dieser Anspruch unterliegt keiner Verjährung. Eine Grünhecke fällt nicht unter diese Bestimmung und deshalb kann deren Beseitigung auch nach Ablauf der fünf Jahre noch verlangt werden.

Verbindliche Vereinbarungen

Zwei Nachbarn können die geltenden Vorschriften über die Grenzabstände von Pflanzen mittels einer Vereinbarung ändern. Hierbei ist es möglich, die Abstände zu vergrössern, zu verkleinern oder wegzulassen. Es empfiehlt sich jedoch dringend, diese Vereinbarungen schriftlich festzuhalten, damit sie in einem allfälligen Streitfall beweisbar sind. Damit eine solche Vereinbarung auch für spätere Rechtsnachfolger des Grundstückeigentümers bindend ist, muss sie als Dienstbarkeitsvertrag mit entsprechendem Inhalt ins Grundbuch eingetragen werden.

Immissionschutz

Neben den obgenannten Bestimmungen, welche durch den jeweiligen Kanton erlassen werden, kann in Bezug auf Abstände von Pflanzen zwischen Nachbarn, auch der allgemeine Immissionsschutz des ZGB zur Anwendung genommen werden. Dieser besagt, dass jedermann verpflichtet ist, bei der Ausübung seines Eigentums sich aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten. Verboten sind alle schädlichen und nicht gerechtfertigten Einwirkungen wie zum Beispiel massiver Lärm oder Erschütterungen. Ein gewisses Mass an Lärm respektive Einwirkungen ist bei normaler Grundstücksnutzung unvermeidlich und muss hingenommen werden. Im Streitfall kommt bei der Beurteilung ob eine Immission übermässig ist, dem Gericht ein grosser Ermessenspielraum zu.

Kapprecht

Solange überragende Äste keine Schädigung verursachen, sind diese durch den Nachbarn zu dulden. Eine Schädigung liegt erst dann vor, falls sie eine erhebliche Beeinträchtigung in der Nutzung des Grundstückes bewirken. Um dies beurteilen zu können, wird ein objektiver Massstab verwendet – also von einem Durchschnittsmenschen ausgegangen. Um das Kapprecht wirklich ausüben zu dürfen, bedarf es einer vorgängigen, vorzugsweise schriftlichen Beschwerde, in welcher der Pflanzeneigentümer aufgefordert wird, innert einer Frist den störenden Zustand zu beseitigen. Die Ausübung des Kapprechts ist ferner anzudrohen, falls der Missstand bestehen bleibt. Die Frist hat angemessen zu sein. Es ist etwa auf die natürliche Vegetationszeit der betroffenen Pflanze Rücksicht zu nehmen. Aus Beweisgründen sollte die Beschwerde schriftlich und eingeschrieben erfolgen. Es sollte für den Pflanzeneigentümer klar ersichtlich sein, dass er bis zu diesem Zeitpunkt die schädigende Beeinträchtigung selbst beseitigen kann und dass nach diesem Zeitpunkt der beschwerte Nachbar sein Kapprecht auszuüben gedenkt.

Beseitigungsklage

Der geschädigte Nachbar kann sich auf dem ordentlichen Gerichtsweg aus dem Immissionsschutz heraus, mit der sog. Beseitigungsklage, gegen Überschreitungen des Eigentumsrechts zu Wehr setzen oder mittels Unterlassungsklage Schutz vor künftigen Überschreitungen verlangen. Darüber hinaus kann der Geschädigte Schadenersatz für bereits entstandene finanzielle Beeinträchtigungen geltend machen. Regelmässig lohnt es sich aber, erst das Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen.

Hans Egloff

Rechtsanwalt bei BEELEGAL Bösiger.Engel.Egloff. www.beelegal.ch

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