«Gesetzliche 4-Tage-Woche keine Lösung»

Trotz positivem Fazit verschiedener KMU, welche die 4-Tage-Woche getestet haben, ist es unwahrscheinlich, dass sich diese auf breiter Ebene durchsetzen wird. Für grössere Unternehmen ist sie derzeit kaum ein Thema.

Auch wenn die 4-Tage Woche in zahlreichen KMU auf positives Echo stossen mag, so bleibt doch unwahrscheinlich, dass sie sich breitflächig durchsetzen wird. Grosse Unternehmen wie die SBB, die Migros oder die Post wollen von einer Vier-Tage-Woche zurzeit nichts wissen, wie die Unternehmen auf Anfrage erklären. Vielmehr wird auf die bereits existierenden Arbeitsmodelle sowie die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit verwiesen.

Kein Thema für Mirgos

So schreibt etwa die Migros: «Die 4-Tage-Woche bei reduzierten Stunden und 100 Prozent Lohn ist aktuell kein Thema bei uns. Wir prüfen aber gegenwärtig die Machbarkeit der 4-Tage-Woche (Flexibilisierung der Arbeitsmodelle) in diversen Pilotbetrieben der Migros-Gruppe.» Auch für die SBB sei eine 4-Tage Woche kein Thema, wie Mediensprecher Martin Meier sagt: «Unsere Züge fahren an sieben Tagen pro Woche, deshalb ist bei uns eine 4-Tage-Woche nicht umsetzbar». Zugleich geht aber auch die SBB auf die veränderten Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden ein, fördert die Teilzeitarbeit und schreiben die meisten Stellen in einem 60- bis 100-Prozent-Pensum aus. Die Post wiederum betont, dass die meisten ihrer rund 47 000 Mitarbeitenden dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt sind, der durch die Sozialpartner ausgehandelt wird. Auch sie würden zwar laufend den Arbeitsmarkt beobachten und neue, innovative Arbeitsmodelle prüfen, aber: «Eine 4-Tage-Woche ist auch bei uns derzeit kein Thema».

«Unsere Züge fahren 7 Tage die Woche. Deshalb ist bei uns eine 4-Tage-Woche nicht umsetzbar.»

Martin Meier
Mediensprecher SBB

Arbeitgeberverband dagegen

Und, welche Haltung hat der Arbeitgeberverband zur 4-Tage-Woche? Dazu Stefan Heini vom Arbeitgeberverband: «Grundsätzlich steht es jeder Person offen, Teilzeit zu arbeiten, und es ist auch den Unternehmen freigestellt, freiwillig eine 4-Tage-Woche einzuführen.» Eine gesetzlich verordnete Erwerbsarbeitszeit von vier Tagen pro Woche (und 8 bis 8,5 Stunden pro Tag) bei vollem Lohnausgleich für alle hätte jedoch eine massive Lohnerhöhung für die Arbeitnehmenden zur Folge, ist der Arbeitgeberverband überzeugt. Diese höheren Lohnkosten würden einerseits viele Unternehmen stark unter Druck setzen, zugleich würden sie den bereits akuten Arbeitskräftemangel zusätzlich verschärfen. «Bereits heute haben viele Unternehmen Mühe, die benötigten Arbeitskräfte zu rekrutieren. Eine gesetzliche 4-Tage-Woche wie auch eine 35-Stundenwoche würde die Unternehmen zwingen, zusätzliches Personal einzustellen, was mit der aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt ein äusserst schwieriges Unterfangen wäre», so Heini. Die Gefahr, dass Aufträge nicht fristgerecht oder gar nicht ausgeführt werden könnten, wäre entsprechend gross. Für den Arbeitgeberverband ist es daher klar, dass es individuelle Absprachen rund um das Pensum und die Teilzeitarbeit braucht – aber eine gesetzliche 4-Tage-Woche sei hier nicht die Lösung.

Arbeitnehmende



Anders sehen das viele Schweizer Arbeitnehmende: Eine Umfrage des Schweizer Marktforschungsinstituts Somota zeigt, dass es rund zwei Drittel der Befragten für eine gute Idee halten, die Arbeitswoche gesetzlich auf vier Tage zu verkürzen, wie es verschiedentlich in Europa diskutiert wird. Dies passt ins Bild von Arbeitnehmenden, die zunehmend weniger arbeiten möchten. So Betrug ein Vollzeitpensum 1991 im Durchschnitt noch 43,2 Stunden, 2019 waren es noch gut 41 Stunden. Und bezieht man die vielen Teilzeitbeschäftigten ein, ging die wöchentliche Arbeitszeit von 35,3 Stunden im Jahr 1991 auf 31,7 Stunden im Jahr 2019 zurück. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten arbeitet heute Teilzeit. Dabei zeigt sich: Je weiter links die Befragten stehen, desto mehr wird die 4-Tage-Woche begrüsst. Unbeantwortet bleibt in der Studie allerdings die Frage, wer im Gegenzug zu einer Reduktion der Arbeitszeit bereit wäre, beim Lohn Abstriche hinzunehmen.

Anna Birkenmeier

Redaktion Zürcher Wirtschaft

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