Das Ende der Arbeit?

Ein Leben ganz ohne einen Job kann sich kaum jemand vorstellen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Arbeit unser Leben bestimmt, das ist klar. Wir definieren uns über unseren Beruf. Denn ohne Arbeit wird man schnell zum gesellschaftlichen Aussenseiter. «Geh mir aus der Sonne!», sagte zwar Diogenes, als Alexander der Grosse versprach, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Doch wer will schon den ganzen Tag ungestört an der Sonne rumliegen und sinnieren wie Diogenes? In den Träumen ja, im realen Leben nein. Für die meisten Menschen ist die Arbeit die Grundlage ihrer Existenz. Darüber hinaus gibt uns die Arbeit Wertschätzung, Bestätigung und das Gefühl, dazuzugehören.

Keynes’ falsche Theorie

Vor 100 Jahren äusserte sich mit John Maynard Keynes, einer der bedeutendsten Ökonomen über die wirtschaftlichen Möglichkeiten seiner Enkelkinder. Er kam zum Schluss, dass aufgrund des technischen Fortschritts und der damit verbundenen Produktionsgewinnen die heutige Arbeitsweltgeneration nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten müsste. Keynes lag mit seiner Einschätzung weit daneben, wie alle anderen Ökonomen, die seine These später ebenfalls aufnahmen. Denn weder die Automatisation ab der 80er Jahren und die später einsetzende Digitalisierung führten dazu, dass dem Menschen die Arbeit ausging. Zurzeit heisst es, dass die Künstliche Intelligenz die Arbeit dem Menschen Arbeit wegnehmen werde respektive ihn entlasten werde, je nach Betrachtungsweise.

Sündenfall Affoltern am Albis

Das Gegenteil ist aktuell auf dem Arbeitsmarkt zu sehen. Gross- und Kleinunternehmen beinahe aller Branchen suchen händeringend qualifizierte Mitarbeiter. Der Kampf um das beste Personal läuft in allen Branchen heiss wie zuletzt im 2001. Am einfachsten macht es sich dabei die Gemeinde Affoltern am Albis. Die Exekutive will, um Mitarbeiter zu binden und neues Personal anzuziehen, ab 2024 allen 350 Angestellten die Arbeitszeit von 42 auf 38 Wochen reduzieren, und das bei vollem Lohn. Wer nicht reduzieren will, bekommt selbstredend 9,5 Prozent mehr Lohn.

Handelte es sich um eine Firma am freien Markt, wäre das ein freier Unternehmerentscheid. Wenn aber eine Kommune mit Steuergeldern die Wirtschaft derart konkurrenziert, von der sie notabene ihre Finanzmittel bezieht, ist das ein Schlag ins Gesicht der KMU. Denn wegen der staatlichen Lohntreiberei können KMU in Zugzwang geraten. Eine gute Führungskraft würde zuerst Alternativen prüfen, ob beispielsweise ein vor der Pensionierung stehender Mitarbeiter noch weiterarbeiten würde. Eine kostenbewusste Führungskraft würde das Leistungsportfolio der Gemeinde überprüfen, was nicht als Kernaufgabe gilt, weglassen und den Kernauftrag effizienter gestalten, damit es weniger Personal braucht und die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Sprich: sich verhalten wie ein Unternehmer, der sein Geschäft optimiert, anstatt das Problem auf dem Buckel anderer zu lösen!

Thomas Hess

Geschäftsführer KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich KGV

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