Indien als Exportmarkt

Zu den Chancen und Risiken des Freihandelsabkommens (FHA) zwischen der Schweiz und Indien: Was KMU mit Exportplänen wissen müssen.

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Exportmarkt Indien: Chancen, aber auch Risiken warten auf KMU.

Thomas Joho ist Experte Trade & Export Finance bei der Zürcher Kantonalbank.

von Thomas Joho

Die Schweiz ist stark vom Aussenhandel abhängig. Im Jahr 2023 exportierte sie Waren im Wert von 274.1 Milliarden Schweizer Franken1, während die Importe bei 225.9 Milliarden1 lagen. Dies führte zu einem Handelsbilanzüberschuss von 48,2 Milliarden1. Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung des Aussenhandels für die Schweizer Wirtschaft. Die Exporte gehen hauptsächlich in zwei Märkte: die EU (50 %; Deutschland: 15,5 %2, Italien: 7,7 %2) und die USA (17.8 %2). Um die Abhängigkeit von diesen Märkten zu reduzieren, hat die Schweiz zahlreiche Freihandelsabkommen abgeschlossen. Eines davon ist das Abkommen mit Indien, das am 10. März 2024 unterzeichnet wurde. Es erleichtert Schweizer Unternehmen, besonders kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), den Zugang zum indischen Markt. Indien ist das bevölkerungsreichste Land der Welt und zeichnet sich durch eine wachsende Mittelschicht aus. Das Exportvolumen nach Indien von 1,8 Milliarden entspricht 2023 weniger als einem Prozent aller Schweizer Ausfuhren.

FHA mit Indien: Chancen für Schweizer Exporteure

Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indien bietet Schweizer Exporteuren zahlreiche Chancen. Für über 95 % der bisherigen Exporte von Industrieprodukten gelten Zollerleichterungen, teilweise mit Übergangsfristen. Nach Ablauf dieser Fristen können Schweizer Unternehmen jährlich bis zu 166 Millionen Franken an Zöllen sparen. Das macht Schweizer Produkte günstiger und erleichtert den Marktzugang. Auch Handelshemmnisse werden abgebaut, was administrative Prozesse vereinfacht und Kosten senkt. Das Abkommen schützt geistiges Eigentum und bietet rechtliche Sicherheit, was besonders für innovative Unternehmen wichtig ist. Die wachsende Mittelschicht in Indien hat eine steigende Nachfrage nach hochwertigen Produkten und Dienstleistungen. Besonders profitieren können Unternehmen aus den Bereichen Pharma, Elektronik und Technologie, Lebensmittel, Luxusgüter, Uhren sowie medizinische Geräte und Ausrüstungen.

Risiken und Auswirkungen auf Verpflichtungen

Der Eintritt in neue Märkte bringt nicht nur Chancen, sondern auch potenzielle Risiken. Schweizer Unternehmen, die vom Abkommen profitieren möchten, sollten sich unter anderem mit folgenden Herausforderungen vertraglicher Verpflichtungen auseinandersetzen (keine abschliessende Aufzählung):

• Rechtslage und Bürokratie: Trotz des Abkommens können komplexe bürokratische Verfahren und unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen in Indien Herausforderungen darstellen.
• Zahlungs- und Kreditrisiko: Ist die Bezahlung einer Lieferung aus der Schweiz gesichert, bzw. welche Punkte müssen hierzu gesondert betrachtet werden? Dieses Thema bedarf bei Lieferungen mit gewährten Zahlungsfristen einer besonderen Beachtung.
• Leistungsrisiko: Bei Importen in die Schweiz stellt sich die Frage, ob und wie die korrekte Lieferung/Leistungserbringung gemäss Vertrag abgesichert werden kann.
• Korruption: Korruption bleibt in bestimmten Bereichen ein Thema, das das Geschäftsumfeld beeinflussen kann.
• Unterschiedliche Geschäftspraktiken: Kulturelle Unterschiede und verschiedene Auffassungen von Geschäftsethik und -praktiken können zu Missverständnissen und Konflikten führen.

Der Abschluss des FHA mit Indien bietet Schweizer KMU erhebliche Chancen, birgt jedoch auch spezifische Risiken.

Thomas Joho, Experte Trade & Export Finance ZKB

Verzögerungen durch bürokratische Hürden oder unerwartete rechtliche Herausforderungen können Lieferzeiten und die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen beeinträchtigen und zu finanziellen Verlusten führen.

Strategischer Umgang mit Risiken

Ein umfassendes Risikomanagement und die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern können KMU helfen, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Banken bieten verschiedene Absicherungsinstrumente an, die KMU bei der Absicherung von Risiken im internationalen Geschäft unterstützen können. Diese Instrumente können dazu beitragen, finanzielle Risiken zu minimieren und die Liquidität zu sichern.

Fazit

Der Abschluss des Freihandelsabkommens mit Indien bietet Schweizer KMU erhebliche Chancen, birgt jedoch auch spezifische Risiken. Eine sorgfältige Planung, ein tiefgehendes Verständnis der potenziellen Risiken und die Entwicklung geeigneter Strategien zu deren Bewältigung sowie der gezielte Einsatz von Finanzierungsprodukten und die Unterstützung durch erfahrene Partner sind entscheidend, um auf dem indischen Markt erfolgreich zu sein und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

1 Quelle: www.bazg.admin.ch Aussenhandel der Schweiz, 1980 – 2023 (ohne Edelmetalle, Edel- und Schmucksteine, Kunstgegenstände und Antiquitäten)
2 Quelle: www.bazg.admin.ch Exporte der Schweiz nach Handelspartner, 2023 (ohne Edelmetalle, Edel- und Schmucksteine, Kunstgegenstände und Antiquitäten)

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