Wirtschaftsausblick 2024

Wie entwickeln sich die Märkte und was sind die Auswirkungen auf Zürcher KMU? Dr. David Marmet, Chefökonom Schweiz der Zürcher Kantonalbank, gibt einen Ausblick.

David Marmet

Seit dem Ende der Coronapandemie haben zwei Trends den Wirtschaftsgang der KMU geprägt. Erstens führte der grosse Nachholbedarf der Konsumenten zu einem markanten Wirtschaftsaufschwung. Der hohe Auftragsbestand liess sich nur mit zusätzlichen Stellen bewältigen, was wiederum zum Problem Nr. 1 für die KMU führte – dem Fachkräftemangel. Zweitens stieg die Inflation überraschend stark an. Die Zentralbanken mussten entschieden reagieren – und sie taten es auch. So erhöhte die Schweizerische Nationalbank (SNB) innerhalb eines Jahres ihren Leitzins um 250 Basispunkte, was unter anderem verschärfte Kreditkonditionen für KMU nach sich zog.

Fachkräftemangel

Wie geht es weiter? In diesem Jahr wird weder die Inflation noch der Fachkräftemangel die gleiche Intensität entfalten wie in der jüngeren Vergangenheit. Die internationale Konjunkturentwicklung stellt die Schweizer Unternehmen vor grosse Her-ausforderungen. Angesichts der stärksten Leitzinserhöhungen seit über 40 Jahren wird das globale Wirtschaftswachstum unterdurchschnittlich ausfallen. Die Eurozone und die USA werden in der ersten Jahreshälfte eine milde Rezession durchlaufen. Ab Mitte Jahr rechnen wir indes mit einer Erholung der globalen Konjunktur. Die Schweizer Warenexporte dürften vorerst noch harzen und das verarbeitende Gewerbe kann die rezessiven Tendenzen zunächst nicht abschütteln. Im Laufe des Jahres wird sich aber die Lage in der Industrie aufhellen. Der Dienstleistungssektor ist vom schwachen globalen Wachstum weit weniger betroffen, zumal die Zuwanderung in die Schweiz auch in diesem Jahr mit rund 90000 Personen überdurchschnittlich hoch sein wird und dies den privaten Konsum entsprechend stützt. Insgesamt wird das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) der Schweiz 2024 ansehnlich ausfallen, ist unsere Gesamtwirtschaft doch immer weniger vom Konjunkturgang abhängig. So steuern Sonderfaktoren wir sportliche Grossereignisse, Transit- und Goldhandel, aber natürlich auch der starke Pharmasektor einen ansehnlichen Teil zum BIP bei.

Trotz ansehnlichem BIP-Wachstum kommt das bisher dynamische Beschäftigungswachstum zu einem Ende. Wie Umfragen jüngeren Datums zeigen, planen immer weniger Unternehmen, ihren Personalbestand zu erhöhen. Aber auch eine Reduzierung der Belegschaft ist bei den wenigsten Firmen auf der Agenda. Die Arbeitslosenrate wird in diesem Jahr verhalten steigen, die Zahl der offenen Stellen wird zurückgehen und der Fachkräftemangel wird sich konjunkturbedingt leicht abschwächen. Verschwinden wird er aber nicht, da die geburtenstarken Jahrgänge (Babyboomer) auch in den nächsten Jahren in Rente gehen – und die erfahrenen Arbeitskräfte nicht friktionslos ersetzt werden können.

Zinshochebene erreicht

Von der Zinsfront kommen ebenfalls Entspannungssignale. Lag die Schweizer Inflation im Februar 2023 noch bei satten 3,4%, ist sie im Laufe des Jahres überraschend stark gefallen. Insbesondere die angebotsinduzierte Inflation – Stichwort Lieferengpässe – hat sich massiv abgeschwächt. Und die nachfrageinduzierte Inflation bleibt verhalten. Gemäss Unternehmensumfragen dürften die Löhne 2024 im Durchschnitt um 2% steigen. Das reicht nicht, um die Lohn-Preis-Spirale in Gang zu bringen. Die SNB hat diesen Entwicklungen an ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung von Mitte Dezember 2023 bekanntlich Rechnung getragen und den Leitzins unverändert bei 1,75% belassen. Indes hat die Notenbank ihre bedingte Inflationsprognose nach unten angepasst (Grafik). Für 2024 rechnet sie mit einer Inflationsrate von 1,9%. Zudem verharrt die Teuerung über den gesamten Prognosehorizont innerhalb des von der SNB angepeilten Ziels zwischen 0% und 2%. Dementsprechend sind Zinserhöhungen vom Tisch. Da die Schweizer Inflation aber aktuell in Gänze durch den Anstieg inländischer Güter- und Dienstleistungspreise getrieben ist, stehen auch keine unmittelbaren Zinssenkungen an, zumal der Leitzins in der Schweiz im Gegensatz zu anderen wichtigen Industrieländern nicht im restriktiven Bereich liegt. Hinzu kommt, dass merkliche Zinssenkungen die Verwundbarkeiten des Hypothekar- und Immobilienmarktes erhöhen dürften – ein Szenario, das dem SNB-Direktorium in der Vergangenheit Sorgen bereitet hatte. Wir erwarten die erste Zinssenkung daher im zweiten Halbjahr 2024. Dies wird nicht zuletzt notwendig sein, um zumindest den Aufwertungsdruck des Schweizer Frankens zu dämpfen.

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