Mängel an der Mietsache
Hat der Mieter in seiner Wohnung eine leicht vergilbte Wand oder einen defekten Backofen, so stellt sich oft die Frage, inwieweit der Mieter vom Vermieter in Bezug auf einzelne Wohnungsgegenstände Ersatzforderungen stellen kann und ob es möglich wäre, sogar weitergehende Ansprüche wie eine Mietzinsherabsetzung zu fordern.
16. Dezember 2024 Hans Egloff
Der Begriff Mangel Um überhaupt prüfen zu können, ob einem Mieter Ansprüche irgendwelcher Art zustehen, muss zuerst einmal ein Mangel vorliegen, denn der Vermieter ist gesetzlich verpflichtet, das Mietobjekt im vertraglich vereinbarten, einwandfreien Zustand zu übergeben und auch während der Dauer des Mietverhältnisses zu unterhalten. Ist dieser Zustand nicht mehr gegeben, so liegt ein Mangel vor – wobei die Beurteilung eines Mangels immer im konkreten Einzelfall zu erfolgen hat. Die Beeinträchtigung der Miet-sache wird objektiv beurteilt, d.h. aufgrund eines «normalen», durchschnittlichen Empfindens. Es wird zwischen leichten, mittleren und schweren Mängeln unterschieden.
Drei Kategorien
Hierbei unterscheiden sich, je nachdem in welche der drei obgenannten Kategorien ein Mangel einzuordnen ist, jedoch auch die Rechte der Mieterschaft einerseits sowie die Pflichten der Vermieterschaft andererseits. Ferner muss sichergestellt sein, dass der Mieter nicht selbst für den Mangel verantwortlich ist, indem er diesen vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat. Mängel, welche durch Drittpersonen verursacht worden sind, beispielsweise durch Mitbewohner, liegen ebenfalls im Verantwortungsbereich der Mieterschaft. Eine reine Altersentwertung des Gegenstandes, ohne Beeinträchtigung, bildet demzufolge auch keinen Mangel – so dürften sich beispielsweise aus einer leicht vergilbten Wand vom Mieter keine
Ansprüche ableiten lassen.
Kleine Mängel
Kleine Mängel liegen dann vor, wenn diese relativ einfach durch eine Reinigung oder Ausbesserung ohne grosse Kostenfolge und ohne Beizug einer Fachperson behoben werden können. Während des Mietverhältnisses obliegt die Behebung solcher Mängel der Mieterschaft, eine Ausnahme bildet hier einzig der Antritt der Mietsache. Die Mieterschaft muss den sogenannten kleinen Unterhalt auch dann übernehmen, wenn sie kein Verschulden am Mangel trifft. Auch die Altersentwertung spielt beim kleinen Unterhalt grundsätzlich keine Rolle. Als Beispiel sei hier etwa der Ersatz von Filtern beim Dampfabzug genannt.
Mittlere Mängel
Bei mittleren Mängel ist die Tauglichkeit zum Gebrauch der Mietsache vermindert, jedoch nicht so stark beeinträchtigt, dass Wohnen faktisch un-möglich ist. Der Mieter hat hier einen Beseitigungsanspruch und kann sogar eine Ersatzvornahme tätigen, sofern der Mangel dem Vermieter effektiv bekannt ist, dieser aber weiter untätig bleibt. Eine Ersatzvornahme muss sich auf das Minimum der Mängelbeseitigung beschränken und hat verhältnismässig zu sein. Von schweren und mittleren Mängeln betroffene Mieterschaften können nebst dem Anspruc auf Mietzinsreduktion auch Schadenersatz verlangen (etwa ein durch Wasserschaden zerstörtes Bett). Die geschädigte Mieterschaft trägt jedoch auch eine Schaden-minderungspflicht. Das bedeutet, dass sie alles Zumutbare zur Begrenzung des Schadens zu unternehmen hat.
Schwere Mängel
Bei einem schweren Mangel liegt eine derart gravierende Einschränkung vor, dass der Mie-terschaft das Verbleiben im Mietobjekt kaum oder gar nicht mehr zugemutet werden kann. Ein Beispiel hierzu sei etwa ein Brand in einer Wohnung, ausgelöst durch einen technischen Fehler oder ein schadhaftes Dach, welches dann in der Folge einen Wassereintritt in die ganze Wohnung nach sich zieht. Bei schweren Mängeln stehen der Mieterschaft neben dem Beseitigungsanspruch, der Reduktion oder Hinterlegung des Mietzinses sowie dem Schadenersatz zusätzlich ein Kündigungsrecht zu. Die betroffene Mieterschaft kann in diesem Fall fristlos kündigen. Das Recht zur fristlosen Kündigung bedeutet, dass die Mieterschaft an keine Kündigungsfristen und Kündigungszeitpunkte mehr gebunden ist. Sollte die Vermieterschaft die Zulässigkeit der fristlosen Kündigung in Abrede stellen, so muss diese Frage durch ein Gericht abschliessend geklärt werden. Sollte das Vorliegen eines schwerwiegenden Mangels tatsächlich vereint werden, so hat eine Mieterschaft diejenigen ausstehende Mietzinse nachzuzahlen, welche mangels Einhaltung der erforderlichen Fristen entstanden sind. Oftmals kann aber zwischen den Parteien eine ein-vernehmliche Lösung gefunden werden, da es bei derartig gravierenden Mängeln für die Vermieterschaft teilweise ebenfalls einfacher ist, eine Mängelbehebung des Objekts in einem unbewohnten Zustand vorzunehmen.
Mietzinsherabsetzung
Der Mieter kann vom Vermieter verlangen, dass er den Mietzins ab dem Zeitpunkt, an dem er vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels verhältnismässig reduziert. Der Mieter darf jedoch den Mietzins nicht von sich aus reduzieren, denn so riskiert er eine Abmahnung infolge unvollständiger Bezahlung des Mietzinses. Ihr Zweck besteht darin, einen Ausgleich für die verminderte Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts zu schaffen. Dabei ist der objektive Wert der mängelfreien Mietsache mit demjenigen der mangelhaften Mietsache zu vergleichen. Beseitigt der Vermieter den Mangel nicht innert angemessener Frist, so kann der Mieter dem Vermieter androhen, die künftig fällig werdenden Mietzinse bei der zuständigen Schlichtungsstelle zu hinterlegen. Mit dieser in formeller Hinsicht korrekten Hinterlegung gelten die Mietzinse als bezahlt. Nach der Hinterlegung eines Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde hat der Mieter innert 30 Tagen die Schlichtungsbehörde.
Hans Egloff
Rechtsanwalt bei BEELEGAL Bösiger.Engel.Egloff. www.beelegal.ch
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