Luftangriff auf Moos, Schmutz, Pilze und Algen
Drohnen sind für alles Mögliche einsetzbar. Ein ganz neues Einsatzgebiet hat aber Christian Aeschbach entdeckt. Seit 2023 bietet er mit seiner Swiss Drone Services AG in Niederglatt auch Gebäudereinigungen und -pflege an.
22. August 2024 Mark Gasser
Drohnenpilot Marco Pfister (links) und Christian Aeschbach, Gründer der Swiss Drone Services AG in Niederglatt.
Drohnenpilot Marco Pfister («in der Schweiz wohl der erste zu 100 Prozent angestellte Drohnenpilot») demonstriert eine Fensterreinigung.
Langsam, wie eine Moosschicht auf dem Dach, gedieh Christian Aeschbachs Idee, seine Erfahrung mit Gebäudehüllen auf ganz neuem Weg einzusetzen. Doch irgendwann war für ihn klar: Er wollte mit Drohnen Gebäude reinigen oder deren Aussenhülle behandeln. Auslöserin für die Gründung eines Startups war weniger Aeschbachs Begeisterung für Drohnen als vielmehr der Ehrgeiz, nach 30 Jahren in der Branche mal was Neues auszuprobieren. Sein Mitarbeiter Yanick Zimmermann beteiligte sich am Malergeschäft Aeschbach und Co. AG und übernahm dessen operative Leitung, so bleibt Aeschbach mehr Zeit für sein 2022 gegründetes KMU Swiss Drone Services AG. Das sechsköpfige Team wird neu durch eine zweite, frisch mit allen Ausweisen ausgestattete Drohnenpilotin, die auch in Aeschbachs Malergeschäft angestellt ist, komplettiert.
«Irgendwann kam ich auf die Idee, dass wir das mit der Drohne machen könnten – statt mit Leitern, Hebebühne oder Gerüst», blickt Aeschbach, der heute als CEO auch für den Auslandverkauf zuständig ist, zurück. Alles andere ist Geschichte – die Geschichte vieler Stunden für die Planung und Entwicklung von Prototypen, Material- und Einsatztests. Ob es technisch überhaupt machbar wäre, wusste Aeschbach damals noch nicht – die Idee, Drohnen für die Gebäude- und Fensterreinigung einzusetzen, war neu. Zum Gründungsteam gehört auch Marco Bortolan, der als Techniker an neuen Komponenten, vor allem an der patentierten Unterkonstruktion der Drohnen mit dem Verbindungsstück zum Strahlrohr, tüfteln sollte.
Irgendwann kam ich auf die Idee, dass wir das mit der Drohne machen könnten – statt mit Leiter, Hebebühne oder Gerüst.
Christian Aeschbach, CEO Swiss Drone Services AG
Als der Unterbau als wichtiges Element für die Gebäudereinigung entwickelt war, kamen die wirklichen Herausforderungen: Zuverlässigkeit und Beständigkeit, Stabilität des Materials etwa in Kombination mit den jeweils verwendeten Reinigungsmitteln sind Dinge, die nun mit den ersten ausländischen Kunden quasi in Ernsteinsätzen getestet und optimiert werden müssen. «Der Prototyp war noch starr – der neue ist schon fast gummig, um Vibrationen aufzufangen», erklärt Aeschbach. Auch das Verbindungsstück zur Drohne ist mit Gummipuffern gelagert, um Vibrationen abzuschwächen.
Viel Lehrgeld gezahlt
Fräsen, lasern, 3D-drucken: Mit der Hardware im Haus wird ständig an neuen Teilen oder Verbesserungen bestehender Ideen gewerkelt. Im selben Gebäude ist auch die Vollmar Reklame AG ansässig, bei welcher Christian Aeschbach beteiligt ist – so können Synergien genutzt werden.
Die Testphase zeigte aber immer wieder Grenzen auf. So gab es Risse in der Drohne, zu viel Spannung auf dem System, eine zu starke Vibrationsübertragung. «Zeitweise arbeiteten wir sieben Tage in der Woche für 14, 15 Stunden. Irgendwann nach Tausenden Stunden spuckte der Drucker die richtige Konstruktion aus.» Auch die Hochdruckpumpe und die Düse, die auf bis zu 35 Meter verwendet wird und über einen langen Schlauch gespeist wird, mussten komplett umgebaut werden und sind nicht im Handel erhältlich. Findet der Einsatz auf über 35 Metern Höhe statt, muss das Schlauchgewicht mit einer zusätzlichen Aufhängung über ein Seil entlastet werden. Das ist in der Schweiz äusserst selten. «99,9 Prozent der Gebäude in der Schweiz sind weniger hoch.» Höhere Gebäude seien in der Regel ohnehin mit Fassadenliften ausgestattet.
Christian Aeschbach zeigt den Prototypen für den Unterbau der Drohne, Herzstück des Waschsystems.
Das Herzstück des Reiningungspakets ist verbaut in einem Modulsystem, verpackt in einen VW-Minibus. Dieser bietet dank drei ausgeklügelten, kombinierbaren Modulen Platz für einen Akku-Ladekoffer, drei 105-Liter-Tanks für Reinigungskonzentrate, eine Mischpumpenanlage, eine Touchscreen-Steuerungsanlage, einen Stromgenerator mit 400 Volt, eine Hochdruckpumpe mit maximal 180 bar Druck (13 Liter/Minute), ein Befestigungssystem für Hochdrucklanzen, diverse Düsentypen und ein Schlauchsystem sowie einen Tower für die Aufbereitung für Osmose-Reinigungswasser. Der Drohnenpilot kann die verschiedenen Tanks und Module autonom und per Fernsteuerung bedienen.
Reinigungsmittel als Faktor
Viel Zeit wird aktuell aber für die Weiterentwicklung des Waschmoduls aufgewendet.Aeschbach erwähnt einen grossen Kunden in Deutschland, der für einen schweren Rückschlag sorgte. «Bei der Anlage in Deutschland geht alles kaputt – die Teile zersetzen sich aufgrund des Reinigungsmittels.» Der Brom-Anteil sei so hoch, dass gewisse Bauteile nicht resistent dagegen sind. Nun werde intern an neuen Teilen gearbeitet, welche der ätzenden Wirkung standhalten. «Wir werden dem Kunden die Teile ersetzen müssen», sagt Aeschbach. In der Werkstatt zeugen die in die aggressive Flüssigkeit eingelegten Teile, die sehr unterschiedlich reagieren, von den Proben. «In der Schweiz wäre das Mittel vom Giftgrad her gar nicht zulässig», so Aeschbach. Der biotechnische Reiniger (Biozide sind in der Schweiz auf horizontalen Flächen teilweise verboten), mit dem etwa Fassaden, Dächer oder Solarzellen behandelt werden, wird aus Enzymen produziert, einfach gesagt: aus Bio- und Küchenabfällen. Sie enthalten spezielle Mikroorganismen, die organische Verunreinigungen abbauen. «Nach fünf, sechs Monaten ist das Dach sauber», so Aeschbach. Wind und Wetter tragen das Ihre dazu bei, die Verunreinigungen abzutragen. Einzig bei stark verdreckten Oberflächen muss zuerst mit der Bürste vorgereinigt werden. Und bei Fenstern? Bleiben da nicht Tropfen sichtbar nach der Besprühung unter Hochdruck? «Es ist verrückt, jeder stellt die gleiche Frage», sagt Aeschbach. «Es funktioniert. Aber ich darf nicht zu viel verraten.» Das für Dronewashing entwickelte System sei nun durch einen gewissen Patentschutz zwar geschützt, aber Kopien seien wohl unvermeidbar. Oft hätten sie Anfragen für Offerten mit technischen Daten von Copy-Paste-Spezialisten, die sich als deutsche Firmen ausgäben, während dahinter chinesische Firmen steckten, wie er vermutet. Meistens ist aber meist nur entmineralisiertes Wasser, das bis auf 70 Grad erhitzt wird, im Spiel. Der Enzym-Cleaner wirkt zusätzlich gegen Algen, Pilze, Flechten und Moosbelag.
Glasreinigungen an 1. Stelle
Heute konzentriert sich die Swiss Drone Services AG vor allem auf die Oberflächenreinigung, die Oberflächenbehandlung (auch von Dächern und Solarmodulen) gegen Algen, Moos und Pilze sowie die Oberflächenprüfung von Gebäudebauteilen und Infrastrukturen im Aussenbereich. «Es zeigt sich nun am Markt nach einem Jahr, dass gar nicht nach dem gefragt wird, wofür wir die Drohnen ursprünglich vorgesehen haben», lacht Aeschbach. Die Hitliste: Glasreinigungen, gefolgt von Solarmodulreinigungen sowie Metallfassaden im Industriebereich, erst dann kommen die Oberflächenbehandlungen von Gebäudehüllen und Dachflächen. «Spannend ist: In der Schweiz sind Dachflächen überhaupt nicht gefragt. Für Interessenten aus dem Ausland, gerade in den Beneluxstaaten, sind die Dachflächen wichtiger als die Fassaden – diese sind das Aushängeschild.» Ursprünglich wurden zur Auslastung auch Media Services, Ortungen (von vermissten Menschen oder Tieren), und Überwachungsdienstleistungen angeboten – doch vieles decken Private und KMU, sogar die Polizei oder die Feuerwehr, bereits selber mit handelsüblichen Drohnen ab.
Trotz vieler Anfragen seit dem Markteintritt im Juli 2023 sind viele potenzielle Kunden noch auf der Warteliste. «Bevor wir grössere Mengen freigeben können, ist die Langzeiterfahrung wichtig», so die klare Linie Aeschbachs. Bewusst wurden daher erst 20 Kunden mit dem System beliefert. Materialermüdungen, «die wir nie erwartet hatten», würden nun laufend korrigiert. So arbeitet sein Team mit Kunden zusammen, die bereit sind, auch per Videochat Materialien mit Technikern vor Ort auszutauschen und Reparaturen vorzunehmen, um nicht jedes Mal um die Welt reisen zu müssen. Der Grund fürs grosse Interesse ist klar: Wenn das System pannenfrei funktioniert, liegt der Effizienzgewinn gegenüber der manuellen Arbeit beim Faktor 4 bis 12.
Mark Gasser
Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft
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