KMU-Date: Fernsehen in der Schlosserei
Das neue TV-Format «KMU-Date», unterstützt vom KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich, bringt das Handwerk auf innovative Weise direkt ins Fernsehen und online. Den Start zur ersten Staffel machte die Schlosserei O. Hadorn in Winterthur.
21. Dezember 2023 Gerold Brütsch-Prévôt
Das aufwendig eingerichtete Studio in der Schlosserei Hadorn in Winterthur.
Unternehmer Tobias Hadorn im Gespräch mit Moderatorin Regula Späni.
Ein wenig nervös sei er schon, sagt Tobias Hadorn, Geschäftsführer der Schlosserei O. Hadorn in Winterthur. Er wird gleich als Hauptgast an der Podiumsdiskussion teilnehmen, die im Rahmen des neuen TV-Formats «KMU-Date» aufgenommen wird. Dafür hat er zusammen mit seinem Team die riesige Produktionshalle seiner Firma umgestellt und so Platz geschaffen für ein mobiles Fernsehstudio und die über 100 Zuschauer und Zuschauerinnen, die für die Aufzeichnung angereist sind. «Es ist wichtig, dass wir alle Kanäle nutzen, um die handwerklichen Berufe zu zeigen», sagt er. Darum habe er auch ohne zu zögern sofort zugesagt, als ihn Karin Leuch, die Initiantin des neuen TV-Formats, angefragt habe.
KMU machen Fernsehen
«KMU-Date» ist eine öffentliche Podiumsdiskussion, moderiert von Regula Späni, die vor allem bei der älteren Generation als Moderatorin von Sportsendungen noch in guter Erinnerung ist. KMU machen Fernsehen heisst: Die Sendung wird in den Firmen produziert. Hier wird das mobile Studio aufgebaut und die Zuschauer und Zuschauerinnen sitzen mittendrin in Produktionshallen zwischen Bauelementen, Maschinen und Regalen. Zum jeweiligen Talk werden jeweils Experten und Expertinnen zu einem gewerberelevanten Thema eingeladen. Für die fünfteilige Sendestaffel sind Themen geplant wie neue Arbeitsmodelle, die Vorteile einer handwerklichen Lehre, Nachhaltigkeit, die optimale Suche nach Lernenden und deren Bedürfnisse, Gesundheit oder Sicherheit von Mitarbeitenden. Die Sendung wird jeweils am darauffolgenden Wochenende bei Tele Top, Schaffhauser Fernsehen, TV Oberwallis und Radio Munot ausgestrahlt.
Klatschen muss geübt sein
Doch nun von Anfang an. Regula Späni fordert das Publikum auf, für eine angeregte Stimmung zu sorgen, also bei der Ankündigung der Gäste laut zu klatschen und auch ab und zu für eine besonders originelle Aussage spontan zu applaudieren. Für die Anmoderation stellt sich Späni ins Publikum, das, wie vorher eingeübt, laut und begeistert klatscht – und nach nur zwei Versuchen ist die Aufnahme bereits im Kasten.
«Es ist wichtig, alle Kanäle zu nutzen, um die handwerklichen Berufe zu zeigen.»
Thomas Hadorn, Geschäftsführer Schlosserei O. Hadorn, Winterthur
In der Zwischenzeit haben sich die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion auf den zugewiesenen Plätzen hinter der Kamera aufgestellt. Regula Späni präsentiert sie unter dem Applaus der Zuschauer. Neben dem Gastgeber Tobias Hadorn stehen Kathrin Huber, HR-Expertin und Inhaberin der Firma Humanka Personal Management, und Thomas Czeschner, Präsident Metaltec der Region Zürich und Schaffhausen, hinter den improvisierten Stehpulten. Kurz nach dem Start wird dem Publikum noch einmal bewusst, dass sie Teil einer Fernsehaufzeichnung sind. Weil ein Mikrofon rumpelt und ausgewechselt werden muss, müssen die Einstiegsvoten der Gäste wiederholt werden. Das sei ganz normal, versichert Regula Späni, auch beim grossen Schweizer Fernsehen gehe es so zu und her. Es müsse schliesslich perfekt sein.
Handwerk unattraktiv
Der Beruf des Metallbauers liegt in der Hitparade der Jugendlichen nicht an erster Stelle, wenn es um die Berufswahl geht, das stellt auch Tobias Hadorn tagtäglich in der Praxis fest. «Die Qualität der Bewerbungen ist vor allem ein Problem», antwortet er auf die Frage, wie gross der Fachkräftemangel oder der Personalmangel insgesamt in der Metallbranche sei. Gute Berufsleute und auch Lehrlinge seien heute praktisch nicht mehr auf dem Markt. Der Grund dafür sehe er in der Akademisierung der Gesellschaft. Die Eltern seien dafür wichtige Beeinflusser, sie sähen ihre Kinder lieber im Gymnasium.
«Und das ist nicht nur in dieser Region so; es handelt sich um ein gesamtschweizerisches Problem», bestätigt Thomas Czeschner. Es sei eine Abwärtsspirale – wo nicht ausgebildet werde, finde man auch keine Fachkräfte. Er sieht den Grund ebenfalls darin, dass die Jugendlichen die Handwerkerlehre nicht mehr attraktiv fänden.
Der Kern der Ursache wird also bereits in den ersten Minuten der Diskussion auf den Punkt gebracht. Handwerk ist für Jugendliche unattraktiv. Schmutzige Hände, schwere körperliche Arbeit, oft Wind und Wetter ausgesetzt, der raue Umgangston auf den Baustellen. Und jetzt?
Firmen besser positionieren
Der Verband macht verstärkt Werbung fürs Handwerk als Fundament und Ausgangslage für viele Weiterbildungsmöglichkeiten im Rahmen der Karriereplanung. Das duale Bildungssystem mit Berufsmittel- oder Fachhochschule sei dafür die ideale Plattform. Und weil die Eltern wichtige Beeinflusser sind, werden die Werbemassnahmen auch auf diese fokussiert.
«Wir bieten neue Arbeitsmodelle an, beispielsweise 80-Prozent-Pensen. Früher ein No-Go, heute machen wir es möglich.»
Thomas Hadorn, Geschäftsführer Schlosserei O. Hadorn, Winterthur
«Doch was ist matchentscheidend, wie macht man das Handwerk attraktiver?», fragt Regula Spörri in die Runde. «Employer Branding wird immer wichtiger», antwortet Kathrin Huber. Das Unternehmen müsse als positiver, attraktiver Arbeitgeber positioniert werden und so im Markt wahrgenommen werden. Aber noch wichtiger sei, dass die Unternehmensleitung dafür sorge, dass die Mitarbeitenden stolz seien, in ihrer Firma zu arbeiten und entsprechend nach aussen auftreten. Tobias Hadorn nickt: «Das ist der Weg, den wir in unserem Unternehmen gerade einschlagen. Wir bieten neue Arbeitsmodelle an, etwa 80-Prozent-Pensen. Früher ein No-Go, heute machen wir es möglich.»
Nach Abschluss der Sendung wird noch der Trailer für die verschiedenen Sender aufgenommen. Das beansprucht noch einmal die volle Konzentration der Moderatorin Regula Späni – jeder Stolperer führt gnadenlos zur x-fachen Wiederholung. Spannend für die Zuschauer zu erleben, dass auch die Aufzeichnung einer Sendung hartes Handwerk sein kann – vor und hinter der Kamera.
Gerold Brütsch-Prévôt
Redaktioneller Mitarbeiter Zürcher Wirtschaft
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