Gold für Zürcher Gipser Michael Ryter

Die Goldmedaille von Michael Ryter ist auch eine Auszeichnung für die Lehrlingsausbildung in der Schweiz. Die WorldSkills in Lyon haben aufgezeigt, dass sie im internationalen Vergleich an der Spitze liegt.

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Gipser-Trockenbauer Michael Ryter: Es ist vollbracht.

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Die drei Teilnehmer aus dem Kanton Zürich an den WorldSkills.

«A Star is born», könnte man titeln, ohne dass es eine Übertreibung wäre. Michael Ryter, Gipser-Trockenbauer bei der Firma Franz Reinhardt AG in Grüt bei Gossau und Uster, reiste nach Lyon an die WorldSkills, um Gold zu holen. Und er hat dem Druck der hohen Erwartungen, auch an sich selbst, standgehalten und die angekündigte Medaille gewonnen. Gute Nachrichten auch für eine Branche, die gebeutelt wird durch Fachkräftemangel und mit ungutem Gefühl in die Zukunft blickt, weil viele Lehrstellen nicht besetzt werden können. Durch diese Goldmedaille kommt der Beruf ins Gespräch und damit bietet sich auch die Möglichkeit, das Tätigkeitsgebiet der Gipser-Trockenbauer aufzuzeigen. Sie sind wahre Alleskönner: Sie konstruieren Wände, Decken und Verkleidungen, isolieren Häuser gegen Kälte und kreieren Stuckaturen. Möglicherweise motiviert dieser Erfolg in Lyon einige Jugendliche, diesen Beruf ins Auge zu fassen und auf einer Baustelle zu schnuppern, um den Beruf kennenzulernen.

Stolz auf Schweizer Handwerk

«Ich bin stolz darauf und freue mich», antwortet Michael Ryter ganz bescheiden auf die Frage, wie man sich als Weltmeister fühle. Vor allem stolz sei er darauf, seinen Beruf als Vertreter der Schweiz weltweit zu präsentieren. Und natürlich auch darauf, dass er nach vier harten Arbeitstagen die gestellte Aufgabe in den Augen der Experten optimal erfüllt hat. «Ich werde mein Bestes geben, mehr geht nicht», hatte er vor der Weltmeisterschaft noch gesagt – und das Beste hat souverän für Gold gereicht.

Und er befand sich in guter Gesellschaft: Das Schweizer Team hat sich gleich sieben Mal Gold geholt und schaffte es so zur besten Nation Europas im Medaillen-Ranking und unter die drei besten Länder auf der Welt. Im internationalen Vergleich ist das duale Ausbildungssystem ein Erfolgsmodell. Die Kombination von Theorie und Praxis verschafft den in der Schweiz ausgebildeten Berufsleuten einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Vier Tage an der Arbeit

Wie muss man sich so einen Berufswettkampf vorstellen? «Zwei Tage vor dem Wettkampf bekamen wir drei Stunden Zeit, um den Plan der Aufgabe anzuschauen, eine davon zusammen mit meinem Experten. In den anderen zwei Stunden machte ich die Materialzusammenstellung, in der ich angab, wie viel ich wovon benötigte. Und dazu erstellte ich noch einen genauen Arbeitsablauf», erklärt Ryter.

Im Wettkampf geht es darum, innert vier Tagen einen Auftrag in einem vorgegebenen Zeitrahmen zu erfüllen, der das gesamte Spektrum des Gipserberufs abdeckt. Dazu gehören etwa das Errichten von freistehenden Leichtbauwänden, das Einhängen von Decken und anschliessend das Verputzen des ganzen Objekts in verschiedenen Qualitätsstufen.

Im Speed-Modul, in dem es auf das präzise Arbeiten unter Druck ankommt, werden Stuckaturen versetzt. Zum Abschluss haben die Teilnehmenden im Freestyle-Modul die Möglichkeit, ihre ganze Kreativität auszuleben. Michael Ryter wählte dafür das Wahrzeichen von Paris, den Eiffelturm, eingerahmt in die Nationalfarben Frankreichs. «Im Schlussspurt wurde ich etwas nervös», erzählt er. «Nicht wegen der Arbeit selbst, sondern weil ich dachte: Wenn ich jetzt noch etwas verbocke, nachdem alles so gut lief …»

Zweifel mental überwinden

Besonders nervös war Michael Ryter vor dem Wettkampf nicht – wie seinerzeit auch an den Schweizer Meisterschaften nicht, an denen er sich für Lyon qualifizierte. «Am Anfang vielleicht, bis man sich etwas an die Atmosphäre und an die Arbeit in einer grossen Halle gewöhnt hat. Nachher muss man konzentriert arbeiten und vor allem gut planen, damit der knappe Zeitplan eingehalten werden kann», sagt er. Entscheidend sei, Zweifel zu überwinden. «Man darf sich nie fragen: Schaffe ich das überhaupt oder wird das mir alles zu viel?», ist Ryter überzeugt. Stattdessen müsse man sich ganz auf die Arbeit und den vorher geplanten Ablauf fokussieren. Als Unterstützung wurde jeder Schweizer Teilnehmer von seinem persönlichen Mental-Coach vorbereitet.

Handwerk als Leidenschaft

Das Handwerk im wortwörtlichen Sinn, also das Arbeiten mit den Händen, ist eine Leidenschaft von Michael Ryter. «Das habe ich von zu Hause mitbekommen. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, da gab es immer viel zu tun und Mitarbeiten war selbstverständlich», lacht er. Und seinen Eltern sei es wichtig gewesen, dass er eine Berufslehre absolviere. Nach einer Schnupperlehre war für ihn klar, dass er den Beruf des Gipser-Trockenbauers erlernen wollte.

Und ein Blick in die Zukunft, jetzt als Weltmeister? Es ändere sich nicht viel, er habe Spass in seinem Job und wolle sich darin auch noch weiterbilden. Wichtig sei ihm auch eine Anstellung mit geregelten Arbeitszeiten. Denn um 17 Uhr ist noch lange nicht Schluss – dann packt er auch noch auf dem elterlichen Bauernhof an.

Gerold Brütsch-Prévôt

Redaktioneller Mitarbeiter Zürcher Wirtschaft

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