«Es fehlt an Flexibilität»

Flexibilität und innovative Massnahmen sind gefragt, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Denn: «Der aktuelle Fachkräftemangel ist erst der Anfang», sagt Daniele Bardaro, Talent Acquisition Expert bei Nexaria.

Daniele Bardaro Talent Acquisition Expert bei Nexaria

Herr Bardaro, welche Gründe stecken hinter dem derzeitigen Fachkräftemangel?

Daniele Bardaro: Dafür gibt es verschiedene Ursachen: Einerseits wurden in der Pandemie viele Mitarbeitende etwa in der Gastronomie- oder Tourismusbranche entlassen. Diese haben sich in der Folge umorientiert und fehlen nun. Andererseits erlebe ich viele Unternehmen, die darauf fokussiert sind, den perfekten «Deckel zum Topf» zu finden. Es fehlt teilweise an Flexibilität für allfällige Entwicklungsmassnahmen von neuen Mitarbeitenden. Oft laufen auch die Rekrutierungsprozesse nicht optimal und ich erlebe immer wieder Bewerber, die entnervt aufgeben. Und last but not least haben wir eine florierende Wirtschaft mit einer tiefen Arbeitslosenquote.

KMU nennen als eine ihrer grössten Herausforderungen den Personalmangel. Was können sie tun, um ihre Attraktivität zu steigern?

Bardaro: Das beginnt bereits beim Bewerbungsprozess: dieser sollte möglichst einfach und auf Augenhöhe erfolgen. Die Erfahrung zeigt, dass monetäre Reize nicht nachhaltig sind und vielmehr ein wertschätzender Umgang, interessante, sinnstiftende Aufgaben und spannende Perspektiven gefragt sind. Ein wichtiger Fakor ist zudem der Vorgesetzte – er muss wissen, wie man Mitarbeitende führt. Denn: Ein Mitarbeiter verlässt in der Regel nicht die Firma, sondern den Chef.

Der Blick in die Zukunft sieht wenig rosig aus; schliesslich gehen die Arbeitnehmenden der Generation Babyboomer in den nächsten Jahren in Pension. Was sind Ihre Prognosen?

Bardaro: Die Babyboomer werden eine grosse Lücke auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Insbesondere wenn der Geburtenstärkste Jahrgang 1964 in Pension geht, werden wir vor grossen Herausforderungen stehen. Eine Möglichkeit ist, dass man für diese Generation Anreize und flexible Arbeitsmodelle schafft, damit sie länger im Beruf bleiben.

Die Rekrutierung von Fachpersonal im Ausland ist längst Realität und wird etwa im Gesundheitswesen intensiv vorangetrieben. Ist das eine mögliche Lösung?

Bardaro: Sagen wir so: Personal aus dem Ausland zu rekrutieren ist eine mögliche Chance, bringt aber auch zahlreiche Herausforderungen mit sich – etwa kulturelle Unterschiede hinsichtlich der Arbeitshaltung, realitätsferne Vorstellungen von der Schweiz oder Heimweh. Es braucht deshalb eine gute Vorbereitung, damit ausländisches Personal auch langfristig an das Unternehmen gebunden werden kann.

Anna Birkenmeier

Redaktion Zürcher Wirtschaft

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