Bürokratie erreicht auch Kompost
Die IG Freiheit hat den «Rostigen Paragraphen» 2024 für das unnötigste Gesetz an die Zürcher Stadtregierung vergeben. Diese hat jüngst eine amtliche Kompost-Kontrolle eingeführt – inklusive Polizisten.
24. Juni 2024 Zürcher Wirtschaft
Zum 18. Mal vergab die IG Freiheit am 21. Mai den «Rostigen Paragraphen» für das überflüssigste Gesetz oder den unnötigsten Vorstoss des Jahres. 2024 geht dieser Preis an die Zürcher Stadtregierung, die jüngst eine amtliche Kompost-Kontrolle eingeführt hat. Die Zürcher «Kompost-Polizei» erhielt im Online-Voting mit grossem Abstand am meisten Stimmen (43%). Daher geht die diesjährige Trophäe an Stadträtin Simone Brander. Als Chefin von Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ) ist sie für die Umsetzung der revidierten Verordnung für die Abfallbewirtschaftung zuständig. Diese sieht eine flächendeckende Containerpflicht für Bioabfall vor.
Wer selbst kompostiert, muss dies den Behörden gegenüber mit einem Formular nachweisen, um sich von der Container- und Gebührenpflicht befreien zu können. Die Existenz der Komposthaufen in den privaten Gärten wird von städtischen Angestellten kontrolliert.
Langstrassensperrung
Der zweite und dritte Platz gehen an zwei Nominationen aus dem Verkehrsbereich. 20% votierten für die Sperrung der kurzen Teilstrecke auf der Zürcher Langstrasse, die allein im ersten Monat zu über 17 000 Bussen geführt hat (Stadträtin Karin Rykart). 19.% stimmten für National-rat Michael Töngi, der die Verkehrsmeldungen auf Radio SRF abschaffen möchte. Dies sei kein «Service public». Überdies erhielten die Zuhörer aufgrund der regelmässigen Staumeldungen den Eindruck, ein Autobahnausbau sei nötig. Dies sei aber mitnichten so.
Umstritten war auch der Entscheid der Konsultativkommission für sexistische Werbekampagnen im Kanton Waadt. Diese befand eine Werbekampagne für den neuen Toyota Prius als sexistisch, da ein junges Model neben einem Auto stand. Die Frau und das Auto hätten nichts miteinander zu tun – daher sei der Toleranzbereich überschritten. 10% der Votanten gaben ihre Stimme an Florence Burdet Kamerzin, die diese Kommission präsidiert.
Ist Name «Bimbo» unsittlich?
Am wenigsten Stimmen erreichte ein Fall rund um das Institut für Geistiges Eigentum. Dieses verwehrte den Eintrag der Marke «Bimbo», den der mexikanische Lebensmittelkonzern Grupo Bimbo beantragte. Der Name sei unsittlich, da er Menschen mit dunkler Hautfarbe abwerte. Die Grupo Bimbo wiederum sagt, ihr Name sei eine Kombination von «Bambi» und «Bingo».
In der Schweiz gibt es mehrere Firmen, die das Wort «Bimbo» im Namen haben – so beispielsweise die Traditionsfirma «Bimbosan», die Kindernahrung herstellt. Das Unternehmen verweist darauf, dass ihr Name auf «san» (gesund) und «bimbo» (italienische Kurzform von Bambino, also Kind) zurückgehe.
Die Preisverleihung fand in Zürich vor über 300 Teilnehmern statt. Der «Rostige Paragraph» wird von der IG Freiheit seit 2007 jedes Jahr verliehen. Diese Auszeichnung will die Öffentlichkeit, vor allem aber auch Politiker und Verwaltung auf die unzähligen unnötigen bürokratischen Regulierungen aufmerksam machen. Nominiert werden Personen, die eine besonders unsinnige Regelung bzw. ein fragwürdiges Verbot oder einen fragwürdigen Entscheid zu verantworten haben. Der Sieger wird im Rahmen eines öffentlichen Internet-Votings ermittelt.
Zürcher Wirtschaft
Redaktion
Ihre Meinung ist uns wichtig
Das Thema ist wichtig.
Der Artikel ist informativ.
Der Artikel ist ausgewogen.
Anzeige