Zeitenwende bei Lastschriftverfahren
Analog, verstaubt, verjährt, angezählt und bald ausgemustert: Wegen internationaler Standards und digitaler Alternativen werden die Lastschriftverfahren der Banken abgeschafft.
21. April 2025 Zürcher Wirtschaft
Rechnungssteller müssen künftig auf alternative Formate (zu LSV+/BDD) umstellen.
Die bestehenden Lastschriftverfahren in der Schweiz LSV+ und BDD (Business Direct Debit) werden per 30. September 2028 eingestellt. An die Stelle dieser Schweizer Lastschriftverfahrens, mit welchem regelmässige, wiederkehrende Forderungen in Schweizer Franken und Euro abgewickelt werden, treten nun andere – vorab digitale – Möglichkeiten. Digitale Alternativen bieten für Rechnungssteller wie auch für deren Kunden klare Mehrwerte, heisst es bei SIX, der Betreiberin und Entwicklerin des Zahlungsverkehrs für den Schweizer Bankplatz, die in Abstimmung mit den Gremien des Finanzplatzes die Einstellung der bestehenden Lastschriftverfahren beschlossen hat. Ausnahme: Das Lastschriftverfahren CHDD der Postfinance ist von der Einstellung nicht betroffen.
Nach der Einstellung von LSV+/BDD stehen etablierte Formate zur Verfügung wie z. B. eBill, die QR-Rechnung, der Dauerauftrag oder der Einzelzahlungsauftrag. Das eigentliche Pendant zum heutigen Lastschriftverfahren LSV+/BDD ist aber eBill Direct Debit: Ab Juni 2025 wird wegen der notwendigen Vorlaufzeit bereits das neue Produkt angeboten, das nahtlos an die LSV anknüpfen soll. Ende Juni 2025 lanciert SIX mit eBill Direct Debit das neue digitale Einzugsverfahren für wiederkehrende Forderungen – dieses hat auch ein Widerspruchsrecht wie LSV+. Die dafür notwendigen Belastungsermächtigungen können bequem in eBill eingesehen und verwaltet werden.
Das digitale Lastschriftverfahren kann jeder selber einrichten und auch wieder auflösen. «Das war bislang mit dem Lastschriftverfahren komplizierter, mit Papierformularen, Unterschrift und Rücksendung», so Pascal Schoch, Senior Product Manager bei SIX. eBill Direct Debit ist für «digitale Kunden» ausgelegt. Seitens SIX bestehe aber auch eine Lösung, um eBill Direct Debit für die Nutzung durch analoge Rechnungsempfänger zu erweitern. Ob sie eBill Direct Debit sowie auch weiterhin eine analoge Lösung anbietet, ist der jeweiligen Bank überlassen. Durch den Mehraufwand ist aber anzunehmen, dass solche Dienstleistungen, im Gegensatz zu eBill Direct Debit, nicht mehr gratis sein werden. «Unterzeichnete Formulare auf dem Postweg hin- und herzuschicken, ist nicht mehr zeitgemäss», sagt Schoch zur eingeleiteten Umstellung. Im Fachjargon: Die physische Unterzeichnung von Belastungsermächtigungen per Formular entspricht nicht mehr den heutigen Standards und der «Digitalisierungsstrategie im Zahlungsverkehr».
Damit läuft die Abschaffung analog zur Einstellung der Einzahlungsscheine. Zur Erinnerung: Per 30. September 2022 wurden die orangen und roten Einzahlungsscheine vom Markt genommen – und durch die QR-Rechnung und eBill abgelöst.
Digitale Alternativen
Das Lastschriftverfahren LSV, das 1977 lanciert wurde, ist in der heutigen Form aus dem Jahr 2005 ein Produkt von SIX zuhanden der Banken, die es ihren Kunden in ihrer Rolle als Rechnungssteller anbieten. Zwischenzeitlich hat der Schweizer Finanzplatz den Zahlungsverkehr international harmonisiert. Aber LSV+/BDD folgen diesem Standard nicht vollumfänglich. Digitale Alternativen böten sowohl für Rechnungssteller als auch für deren Kunden klare Mehrwerte, wie z.B. einfachere Aufschalt- und Verwaltungsprozesse sowie eine höhere Transparenz hinsichtlich erfolgreicher oder abgelehnter Freigabe bzw. Zahlungsausführung. Rückläufige Transaktionszahlen zeigten auch, dass Rechnungssteller vermehrt alternative Zahlungsmethoden benutzten.
Weitere Infos finden Sie unter diesem Link.
Im Gegensatz zur digitalen eBill, die es seit 2019 gibt und deren Nutzung seither pro Jahr rund 20 Prozent wächst und mittlerweile rund 3,5 Mio. Nutzende hat, stagnieren die Zahlen fürs klassische Lastschriftverfahren beziehungsweise sind leicht rückläufig. Die bisherigen Lastschriftverfahren sind somit ein Nischenprodukt im Zahlungsverkehr geworden – und sehr branchenabhängig. Oft wird das Lastschriftverfahren für die regelmässige Einforderung von Mieten, Versicherungspolicen, Telekommunikation, Leasing oder Kreditkarten genutzt.
Was im Ländervergleich auffällt: Die Schweizer nutzen das Lastschriftverfahren nicht so gern wie etwa Deutsche oder Österreicher (mit je 50 oder mehr Prozent der Zahlungen). «Die Deutschen lieben das Lastschriftverfahren», sagt Pascal Schoch. Es sei letztlich eine Kulturfrage: «Der Schweizer mag es nicht so, wenn man ihm ins Portemonnaie greift. In Deutschland überwiegt die Bequemlichkeit.» Auch vor dem Hintergrund dieser kulturellen Eigenheit scheint es weniger dramatisch, wenn es das Produkt so nicht mehr gibt.
Rechtzeitig handeln
Eine Harmonisierung der Zahlungsstandards sei die Basis für einen langfristig effizienten und wettbewerbsfähigen Schweizer Zahlungsverkehr der Zukunft, heisst es bei SIX. «In den nächsten Jahren würden erneut Investitionen in Technologie und Formate anstehen, um die heutigen Bedürfnisse an eine Lastschriftenlösung abdecken zu können.»
Rechnungsstellern wird empfohlen, frühzeitig zu entscheiden, welches Format sie künftig für die Rechnungsstellung nutzen wollen, und entsprechende Abstimmungen mit ihrem Finanzinstitut und Softwarepartner einzuleiten. Damit stellen sie einen reibungslosen Übergang zu alternativen Zahlungsformaten sicher.
Zürcher Wirtschaft
Redaktion
Ihre Meinung ist uns wichtig
Das Thema ist wichtig.
Der Artikel ist informativ.
Der Artikel ist ausgewogen.