Unternehmer-Zvieri: Erfolgsrezepte für die Übergabe
Die Unternehmensnachfolge hat volkswirtschaftlich eine grosse Bedeutung. Der Unternehmer-Zvieri von KGV, Zürcher Kantonalbank, OBT und weiteren Partnern beleuchtete die Nachfolge aus verschiedenen Aspekten: Seitens der Wissenschaft, der Psychologie, der Marktperspektive und der gelebten Praxis.
13. Januar 2025 Mark Gasser
Julia Gathen von OBT erörterte die Vorbereitungen vor einem Unternehmensverkauf.
Im Empfangsbereich des Soho vor dem Unternehmer-Zvieri.
KGV-Geschäftsführer Thomas Hess (Mitte) im Gespräch vor dem Anlass.
Im Empfangsbereich des Soho vor dem Unternehmer-Zvieri.
Rund 150 KGV-Mitglieder, die meisten davon Übernehmer oder Übergeber, hatten sich für den traditionellen Unternehmer-Zvieri des KGV angemeldet, der diesmal im Soho beim Escher-Wyss-Platz stattfand. Dass die Übergabe eines Unternehmens frühzeitig eingeleitet werden sollte und meistens «ein Hosenlupf» ist, wie der Titel des Anlasses suggerierte, wurde auch schnell klar.
Seid ihr ein Unternehmen, oder habt ihr ein Unternehmen? Anders gefragt: Will man eine Kopie sein der Vorgänger, oder will man das Unternehmen selber prägen? Damit sprach Nachfolgeexpertin Claudia Buchmann von der St. Galler Nachfolge gleich zu Beginn die oft sehr vom Charakter beeinflusste Unternehmenskultur, -strategie und -struktur an. Dieser Frage müssten sich Übernehmer stellen. Und es war nur eine von vielen am «Unternehmer-Zvieri» organisiert von KGV, Zürcher Kantonalbank und OBT. Buchmann gab einen Überblick über die Thematik aus einer Marktperspektive und beleuchtete auch unterschiedliche Nachfolge- beziehungsweise Übernahmevarianten: Family- Buy-outs, Management-Buy-outs sowie Management-Buy-ins (Übernahme durch externes Management) und Mergers & Acquisitions (Finanz- und strategische Investoren).
Begleitet wird der Übergabeprozess in der Regel durch eine Drittpartei. Der Dienstleister kann eine Bank, ein Treuhandunternehmen, oder ein Beratungsunternehmen sein. Allgemein gilt: Wenn man drei Gewinner hat, kann man auf eine erfolgreiche Nachfolge zurückblicken: Auf den Verkäufer, der Arbeitsplätze geschaffen hat, auf den Käufer, der ein gesundes Unternehmen zu einem bezahlbaren Preis übernimmt, und drittens auf ein gesundes Unternehmen, das sich nicht vorkommt wie eine ausgepresste Zitrone mit zu hohem Kaufpreis. «Bei einer Win-win-win-Situation kann man von einer gelungenen Unternehmensnachfolge sprechen.»
Starke Familiendynamiken
Die weiteren Referenten drangen in die Tiefe einzelner Themen der Nachfolge vor. Ladina Schmidt, Psychologin, Laufbahn- und Organisationsberaterin von der ZHAW. IAP Institut für Angewandte Psychologie, beleuchtete den Kontext Familienunternehmen näher. Die Rollen im Familienunternehmen bedingt auch Gegensätze – als Tochter, HR-Verantwortliche, Vater und so weiter. Es sei ein Balanceakt zwischen Unternehmens- und Familieninteressen. Die Verbindung dieser Spannungsfelder sei die Herausforderung.
Damit das Zusammenspiel gelinge, müsse Raum für eine eigene Meinung und neue Entwicklung vorhanden sein. Die Interessen, eigenen Rollen im Unternehmen und in der Familie und damit auch: die Paradoxien der verschiedenen Systeme müssten geklärt werden. Beste Voraussetzung für einen erfolgreichen Nachfolgeprozess sei die frühe Klärung der Ausgangslage. Es gelte, Werte und Erwartungen abzugleichen sowie Unterschiede zu akzeptieren. Und nicht zuletzt, das Anforderungsprofil zu definieren und die Eignung des Nachfolgers abzuklären.
Stefan Bienz, Mandatsleiter für Unternehmensnachfolge der Zürcher Kantonalbank, beleuchtete den Ablauf einer Nachfolge aus Beratungsoptik und die drei Phasen Standortbestimmung, Vorbereitungs- und Umsetzungsphase.
Die Standortbestimmung sollte 7 bis 8 Jahre vor der Nachfolge stattfinden. Wer kommt überhaupt infrage? Bis wann soll übergeben werden? Wie sieht die persönliche Vorsorgeplanung aus, um den dritten Lebensabschnitt zu geniessen? Kann ich dem Unternehmen Vermögenswerte entziehen?
Bienz zeigte anhand einer fiktiven Unternehmerfamilie mit zwei Kindern auf, wie durch einen Erbvorbezug (eine Form der Schenkung) eine ungleiche Verteilung durch eine spätere erfolgreiche Unternehmensentwicklung verhindert werden kann. «Regeln Sie die Erbvorbezüge in einem Erbvertrag verbindlich, damit es nicht zu Streitigkeiten kommt», so Bienz.
Julia Gathen, Mandatsleiterin M&A bei der OBT AG, erläuterte unter anderem die Gewährleistung der wichtigsten Informationen aller Partner beim externen Verkauf. Wichtig sei, vorzeitig Verhandlungen zu führen und Fragen offen und transparent zu verhandeln, damit es nicht zu Überraschungen komme. OBT begleitet solche Schritte bis zur Transaktion. Verkaufsdokumente, ein ausführliches Verkaufsdossier und die finanziellen Eckpunkte sowie eine Kaufpreisindikation und eine Vermarktungsstrategie müsste an- und festgelegt werden. Wenn es gut «matche», würden Unternehmer und potenzielle Käufer zusammengebracht. «Im besten Fall haben wir zwei, drei Angebote, die auf derselben Zeitschiene reinkommen», so Gathen. Es sei wichtig, die Fülle an Informationen auszutauschen, damit sich jemand ohne Vorkenntnisse übers Unternehmen ein gutes Bild machen könne. «Der Fokus liegt zunächst stark auf Zahlen.» So sei auch der Kaufpreis ein zentraler Verhandlungspunkt im Verkaufsprozess. Die Übergangszeit bis zur definitiven Übernahme ist dann bis zum Kauf nicht mehr lang, meist seien das drei bis maximal sechs Monate, denn: «Als Käufer will man nicht noch jemanden auf der Payroll haben.»
Bewertungsbeispiele
Linus Furrer, Leiter Unternehmensberatung und Partner bei OBT, ging auf diverse Varianten der Unternehmensbewertung ein. Als Datengrundlage würden unter anderem Revisionsberichte, Jahresrechnungen, Budget, Finanzplan, stille Reserven, Anlagevermögen, Angaben zu eigenen Liegenschaften sowie Personalliste und -angaben beigezogen. Dabei sei wichtig, darauf zu achten, wer die Firma aus welchen Gründen bewertete.
«Bei drei verschiedenen Bewertungen haben Sie drei verschiedene Resultate. Ausserdem ist der Preis Verhandlungssache im Verkaufsprozess.» Zudem sei der erzielte Verkaufspreis von der gewählten Nachfolgereform abhängig. Drei Lehren gab Furrer aus der Bewertungspraxis mit: Bereinigte und neutralisierte Jahresabschlüsse «sind die Basis jeder Unternehmensbewertung»; weiter interessiere einen Käufer die Vergangenheit nur bedingt, sondern was er in Zukunft damit verdienen könne; drittens könne der Wert nur theoretisch ermittelt werden.
Kriterien für Kredite
Philippe Keller, Mandatsleiter Unternehmensnachfolge vom siebenköpfigen Nachfolge-Team der ZKB, begleitet tagtäglich Übernahmefinanzierungen. Die Nachfolge sei ein komplexer Prozess, der viel Planung bedinge. Auch was die Finanzierung anbelangt. Keller riet, früh zu beginnen, den Finanzierungspartner an Bord zu holen. «Nehmen Sie die Bank als Ihren Verbündeten ins Spiel, um Ihnen zu helfen, die richtigen Weichen zu stellen.» Wenn das Unternehmen wie auch der Übergeber fit seien, dann sei der Grundstein für eine erfolgreiche Übergabe schon gelegt. Sparkapital, Familie, Dritte – viele Faktoren entschieden über die Höhe der Finanzierung der Bank. Vor allem die nachhaltige Ertragskraft (Free Cash Flow), nicht der pure Umsatz, sei der Indikator. Am Schluss moderierte Claudia Buchmann noch den Übergeber der Firma Butti Bauunternehmung AG in Pfäffikon SZ, Gian Reto Lazzarini (heute VR-Präsident) sowie Michael Lang, den einen der beiden Nachfolger und Mehrheitseigner. Das Management-Buy-out sei als Übernahmevariante stets im Vordergrund gestanden.
Übergeber Lazzarini und Übernehmer Lang beantworteten im Anschluss Fragen aus dem Publikum, wie jene zum Verhältnis zwischen dem VR-Präsidenten und Verkäufer Lazzarini und den neuen Eigentümern – gibt es da Konflikte? Für Lazzarini war wichtig gewesen, sich schnell aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. «Beim Dreinreden muss man aufpassen – sonst darf man nicht verkaufen.»
Klarheit, Verbindlichkeit und frühzeitige Kommunikation – auch intern – waren weitere Tipps von Lang. Einen klaren zeitlichen und räumlichen Abschluss zu finden, ist eine der Merkpunkte für Lazzarini. Dann gilt für ihn: durchziehen als Käufer – ganz im Sinne des Unternehmertums. Weiter sollten die Transaktionen einfach sein: «Unser Vertrag ist 8-seitig. Aber wir verstehen ihn.»
Mark Gasser
Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft
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