Teambuilding im Kloster
Wer in Zürich nach einem aussergewöhnlichen Firmenanlass sucht, hat die Qual der Wahl: Hoch hinaus im Seilpark, Kanufahrten auf dem Zürichsee, Rätselpfade durch die Stadt, Adrenalin beim Lasergame oder Abseilen vom Uetliberg-Turm. Ein heimlicher Favorit vieler KMU: die stille Atmosphäre eines Klosters.
17. September 2025
Auch das Kloster Fischingen bietet Retreats an.
Grundsätzlich hat jeder Firmenevent ein Ziel: Er soll das Teamgefühl stärken und im besten Fall lange nachwirken. «Viele vergessen, dass ein Event auch ein Zeichen der Wertschätzung ist. Mitarbeitende sind das wichtigste Kapital eines Unternehmens, und das sollte man anerkennen. Für einen gelungenen Event braucht es kein riesiges Budget», sagt Eventmanager Ronnie Scholom. Dennoch betont er auch, dass die Erwartungen an einen Event generell gestiegen sind – besonders jüngere Mitarbeitende suchen nach Erlebnissen, die Spass, Herausforderung und Sinn verbinden. «Heute muss man Formate schaffen, die alle abholen: gemeinschaftstauglich, interaktiv, erlebbar», betont Scholom.
Events auf dem Zürichsee
Möglichkeiten dafür gibt es reichlich. Auf dem Zürichsee etwa können Teams beim Segeln mit Regatta-Feeling Geschwindigkeit, Koordination und Strategie trainieren. Ruhiger, aber nicht minder spannend, ist eine Stand-UpPaddling-Tour, bei der die Teilnehmenden Balance und Technik üben und gleichzeitig spannende Geschichten über Zürichs Ufer und seine Geschichte erfahren. Wer lieber im Gleichschlag unterwegs ist, steigt ins Drachenboot, das sich nur bewegt, wenn alle im Rhythmus paddeln. Für Adrenalin sorgt das Abseilen vom 72 Meter hohen Uetliberg-Turm. Beim Büro- oder Hotelgolf verwandeln sich Arbeits- und Seminarräume in einen kreativen Golfparcours und wer es kniffliger mag, kann sich in Escape Rooms einschliessen lassen oder bei Foxtrail Schnitzeljagden durch die Stadt rätseln und versteckte Winkel Zürichs entdecken. Neben Abenteuer und Bewegung lassen sich Firmenevents auch kreativ gestalten. Ob beim Kochen, Schokolade herstellen, Töpfern oder Malen.
Seminar hinter Klostermauern
Wer eine ruhige Umgebung fernab des Alltags sucht, findet in einem Kloster den idealen Rahmen. «Ein Kloster hat eine spezielle Energie, die man sonst kaum findet», sagt Marc Sutter, Unternehmensberater aus Zollikon.
«Für viele Unternehmen ist ein Kloster ein klarer Kontrast zum hektischen Büroalltag»
Cornelia Scheiwiller, Leiterin Marketing und Kultur im Kloster Fischingen.
Er organisiert regelmässig mehrtägige Management-Workshops hinter Klostermauern – mit einem wiederkehrenden Effekt: Die Teilnehmenden kommen nicht nur zur fachlichen Weiterbildung, sondern schätzen vor allem die inspirierende Atmosphäre, die Ruhe und den Fokus auf das Wesentliche. Die Nachfrage nach Seminaraufenthalten in Klöstern ist hoch, wie mehrere Betriebe bestätigen. Das Kloster Fahr etwa hat seine Anlagen verpachtet; die Seminare sind heute bei der Fahr Erlebnis AG angesiedelt. «Für viele Unternehmen ist ein Kloster ein klarer Kontrast zum hektischen Büroalltag», sagt Cornelia Scheiwiller, Leiterin Marketing und Kultur im Kloster Fischingen. Abseits von Ablenkungen können Teams konzentriert arbeiten, reflektieren und neue Strategien entwickeln. «Viele Firmen und Hochschulen buchen Seminare bei uns, oft ergänzt durch Achtsamkeitstrainings», erklärt sie. «Geschätzt werden die Natur, der historische Ort – ebenso wie die modernen Seminarräume und die Infrastruktur.» Auch das Kloster Kappel am Albis ist ein gefragter Seminarort. Unternehmen wie Globus, Amag, die ZHAW oder Swissport nutzen regelmässig die Räumlichkeiten. Sie können wählen, ob sie nur Seminarräume und Hotellerie buchen oder zusätzlich an Rahmenprogrammen teilnehmen möchten. Dazu zählen Führungen durch die Klosteranlage und -gärten, Bewegungs- und Meditationsprogramme wie Tai Ji oder Qi Gong sowie die Teilnahme an den Tagzeitengebeten. «Wir hören immer wieder, wie eindrücklich die Atmosphäre ist und wie sehr die Gäste die Ruhe und Konzentration geniessen», sagt Andreas Nufener vom Kloster Kappel.
Alltag mit Mönch und Nonne
Im Kloster Fischingen ist besonders das Achtsamkeitstraining beliebt, ergänzt Scheiwiller. Daneben gibt es Orgelkonzerte in der barocken Kirche, Führungen, japanische Teezeremonien oder Bierverkostungen in der hauseigenen Brauerei. Gäste können auf der Finnenbahn sportlich aktiv werden – oder den direkten Austausch mit den vier Benediktinermönchen suchen. Wer möchte, kann am gemeinsamen Gebet teilnehmen; eine religiöse Haltung ist jedoch keine Voraussetzung. «Manche singen morgens bei der Liturgie mit, andere – wie ich – halten lieber Abstand», so Sutter. Besonders schätzt er die Gespräche mit der Oberin des Klosters. «Obwohl sie über 80 Jahre alt ist, beschäftigt sie sich mit ähnlichen Fragen wie wir: Verantwortung, Gemeinschaft, Orientierung», erzählt er. Werte wie Respekt, Achtsamkeit und Zusammenhalt liessen sich direkt auf das eigene Team übertragen. «Solche Momente stärken das Miteinander und bleiben in Erinnerung.»
Parallelen zum Unternehmen
Auch klösterliche Gemeinschaften stehen vor Herausforderungen, die jenen von KMU ähneln: Überalterung, Nachwuchsmangel und die Frage nach der langfristigen Weiterführung. «Wie KMU müssen wir Talente gewinnen, Wissen weitergeben und die Motivation in der Gemeinschaft hochhalten», sagt Nufener. Dafür brauche es Weitsicht und klare Strukturen. Sein Fazit: «Spiritualität, Bildung, Gastfreundschaft, Fürsorge und Selbstversorgung – diese fünf Pfeiler prägen die klösterliche Tradition seit jeher. Sie sind auch für den Berufsalltag hilfreich.» Ein weiterer Pluspunkt: Die Kosten. Ein Aufenthalt im Kloster inklusive Seminarräume liegt pro Person durchschnittlich zwischen 130 und 200 Franken.
Anna Birkenmeier
Redaktion Zürcher Wirtschaft
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