Rund um die Mehrfachbeschäftigung

Zunehmend mehr Erwerbstätige arbeiten in unterschiedlichen Unternehmen, gründen nebenbei Startups oder sind zusätzlich als Freiberufler tätig. Mehrfachbeschäftigung ist angesagter denn je, birgt in der Praxis jedoch ein gewisses Konfliktpotenzial.

Bild stock.adobe.com/UnitedPhotoStudio

Mehrere Jobs, etwa als Freelancer: Heute keine Seltenheit mehr.

Von Mehrfachbeschäftigung spricht man, wenn jemand gleichzeitig mehr als einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Der Mehrfachbeschäftigte ist für mehrere Arbeitgeber tätig oder verbindet seine Anstellung(en) mit einer selbständigen Tätigkeit. Zeitlich können mehrere Teilzeitpensen oder auch ein Vollzeitpensum mit einer Nebenbeschäftigung kombiniert werden. Dabei sind die Motive für die Ausübung paralleler Tätigkeiten vielfältig. Während ein Teil der Mehrfachbeschäftigten freiwillig ein flexibles Arbeitszeitmodell zusammenstellt, das deren individuellen Wünschen entspricht, sieht sich der andere Teil aus familiären Gründen oder finanzieller Notwendigkeit gezwungen, mehr als einer Beschäftigung nachzugehen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die Mehrfachbeschäftigung grundsätzlich erlaubt. Zu beachten ist jedoch das Arbeitsgesetz (ArG), welches zwingende Vorschriften zu den Arbeits- und Ruhezeiten aufweist.

Arbeitszeit, Meldepflicht

Die Verantwortung zur Einhaltung der arbeitsgesetzlichen Bestimmungen liegt beim Arbeitgeber – insbesondere beim zweiten Arbeitgeber, welcher einen Arbeitnehmer im Teilzeitpensum anstellt. Bei Mehrfachbeschäftigung kommt es oft zu Situationen, in denen die Arbeitgeber gar nicht wissen, dass ihre Arbeitnehmer noch weiteren Beschäftigungen nachgehen. Folglich ist der Arbeitgeber gar nicht in der Lage, festzustellen, ob das Arbeitsgesetz missachtet wird oder nicht. Ein Teil der Juristen vertritt daher die Auffassung, der Arbeitnehmer habe gegenüber dem Arbeitgeber eine Mitteilungspflicht. Wird diese verletzt, könne das zu einer Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers aus Vertragsverletzung führen. Um allfällige Konflikte, wie diese zu vermeiden, ist zu empfehlen, dass der Arbeitgeber mit jedem Arbeitnehmer, der in Teilzeit angestellt ist, klärt, ob dieser noch bei einem anderen Arbeitgeber angestellt ist und wenn ja, welches Pensum vereinbart wurde.

Mehrstunden

Ferner führen sowohl die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten als auch die übrigen Bestimmungen zur Ruhezeit und Sonntagsarbeit zu erhöhten Kontrollanforderungen. Die Überschreitung der vom ArG vorgegebenen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 bzw. 50 Stunden ist nur in engen Grenzen zulässig und mit einem Lohnzuschlag von 25% zu entschädigen. Dabei ergeben sich praktische Schwierigkeiten in Fällen, in denen die wöchentliche Höchstarbeit bei keinem der Beschäftigungen für sich allein überschritten wird, wohl aber in der Summe. Es stellt sich diesfalls die Frage, welcher Arbeitgeber den Zuschlag zu entrichten hat. Naheliegend ist es, die Mehrarbeitszeit jenem Arbeitgeber zuzuordnen, der sie verursacht hat.

Nach Art. 321c Abs. 1 OR ist der Arbeitnehmer zur Leistung von Überstundenarbeit verpflichtet, soweit sie sachlich begründet ist und ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden kann. Bei Mehrfachbeschäftigung können Überstunden zu Kollisionen mit anderweitigen Arbeitspflichten führen, was deren Leistung unzumutbar macht. Daher scheint es sinnvoll, vertragliche Abmachungen zu treffen, um die konkrete Koordination sicherzustellen und die Parameter der Arbeitsverhältnisse zu Beginn festzulegen.

Konkurrenzverbot

Art. 321a Abs. 3 OR statuiert, dass der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses keine Arbeit für einen Dritten leisten darf, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert. Inwieweit dieses Konkurrenzverbot für Teilzeitangestellte gilt, ist umstritten. Während nach der einen Auffassung das Verbot auch bei Teilzeitarbeitsverhältnissen Anwendung findet, geht die Gegenmeinung von einer eingeschränkten Geltung aus. Wird ein Arbeitnehmer in Teilzeit angestellt, so müsse damit gerechnet werden, dass dieser nebenbei auch bei der Konkurrenz arbeiten könne, und es werde einer Einschränkung von Art. 321a Abs. 3 OR stillschweigend zugestimmt. Solches kann jedoch nur in Fällen angenommen werden, in denen ein wesentlicher Interessenkonflikt ausgeschlossen ist. Kann eine Mehrfachbeschäftigung das Konkurrenzverbot tangieren, sollte sich der Arbeitgeber in jedem Fall die vorgängige Zustimmung vorbehalten.

Unfälle

Ist ein gegen Unfall versicherter Arbeitnehmer bei unterschiedlichen Unternehmen beschäftigt und erleidet einen Berufsunfall, wird die Unfallversicherung desjenigen Arbeitgebers leistungspflichtig, in dessen Dienst die versicherte Person verunfallte. Bei einem Nichtberufsunfall kommt hingegen die Versicherung zum Zug, bei dem die versicherte Person vor dem Unfall zuletzt gearbeitet hat.

Berufliche Vorsorge

Bei Mehrfachbeschäftigung erreicht der Lohn bei den einzelnen Arbeitgebern oftmals den Grenzbetrag für die obligatorische Versicherung von aktuell CHF 22’680 nicht. Liegt allerdings die Summe der Einkünfte sämtlicher Arbeitsverhältnisse über diesem Wert, kann sich der Arbeitnehmer entweder bei der Auffangeinrichtung BVG oder – je nach Vorsorgereglement – auch bei der Vorsorgeeinrichtung, welcher einer seiner Arbeitgeber angeschlossen ist, versichern lassen.

Fazit

Mehrfachbeschäftigungen bringen zahlreiche arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Herausforderungen mit sich. Klare vertragliche Regelungen sind deshalb unerlässlich.

Ihre Meinung ist uns wichtig

Das Thema ist wichtig.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Der Artikel ist informativ.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Der Artikel ist ausgewogen.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down