Promo-Videos und Podcasts für den Staat

Angenommen, die Welt bräuchte einen Film über die Arbeit auf der Steuerverwaltung. Und angenommen, sie sei legitimiert, mit Steuergeldern Werbung für ihre tolle Arbeit zu machen: Wenn wir uns einen Film des kantonalen Zürcher Steueramts vorstellen müssten, dann käme wohl so etwas wie eine Home Story über die emsigen grauen Büros heraus, über die akribische und faire Behandlung der Steuerzahler – und ja: vielleicht über viele gute (vor allem finanzielle) Gründe, die Privatwirtschaft zu verlassen oder sich gar nicht erst dahin zu verirren. Nach diesem Muster haben beispielsweise die Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich oder die Stadtpolizei versucht, mit eigenen Kampagnen Berufsleute abzuwerben.

Doch das kantonale Steueramt rührt gleich mit der grossen Horror-Kelle an. Auf Youtube wird mit dem Filmchen «Das Steueramt» versprochen, dass sich hinter dem Amt, das vielleicht «zuerst nach Zahlen und Formularen» klingt, eine Welt «voller Innovation, Teamgeist und echtem Engagement» verbirgt. Eine Frau wandert anfangs durch die apokalyptisch zerfallende Europaallee und fragt: «Was ist ein Fahrzeug ohne Motor? Schrott. Was ist eine Gesellschaft ohne Antrieb? Das Gleiche.»

Darum gebe es das kantonale Steueramt. Es sorge für rollenden öffentlichen Verkehr, für ein funktionierendes Sozial- und Gesundheitswesen, kurzum: für einen «reibungslosen Betrieb». Dann folgen Plattitüden, die das Amt ins beste Licht stellen sollen: Engagement, Strukturiertheit, viel Know-How, Respekt, Wertschätzung, Klischee- und Anzugsfreiheit, Work-Life-Balance und Homeoffice zeichnet das Amt gemäss dem Werbefilm aus. Ein Stichwort trifft es wohl am ehesten: Jobsicherheit. Denn wer einmal auf der Verwaltung arbeitet, der ist gefühlt unkündbar. Aber inwiefern der Steuer-Eintreiber als «Motor» die Gesellschaft aus eigenen Stücken weiterbringt, wird beim Video genauso wenig aufgeklärt, wie ein Beweis für Innovationskraft erbracht. Würde man Unternehmen und «leistungsfähige Steuerzahler» fragen, ob das Steueramt tatsächlich für einen «reibungslosen Betrieb» sorgt – da hätten wohl Bürokratie-gesättigte Unternehmer wenig Verständnis.

Fazit: Das Steueramt lebt in seiner eigenen Welt. Steuern eintreiben als «Antrieb der Gesellschaft» zu bezeichnen, und dafür noch Steuergeld auszugeben, sei «das übelste Framing, das das rot-grüne Zürich bislang produziert hat», meinte ein Leser auf «Inside Paradeplatz». Dass die Kommentare auf dem Youtube-Video deaktiviert wurden, überrascht da wenig.

Ähnlich entrückt muten die Podcast-Serien verschiedener kantonaler Abteilungen an, unter anderem jener des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft. Die Reihe «Uf de Spur – de Umweltkrimi vo Züri», mit fiktiven Journalisten bestückt, soll gemäss NZZ 40 000 Franken für vier Ausgaben gekostet haben. Weitere Podcasts wie ein Lifestyle-Velomagazin der Volkswirtschaftsdirektion sind Ausdruck davon, was der Staat als «Informationsauftrag» versteht.

Wadenbeisser

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