«Ohne unternehmerisches Denken gäbe es diese Apotheke nicht»

Die Apotheke im Stadtspital Triemli wurde als privatwirtschaftliche Lösung von 34 Stadtzürcher Apotheken realisiert – initiiert durch das Apothekenetz Zürich. Beim Anlass der KMU Frauen bot sich ein aufschlussreicher Einblick in die Entstehung und das Modell dieser besonderen Einrichtung.

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Links: Valeria Dora, Apothekerin und Präsidentin des Apothekenetzes Zürich, rechts: Jacqueline Hofer, Präsidentin der KMU Frauen.

«Wir werden wohl nie mehr in eine Apotheke gehen und nicht an Valeria Dora denken.» Dieses Fazit von Jacqueline Hofer, Präsidentin der KMU Frauen, bringt die Atmosphäre am KMU-Frauenanlass in der Apotheke im Stadtspital Triemli auf den Punkt.

Mit spürbarer Begeisterung und Leidenschaft führte Dr. Valeria Dora – seit über zehn Jahren Präsidentin des Apothekenetzes Zürich und Verwaltungsratspräsidentin der Apotheke im Triemlispital– die Teilnehmenden durch die Entstehungsgeschichte dieser besonderen Apotheke. Dabei wurde klar: Hinter der Triemli-Apotheke steckt ein Projekt, das zeigt, wie unternehmerisches Engagement und gesundheitspolitisches Verantwortungsbewusstsein ineinandergreifen können.

Ein Verband mit Weitblick

Das Apothekenetz Zürich, das Dora seit 2014 leitet, ist der Dachverband der Stadtzürcher Apotheken mit rund 110 Betriebe innerhalb der Stadt Zürich. Der Verband steht in engem Austausch mit den städtischen Gesundheitsbehörden und versteht sich als Brückenbauer zwischen Praxis, Politik und Verwaltung. Genau aus dieser Rolle heraus entstand auch der Impuls zur Gründung der Austrittsapotheke im Triemli – ein Projekt, das zunächst für kontroverse Diskussionen sorgte.

Zwischen Vision und Realität

Die Idee, am Spitalstandort Triemli eine Apotheke für austretende Patientinnen und Patienten zu schaffen, war nicht neu. Bereits vor zwanzig Jahren wurde innerhalb der Zürcher Gesundheitsbehörde darüber diskutiert – ohne konkrete Umsetzung. «Wir waren lange skeptisch», erinnert sich Dora. «Schliesslich gibt es in Zürich bereits eine gute Apothekenabdeckung.»

Doch bei einem der regelmässigen Gespräche mit der Stadt fiel die Entscheidung plötzlich: Zürich plante eine Austrittsapotheke direkt im Stadtspital. «Das kam für uns überraschend – und ehrlich gesagt auch etwas überrumpelnd», so Dora. Nach dem ersten Schock sei aber rasch klar gewesen: «Wenn diese Apotheke kommt, dann nur als Branchenlösung. Nicht durch die öffentliche Hand – und nicht mit Steuergeldern.»

Vom Konzept zur Trägerschaft

Gesagt, getan: Zunächst wurde eine einfache Gesellschaft gegründet, in die interessierte Apotheken einen Beitrag für die Vorbereitungsarbeiten einzahlten. Später entstand daraus eine Aktiengesellschaft – getragen von 34 Apothekenbetrieben aus der Stadt Zürich. Die Beteiligung erfolgte bewusst gestaffelt: Apotheken in unmittelbarer Nähe des Spitals – und damit potenziell stärker betroffen durch den neuen Standort – konnten grössere Aktienpakete zeichnen.

Partnerschaft statt Konkurrenz


Heute ist die Apotheke vollständig in die Infrastruktur des Stadtspitals integriert – organisatorisch und wirtschaftlich jedoch klar getrennt. «Wir sind hier zur Miete. Das war uns wichtig, um Interessenkonflikte zu vermeiden», betont Dora. Ein detaillierter Vertrag mit vier Anhängen regelt die Zusammenarbeit. Dass auch der Spitaldirektor, Marc Widmer, im Verwaltungsrat Einsitz nimmt, sei Ausdruck einer konstruktiven Partnerschaft, so die Verwaltungsrätin.

Ein zentraler Punkt: Die Triemli-Apotheke ist öffentlich zugänglich, steht aber in keinem direkten Zusammenhang mit der Spitalapotheke, die nur für die stationäre Versorgung zuständig ist. «Der Patient entscheidet frei, wo er sein Rezept einlöst – diese Wahlfreiheit war uns von Anfang an wichtig», so Dora.

Zwischen Digitalisierung und Personalnot

Wie viele Betriebe im Gesundheitswesen steht auch die Triemli-Apotheke vor der Herausforderung, geeignetes Fachpersonal zu finden. «Ohne ausländisches Fachpersonal wäre die Versorgung längst nicht mehr gewährleistet», sagt Dora offen. Zwar werden in Zürich jährlich rund 140 bis 150 Lernende ausgebildet, doch viele steigen später aus dem Beruf aus – etwa wegen unregelmässiger Arbeitszeiten oder besserer Konditionen in verwandten Branchen.

Gleichzeitig bietet die Digitalisierung Entlastung: «Das Nachfüllen der Regale und die Ausgabe der Medikamente übernimmt bei uns ein Roboter», erklärt Christian Pfeiffer, Co-Geschäftsführer und fachtechnischer Leiter. «Das spart Zeit und ermöglicht es dem Team, sich auf die Beratung zu konzentrieren.» Denn auch in einer modernen Apotheke bleibt der Mensch zentral: «Geduld, Zuhören, Empathie – das macht unseren Beruf aus», ergänzt Dora.

Wirtschaftlich herausfordernd – und doch ein Erfolg

Neben dem Fachkräftemangel bleibt auch die wirtschaftliche Lage eine ständige Herausforderung. Ein grosser Teil des Umsatzes stammt aus rezeptpflichtigen Medikamenten – deren Preise und Margen sind staatlich reguliert. Der frei verkäufliche Bereich bietet zwar etwas mehr Spielraum, macht aber je nach Lage lediglich 20 bis 30 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Um rentabel zu bleiben, muss die Apotheke eine Bruttomarge von 35 bis 39 Prozent erreichen – ein ambitioniertes Ziel angesichts steigender Löhne und laufender Betriebskosten.

Trotz dieser Bedingungen blickt die Triemli-Apotheke auf ein gelungenes erstes Jahr zurück: Seit dem Betriebsstart im August 2024 sei man budgetkonform unterwegs, die Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich werde «partnerschaftlich und lösungsorientiert» erlebt, wie Valeria Dora betont.

Und was bleibt den KMU Frauen von diesem Abend?
«Ich sehe Apotheken jetzt mit ganz anderen Augen – die ganze Maschinerie dahinter ist beeindruckend», fasste es eine Teilnehmerin treffend zusammen.

Anna Birkenmeier

Redaktion Zürcher Wirtschaft

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