«Meine Tankstellen sind Leuchttürme»

Er mischt seinen Treibstoff nicht, sagt er. Dafür mischt Tankstellen-Chef Michael Knobel das Tankgeschäft an seinen sechs Standorten gehörig auf. Und teilt gegen die Branchenleader aus, die ihn «kaputtmachen» wollten – gegen die lokalen Preissenkungen in der Nachbarschaft seiner Tankstellen will er juristisch vorgehen.

Bild zvg

«Kampfkapitalismus» Michael Knobel vor seiner Tankstelle in Winterthur.

Sie haben im Kanton Zürich eine Tankstelle, in der Ost- und Westschweiz insgesamt sechs. Doch wie kamen Sie überhaupt in so jungen Jahren auf die Idee, eine eigene Tankstellenkette aufzubauen? Weil im Jahr 2022 der Ölpreis wegen der Ukrainekrise auf Höchstwerte kletterte?

Michael Knobel: Nein, das hat nichts damit zu tun. Die erste Tankstelle ging im Etzelpark in Pfäffikon (SZ) Ende 2020 auf, daher auch der Name meiner Firma. Eine der sechs wurde von Grund auf aufgebaut, die anderen habe ich übernommen. Denn es gibt schon genug bestehende Tankstellen.

Sie sind als Preisbrecher bekannt in der Branche. Aber was ist Ihr langfristiges Ziel?

Knobel: Ich strebe 40 Tank-stellen an. Eigentlich wollte ich schneller wachsen. Aber es ist sehr schwierig, Tankstellen zu finden. Es wird von grösseren Tank-stellenbetreibern auch versucht, das zu verhindern, da gibt es gewisse Strategien. Ich eröffnete im letzten Jahr gleich drei Tankstellen, wobei ich für eine schon einen Vertrag Ende 2021 hatte (Dintikon). Anfangs Jahr eröffnete ich die Tankstelle in Winterthur über einen Kontakt mit dem Eigner. Es war nicht sehr günstig, aber ich wusste: Winter-thur als sechstgrösste Stadt der Schweiz ist strategisch wichtig.

Dann machte ich einen Tiktok-Kanal «Winti Benzin» auf, wo ich einen Aufruf für weitere freie Tankstellen machte – und so kam ich auf Gossau (SG). Der Effekt von Tiktok als Werbekanal ist übrigens enorm. Wenn etwas in der Schweiz unterschätzt wird – auch in meiner Branche –, dann ist es Tiktok.

Es gibt auch andere Beispiele, gerade an Grenzübergängen wie Thayngen sind die Preise traditionell sehr tief. Aber wie können Sie diese überall so tief halten, wenn Sie rund 20 Rappen günstiger sind als die Konkurrenz?

Knobel: Meine Rezepte sind Hyper-Effizienz und eine loyale Kundschaft, die vielleicht auch etwas Wut in sich trägt und günstig einkaufen will. Wir verrechnen weniger Kosten pro Liter als die Konkurrenz, haben anderseits eine tiefere Gewinnerwartung. Das ist im Wesentlichen der Preisunterschied. Und bei mir erhält man puren Treib-stoff, ungemischte Ware. Ich wür-de keinen Treibstoff verkaufen wollen, bei dem etwas beigemischt wird, das nicht deklariert wird.

Ist das bei anderen Tankstellenbetreibern anders?

Knobel: Ja, denn es fehlt die Transparenz an den Säulen. Die Mehrheit des in der Schweiz verkauften 95er Benzins ist mit 5 Prozent Ethanol (E5), der Diesel mit 7 Prozent Biozusatz (B7) versetzt, und das völlig legal und als Bestandteil der Gewinnmarge, ohne dass man es deklarieren muss – dank der Schweizer Norm. Ich finde das nicht richtig. In der ganzen EU wird es deklariert, in der Schweiz nicht. Wenn das Gemisch nicht schlimm ist für den Treibstoff, warum wird es dann nicht dem 98er Benzin beigemischt? Und wenn beispielsweise Ethanol im 95 gut ist für den Motor, warum bewirbt man es nicht? Ich finde die Mischerei eines Produkts, ohne es dem Kunden zu kommunizieren, nicht gut. Ich erhalte von vielen Kunden mit älteren Dieselautos die Rückmeldung, dass sie mit B0 sehr zufrieden sind.

Sie sagten kürzlich in einem Interview mit «Streetlife», dass grosse Tankstellenbetreiber Sie «kaputtmachen» wollen und dass Sie Fakten über die Tankstellen-Lobby «auspacken» wollen. Was läuft denn illegal ab?

Knobel: Gegenfrage: Wieso können Firmen, die 200, 300 Tankstellen in der Schweiz haben, mit relativ stabilen Preisen, in Pfäffikon (SZ), Winterthur, in Dintikon (AG), Gossau (SG) und Füllinsdorf (BL) plötzlich 24 Stunden nach der Eröffnung meiner Tankstellen ebenfalls 20 Rappen günstiger sein? Und gleichzeitig in den Medien erzählen, dass sie mit diesen Preisen nicht existieren könnten?

Ist das nicht die Ausübung des freien Wettbewerbs?

Knobel: Diesen aggressiven lokalen Preiskampf, um Kleinere kaputtzumachen, sehe ich als eine Art Kampfkapitalismus, der betrieben wird. Ich glaube daher, das das nicht zulässig ist und bin mit meinem Anwalt daran, das genauer abzuklären. Ich bin jetzt in einer Position, in der ich das bekämpfen kann und will. Ich möchte in einigen Wochen mit einem Vorstoss einen wegweisenden Entscheid für die Schweizer Wirtschaft erkämpfen. Fällt der Entscheid positiv aus, wird er mir und anderen kleinen Tankstellen das Vertrauen geben, lokal gute Preispolitik machen zu können, ohne dass die grosse Konkurrenz einen aushungern kann. Dann etablieren sich Preisbrecher auch in anderen Regionen. Fällt er negativ aus, weiss dann jede grosse Firma: In der Schweiz kann man mit lokal aggressiver Preissetzung unangenehme klei-ne Konkurrenz aus dem Spiel nehmen.

Meine Rezepte sind Hyper-Effizienz und eine loyale Kundschaft, die vielleicht auch etwas Wut in sich trägt und günstig einkaufen will.

Michael Knobel, Tankstellenbetreiber und Geschäftsführer Etzelpark

Werden die Preise also zu hoch angesetzt an den meisten Tankstellen?

Knobel: Ja, Menschen, die in Pfäffikon (SZ) oder in der Grenzgemeinde Thayngen leben, wissen: Es waren schon immer tiefere Preis möglich. Meine Tankstellen – und nicht nur meine – sind eigentlich Leuchttürme, die zeigen, was möglich ist. Wir sind immer rund 15, 20 Rappen günstiger als die Normalpreise der Schweiz. Es gibt Standardpreise. Und alles, was tiefer ist, lässt darauf schliessen, dass ein Preisbrecher in der Nähe ist.

Sie sprechen eigentlich von einem Kartell mit Preisabsprachen…

Knobel: Das haben Sie gesagt. Ich möchte mich dazu nicht äussern.

Es gibt auch andere kleine Tankstellenbetreiber mit notorisch tieferen Preisen. Was ist der Unterschied zu Ihren Tankstellen?

Knobel: Bei anderen unabhängigen Tankstellen ist das für mich fraglich. Ich glaube, das wird aus der Filiale heraus entschieden. Dass die Preise der Tankstellen aber lokal oft sehr ähnlich sind, ist für mich sehr fraglich. Ich bin nicht der Einzige, der tiefe Preise anbietet. Aber ich bin der Einzige, der am Wachsen ist und darüber spricht. Die meisten betreiben auch nicht sehr gutes Marketing: Der Auftritt der Discounter sieht nicht sehr vertrauenswürdig aus. Sie nutzen Social Media auch nicht, was ein Fehler ist. Jene, die günstig Benzin anbieten, könnten lokal aber etwas bewirken, und ich finde gut, dass sie das tun.

Avenergy Suisse, der Importverband für Brenn- und Treibstoffe, sagte kurz nach Ausbruch des Ukrainekriegs zu dieser Zeitung: «Die Tankstellenbetreiber müssen den Preis weiterge-ben, der ihnen von Importeuren und Raffinerien offeriert wird. Und ihre Marge ist immer gleich hoch. Es sind die Warenbörsen, welche die Preisen machen.» Stimmen Sie zu?

Knobel: Es stimmt, dass im Frühjahr 2022, nach dem Beginn des Ukrainekonflikts, die Einkaufs-preise enorm schnell um 30 Rappen und dann sogar bis zu 50 Rap-pen kletterten. Und dann müssen auch wir Tankstellenbetreiber rauf. Das war ein Moment, in dem die Industrie nicht viel verdiente und die Leute emotional waren.

Aber gerade diese Aussage zeigt: In der Regel argumentiert Avenergy meines Erachtens im Interesse der grösseren Firmen.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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