Kryptowährungen im KMU: Zukunft des Bezahlens oder überschätzter Hype?
Kryptowährungen spielen im Alltag von Zürcher KMU bislang kaum eine Rolle. Trotz wachsendem Interesse ist der praktische Einsatz bislang selten.
23. Juni 2025 Anna Birkenmeier
Dario Lichtensteiger, Fahrlehrer in der Zürcher Fahrschule Drive Lab, hatte Bitcoin in seinem Unternehmen eingeführt. Das Interesse war allerdings Null.
Könnten Kryptowährungen wie Bitcoin künftig zum Alltag in kleinen und mittleren Unternehmen gehören – so selbstverständlich wie Kartenzahlung oder Twint? Die theoretischen Vorteile sind überzeugend: Transaktionen ohne Banken, tiefere Gebühren, höhere Datensicherheit. Doch in der Praxis tun sich viele KMU schwer. Die Zürcher Wirtschaft hat nachgefragt – und zeigt, weshalb Zürich (noch) weit von einer KryptoRealität entfernt ist. Und warum der Kanton Zug hier eine ganz andere Geschichte schreibt.
Potenzial, aber kaum Interesse
Bitcoin kam 2009 als erste Kryptowährung auf den Markt und kostete damals unter einem Franken (aktuell 85’800 Franken). Seither hat sich einiges getan: Die Kryptowährung ist heute in aller Munde, wird von internationalen Konzernen, Tech-Enthusiasten und Investoren als digitale
Alternative zum traditionellen Finanzsystem gefeiert. «Bitcoin-Zahlungen kommen ohne zentrale Gegenpartei aus – Käufer und Verkäufer können direkt miteinander abrechnen», erklärt Fabian Schär, Professor für Finanzmarktinfrastruktur an der Universität Basel. «Das ist eine fundamentale Innovation.» Trotzdem bremst er die Euphorie: Als Zahlungsmittel werde sich der Bitcoin wohl eher nicht etablieren. Vielmehr spiele er als Wertaufbewahrungsmittel eine Rolle.
Neugier ja – Umsetzung nein
Dass Theorie und Praxis auseinanderklaffen, zeigt sich in einer Umfrage mit Zürcher KMU. Dario Lichtensteiger, Fahrlehrer in der Zürcher Fahrschule Drive Lab, hatte Bitcoin in seinem Unternehmen eingeführt – mit Schnittstelle, Wallet und allem, was dazugehört. Doch der Erfolg blieb aus: «Die tatsächliche Nachfrage war null», sagt er nüchtern. Dabei ist er privat überzeugter Krypto-Nutzer. «Wir haben viele IT-Experten als Kunden – die sagen aber selbst: Bitcoin ist nicht zum Zahlen da.» Seine Bilanz fällt pragmatisch aus: «Peer-to-PeerZahlungen wären vielleicht dann spannend, wenn man dabei die 1,5 Prozent Spesen von Kartenzahlungen sparen könnte – das ist aber bis heute nicht der Fall.»
Gastro/Handwerk: Kein Bedarf
Auch in der Zürcher Gastronomie und im Handwerk überwiegt Zurückhaltung. Dave, Geschäftsführer des «Grain Bar & Restaurant», bot Bitcoin-Zahlungen testweise an – und stellte sie bald wieder ein. «Die Nachfrage war schlicht zu gering.» Ähnlich klingt es bei Lorenz Hahne vom Schreinerei-Betrieb Luhawood: «Wir planen keine Einführung von Bitcoin – wir halten das für unsicher und unkonstant.» Für Kaspar Jucker, Geschäftsleitungsmitglied der Stiftung Netzwerk, die unter anderem den Gastrobetrieb «Viadukt» betreibt, passt das Zahlungsmittel grundsätzlich nicht zum KMU-Alltag. «Kryptowährungen sind unkontrolliert und für kleine Unternehmen schlicht unnötig.»
«Peer-to-Peer-Zahlungen wären
Dario Lichtensteiger
vielleicht dann spannend, wenn man
dabei die 1,5 Prozent Spesen von
Kartenzahlungen sparen könnte.»
Zug als Gegenbeispiel
Ganz anders zeigt sich die Lage im Kanton Zug. Seit über zehn Jahren baut der Kanton gezielt das sogenannte «Crypto Valley» auf – ein internationales Zentrum für Blockchain-Technologien. Hier kann man vielerorts mit Bitcoin zahlen, selbst die Steuerverwaltung akzeptiert digitale Währungen. Die Stadt Zug bietet eine eigene Crypto-Tour, zahlreiche Start-ups arbeiten an der Weiterentwicklung dezentraler Anwendungen. Doch auch hier gilt: Viele Unternehmen bieten Bitcoin nur ergänzend an – als Innovationssignal, weniger aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit.
Fehlende Praxistauglichkeit
Die Vorteile digitaler Währungen sind unbestritten – zumindest auf dem Papier. Direkte Zahlungen ohne Zwischeninstanz, geringe Spesen, globale Übertragbarkeit. Doch gerade für KMU zählen Alltagstauglichkeit, Stabilität und Nachfrage – und die sind bei Bitcoin & Co. (noch) nicht gegeben. Der Krypto-Einsatz im Geschäftsalltag bleibt daher wohl eher ein Nischenthema. Und solange die technischen und regulatorischen Hürden bestehen, dürfte sich daran kaum etwas ändern. Ob Bitcoin jemals so selbstverständlich wie EC- oder Twint-Zahlung wird, bleibt daher offen. In Zürich sehen viele KMU derzeit keine Notwendigkeit, das Bezahlsystem umzukrempeln – zu unbeständig, zu wenig gefragt.
Anna Birkenmeier
Redaktion Zürcher Wirtschaft
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