Einzelunternehmen, GmbH oder AG?
Die Wahl der passenden Rechtsform ist eine der wichtigsten Entscheidungen bei der Firmengründung oder bei Veränderungen im Geschäftsverlauf. Sie beeinflusst Haftung, Steuern, Kapitalbedarf und den Schutz des Privatvermögens.
26. Juni 2025 Gerold Brütsch-Prévôt
Rechnen lohnt sich: Die Rechtsform beeinflusst nicht nur die Steuerlast.
An erster Stelle steht die Geschäftsidee, mit der man möglichst erfolgreich einen Markt erobern oder die Welt verändern will. Nach der ersten Euphorie muss man sich dann aber schnell einmal um das Administrative kümmern und in erster Linie auch um die Rechtsform der Firma, die gegründet werden soll.
«Die Wahl der Rechtsform ist eine strategische Grundsatzentscheidung bei der Unternehmensgründung. Sie beeinflusst unter anderem die Haftung, den Kapitalbedarf, die steuerliche Belastung, die soziale Absicherung und das Image des Unternehmens», sagt Boris Blaser, Partner der B&B Concept AG und Experte für Unternehmensgründungen. Grundsätzlich sei die Frage zu stellen, wie hoch das persönliche Risiko tatsächlich sei und in welchem Mass der Schutz des eigenen Privatvermögens gewichtet werde. Zudem gelte es abzuschätzen, welche Start- und Betriebskosten tragbar seien, ohne die finanzielle Stabilität zu gefährden. Auch die Arbeitsweise spiele eine zentrale Rolle: Wird das Projekt alleine gestemmt oder gemeinsam mit Partnern umgesetzt? Und nicht zuletzt spiele auch die Überlegung eine wichtige Rolle, wie wichtig eine klare Trennung zwischen dem privaten und dem geschäftlichen Bereich sei.
Einfach starten mit Einzelfirma
Wer eine Beratungsfirma gründet und dafür ein Büro mit Sitzungszimmer mietet, geht ein überschaubares Risiko ein und startet unkompliziert mit einer Einzelfirma. Die Gründung ist formlos möglich, bis 100000 Franken Umsatz braucht es nicht einmal einen Handelsregistereintrag. Der Gewinn wird direkt mit dem privaten Einkommen versteuert – was einfach ist, aber bei steigendem Erfolg auch teuer werden kann: Wer hohe Gewinne erzielt, rutscht in den Spitzensteuersatz. Zudem haftet die Inhaberin oder der Inhaber mit dem gesamten Privatvermögen. Ebenfalls ist zu beachten, dass beim Gewinn des Einzelunternehmens nicht nur die Steuern zum Zuge kommen, sondern auch die AHV. Diese wird auch von dieser Grundlage abgerechnet und hat keine Deckelung nach oben.
Deshalb ist in risikobehafteten Branchen wie Bau, Handwerk, Transport oder im Medizin- und Gesundheitsbereich die GmbH oder AG häufig die bessere Wahl – allein schon wegen der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen. Auch in kapitalintensiven oder technologiegetriebenen Branchen wie beispielsweise Softwareentwicklung, Biotech oder Industrieproduktion sind GmbH oder AG oft geeigneter, weil sie professioneller wirken und für Investitionen von aussen, also Fremdkapitalgeber und Investoren, überhaupt die Möglichkeit bieten, Geld anzulegen.
GmbH und AG
«Für handwerkliche Betriebe ist die GmbH empfehlenswert. Sie schützt das Privatvermögen und wirkt professioneller gegenüber Kunden und Partnern», sagt Boris Blaser. Auch Dienstleistungsunternehmen empfiehlt er bei wachsender Grösse und steigendem Personalbedarf den Wechsel zur GmbH. Suchten Startups früh externes Kapital oder planten sie rasches Wachstum, seien eine AG oder in eher seltenen Fällen die GmbH mit Beteiligungsoptionen sinnvoll. Spätestens wenn die Umsätze steigen und die Gewinne grösser werden, muss überprüft werden, mit welcher Rechtsform Steuern gespart werden können. Diese Schwelle variiert je nach Kanton, Gemeinde und privater Steuersituation, liegt aber ungefähr bei einem Jahresgewinn von 100 000 bis 120 000 Franken. Ab diesem Bereich kann die Kombination aus Unternehmenssteuer und tieferem privatem Einkommensteuersatz bei GmbH oder AG steuerlich günstiger sein. Die Möglichkeit, Gewinne im Unternehmen zu belassen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Vorteilhaft ist dabei die Trennung von Betriebs- und Privatvermögen: Die Haftung ist auf das Stammkapital beschränkt. Auch der Lohn, den sich Geschäftsführende auszahlen, ist als Aufwand abziehbar – was auch wieder Spielraum für Steuergestaltung gibt.
«Für handwerkliche Betriebe ist
Boris Blaser, B&B Concept AG, Experte für Unternehmensgründungen
die GmbH empfehlenswert.
Sie schützt das Privatvermögen
und wirkt professioneller gegenüber Kunden und Partnern.»
Die Aktiengesellschaft eignet sich für Betriebe mit grösserem Kapitalbedarf oder mehreren Teilhabern. Sie wirkt professionell und erleichtert Beteiligungen und Nachfolgelösungen. Steuerlich gelten ähnliche Regeln wie bei der GmbH. Die Mindestkapitaleinlage beträgt allerdings 100000 Franken, davon müssen mindestens 50000 einbezahlt werden. Für viele Gewerbler ist die AG erst bei weiterem Wachstum oder geplanter Expansion ein Thema.
Steuern sind nicht alles
Die Wahl der Rechtsform beeinflusst nicht nur die Steuerlast, sondern auch die soziale Absicherung, die Buchführungspflichten, das Image bei Kunden und Banken sowie die Nachfolgeregelung. Deshalb lohnt sich eine ganzheitliche Betrachtung – insbesondere, wenn sich Umsatz und Gewinn deutlich entwickeln. Wer frühzeitig plant, kann nicht nur Steuern sparen, sondern auch das Fundament für nachhaltigen Erfolg legen. Wer die passende Rechtsform wählt, spart nicht nur Steuern, sondern schafft auch stabile Strukturen für die Zukunft seines Betriebs. Ein frühzeitiger Wechsel kann sich lohnen – steuerlich, rechtlich und strategisch.
Oft übersehen: Bereits bei der Firmengründung – aber auch im späteren Geschäftsverlauf mit seinen wechselnden Marktbedingungen und Risiken – sollte das mögliche Ende des Unternehmens mitgedacht und eine Exitstrategie definiert werden. Im Zentrum stehen dabei die Existenzsicherung der Inhaber und insbesondere das Wohlergehen der Mitarbeitenden im Fall eines Verkaufs oder Konkurses.
Mit dem Privatvermögen haften
Als Einzelunternehmerin trägt man das volle Geschäftsrisiko. Bei ausbleibendem Umsatz haftet man unbeschränkt mit dem Privatvermögen. Zudem ist der Bezug von Arbeitslosengeld im Fall einer Geschäftsaufgabe nicht möglich, da man als Selbständiger nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlt. «Auch bei Inhabern oder Eigentümern von GmbHs oder AGs wird in den meisten Fällen bei Aufgabe der Tätigkeit keine Arbeitslosenversicherung ausbezahlt», sagt Boris Blaser. Das umfasse alle Personen, die einen beträchtlichen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens ausgeübt hätten; sie hätten grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung.
Unabhängig von der Rechtsform der Firma sind die Mitarbeitenden bei einem Konkurs der Firma versichert. Pflicht ist die Anmeldung bei den Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV und FAK), ebenso wie der Abschluss einer Unfallversicherung gemäss Unfallversicherungsgesetz (UVG). Verdient eine angestellte Person mehr als die gesetzliche Mindestgrenze, ist zudem die berufliche Vorsorge (BVG) erforderlich. Die Krankentaggeldversicherung ist im Gegensatz zu den anderen Versicherungen nicht obligatorisch.
Die Wahl der Rechtsform hat also weitreichende Auswirkungen auf Haftung, Steuern und soziale Absicherung. Wer Risiken und Chancen realistisch einschätzt, schafft eine solide Basis für den langfristigen Unternehmenserfolg.
Gerold Brütsch-Prévôt
Redaktioneller Mitarbeiter Zürcher Wirtschaft
Ihre Meinung ist uns wichtig
Das Thema ist wichtig.
Der Artikel ist informativ.
Der Artikel ist ausgewogen.