«E-Lastwagen sind noch kein Thema»
Ein Forschungsprojekt der HSLU geht in den nächsten zwei Jahren der Frage nach, wie die Elektrifizierung auf städtischen Baustellen vorangetrieben werden kann. Der Baumeisterverband Zürich/Schaffhausen und seine Mitglieder sind skeptisch: zu wenig Strom vor Ort, zu wenige grosse Maschinen im Umlauf, so der Tenor.
24. Januar 2025 Mark Gasser
Hybridwalzen der Firma Hagedorn im Einsatz.
Hybridwalzen der Firma Hagedorn im Einsatz.
Bereits vor vier Jahren hat der damals frisch gewählte grüne Regierungsrat Martin Neukom voller Tatendrang eine Arbeitsgruppe gegründet, um zu klären: Wie steht es mit der Elektrifizierung in der Baulandschaft Zürich? Neukom hätte möglichst bald gern alle Baustellen elektrifiziert, und bei einem Pilot hätte dann der Kanton die Stromkosten übernehmen wollen. Unter anderem war der Schweizerische Baumaschinenhändlerverband dabei. Und in einem ersten Schritt führte der Baumeisterverband Zürich/Schaffhausen eine Befragung unter seinen Mitgliedern durch. Resultat: Die lauten, grossen Maschinen werden elektrisch noch nicht als Alternative produziert, geschweige denn genutzt. Aus diesem Grund steckten grosse Produzenten wie Caterpillar oder Volvo zwar viel in die Forschung – aber nur da, wo es auch gefragt ist. «Und E-Baumaschinen sind fast nirgends gefragt – ausser in Skandinavien», sagt Gerhard Meyer, Geschäftsführer des Baumeisterverbands.
Gerade bei schweren Maschinen, die «mehr können müssen als nur rollen», werden noch wenige elektrische Alternativen angeboten. Ausserdem sind sie oft rund doppelt so teuer wie übliche Geräte. Ausnahme sind Krane, die ohnehin mit Strom betrieben sind. Der zweite kritische Punkt war für den Baumeisterverband und dessen Mitglieder die Akkulaufzeit respektive die Stromversorgung. Innert zwei Stunden unter Hochbetrieb sei jeweils der Akku leer. «Ideal wäre, wenn Batterien die Kapazität hätten, den ganzen Tag zu laufen, um sie nachts zu laden.»
In der Arbeitsgruppe des Kantons wurden solche Fragen zwar diskutiert. Ein Projekt entstand daraus aber nie. Als Vorbedingung hatte der Baumeisterverband gefordert, dass für Unternehmen Anreize geschaffen statt Strafen angedroht werden müssten. Spätestens während der drohenden Strommangellage Ende 2023 sei die Diskussion über E-Baustellen eingeschlafen. Da kamen zahllose Notstromaggregate ins Spiel. «So war das ganze Thema Strom auf Baustellen plötzlich recht volatil.» Die AG wurde seither nicht wiederbelebt.
Nachhaltigkeit als Kriterium
Auf dem Bau spüre man zwar, dass in den Zuschlagskriterien die Nachhaltigkeit vermehrt Gewicht erhalte. Aber wegen einer Ausschreibung würde keiner eine neue Maschine mit einer Lebensdauer von 15 Jahren zukaufen. Und wegen eines grünen Baudirektors schon gar nicht den Fuhrpark erneuern. Schliesslich fehlten bei E-Maschinen auch noch die Erfahrungswerte. Viele Baufirmen statteten ihre Flotte dafür vermehrt mit E-Personenfahrzeugen aus. «Das ist die realistischere Variante und gibt auch Punkte», so Meyer. Sein Fazit: «Von der Umsetzung voll elektrischer Baustellen sind wir weit weg.»
Submissionen sind immer ein Sammelsurium an Richtlinien. Für Unternehmer ist daher die Frage zentral, wie hoch die Ökologie im Vergleich zum Preis gewichtet wird. Und es gebe einige Beispiele «oberökologischer Baustellen» des Kantons, wo realitätsfremd übers Ziel hinausgeschossen werde. Für den Rückbau der alten Autobahnbrücke über die Thur bei Kleinandelfingen habe der Kanton nur drei Offerten eingeholt. Viele seien ausgeschlossen worden. «Unheimliche Vorbedingungen» hätten einige Unternehmen mit Schadenersatzklagen drohen lassen. Nun steht die Brücke immer noch.
Beim letzten Hybrid-Bagger, den wir getestet haben, haben wir aber keinen signifikanten Minderverbrauch feststellen können – daher ist er nicht im Einsatz.
Roman Kohler, Geschäftsführer Hagedorn AG
Manchmal greifen sogar Regulatorien, welche die Energiebilanz unnötig verschlechterten. Ein Beispiel: Im Kanton Zürich wird verlangt, dass der Aushub mit der Bahn abtransportiert und in Hüntwangen im Rafzerfeld deponiert werden muss, sobald er mehr als 20000 m3 umfasst. Denn Sammelstellen für die Bahn gibt es im Kanton Zürich nur in Hüntwangen. «Ein Schildbürgerstreich», findet Meyer.
«Auch wir sind schon weiter gefahren zum nächsten Bahnverlad als zur nächsten Deponie», sagt Roman Kohler, Geschäftsführer der Tiefbaufirma Hagedorn mit Sitz in Pfäffikon (SZ) und einem Standort in Meilen.
Kohler kennt die Herausforderungen der Branche – diverse E-Maschinen wurden in seiner Firma bereits getestet, wenige für gut befunden. Auch wenn seine Bauführerfahrzeuge mittlerweile elektrisch betrieben werden, hat die Hagedorn AG beispielsweise noch keine E-Lastwagen im Einsatz – im Gegensatz zu vereinzelten Exemplaren bei Firmen wie Kibag, Eberhard oder auch den SBB. «Für uns sind E-Lastwagen in der Generation noch kein Thema.» Er nennt vor allem die fehlende Reichweite von nur bis zu 300 km als Problem.
Hybridwalzen statt Elektro
Sein Unternehmen hat dafür unter anderem Walzen mit Hybridmotor im Einsatz. «Nicht nur aus Nachhaltigkeit, sondern vor allem, weil wir massiv Diesel einsparen können», sagt Kohler. Die Maschinen seien zwar teurer, «aber das dürfte sich über die Lebensdauer der Walzen für uns auszahlen oder mindestens kostendeckend sein.» Walzen seien aber auch prädestiniert für Hybridmotoren: Entweder sie beschleunigten oder bremsten. Die Bremsenergie werde durch Rekuperation wieder genutzt. So könnten rund 20 Prozent Diesel eingespart werden.
Die Firma testet regelmässig solche Maschinen. «Beim letzten Hybrid-Bagger, den wir getestet haben, haben wir aber keinen signifikanten Minderverbrauch feststellen können – daher ist er nicht im Einsatz.» Bagger seien nicht für den Elektrobetrieb geeignet, mit Ausnahme der «ganz kleinen anderthalb-Tonnen-Baggerli», so Kohler. Allgemein sei der Tiefbau nicht geeignet für den Elektrobereich, da die Baustellen oft in Bewegung oder nur über kurze Zeit in Betrieb seien.
Im Strassenbau sehe man daher fast keine elektrischen Maschinen. «Und wenn, dann nur, um Punkte zu holen bei der Submission», so Kohler. Als Folge der hohen Nachhaltigkeitsstandards kam es etwa in einer Zürcher Stadt vor, dass E-Bagger auf einer Baustelle platziert wurden, die dann gar nicht zum Einsatz gekamen. Wegen der beschränkten Batteriekapazität müssten Bagger ans Stromnetz angehängt werden können, was gerade im Tiefbau kaum möglich ist. Aber er ist zuversichtlich und glaubt, auch dieses Problem der Energieversorgung der Baustellen werde man irgendwann lösen.
Mark Gasser
Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft
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