Die berühmte KMU-DNA
Der Fokus dieser Ausgabe der «Zürcher Wirtschaft» liegt auf Büro/Baustelle und damit auf den Kontrasten in der Arbeitswelt. Der Kontrast liegt auf der Hand, der Unterschied zwischen Büro und Baustelle ist jedem klar. Es gibt aber versteckte Unterschiede, die sich nicht sofort zeigen. Vor Jahren (tönt irgendwie besser als «früher») war es immer ein guter Rat an die Jugendlichen, sich doch einen Job im Büro zu suchen. «Mit einem KV-Abschluss machst du sicher nichts falsch, da stehen dir dann alle Türen offen», war ein gut gemeinter und auch guter Rat der Eltern an ihren Nachwuchs. Weitere Vorzüge: keine schmutzigen Hände, Arbeitsplatz gut geheizt, Kaffeemaschine immer bereit. Der Kontrast zur Baustelle ist klar erkennbar. Künstliche Intelligenz (KI) macht aber Angst, dass vor allem Büroberufe durch schlaue Maschinen ersetzt werden könnten. Diese Veränderungen dürften auf dem Bau nur begrenzt Auswirkungen haben, weil Handwerk, also «mit den Händen werken», nicht so einfach durch Computer oder Maschinen ersetzt werden kann. Wobei ich das eigentlich auch über unseren Bauernstand (siehe Seite 5) dachte …
Der Mensch!
Es gibt also definitiv weiterhin Dinge, die der Mensch besser kann. Dazu gehört, in einer neuen und schwierigen Situation richtig zu reagieren und dabei vorhandene Werkzeuge auch kreativ einzusetzen. Betonung auf «neu», denn eine KI kann immer nur reproduzieren, was schon einmal da war. Je mehr Daten verfügbar sind, desto eher hatte auf dieser Welt schon einmal jemand das genau gleiche Problem. Das nehmen wir als Denkanstoss gerne an. Aber WIR entscheiden schlussendlich vor Ort, was wir tatsächlich umsetzen. Deshalb mein Titel: Die berühmte KMU-DNA! Diese DNA, die nie durch KI ersetzt werden kann, bewirkt, dass wir gerne Verantwortung übernehmen, Lösungen erfinden, neue Geschäftsfelder erschliessen. Chefin oder Chef sein heisst in einem KMU, Lust an dem zu haben, was man macht. Dann arbeiten wir halt mal ein bisschen länger oder auch mal am Sonntag, verdienen mal ein bisschen weniger, machen aber immer das, was in unseren Geschäften nötig ist. Und das machen wir gerne, weil es Sinn macht und wir ein Ziel verfolgen!
Nach den Babyboomern
Bei den schon vielfach zitierten Generationen nach uns Babyboomern stelle ich deshalb erfreut fest, dass die Suche nach einer sinnvollen Aufgabe einen immer grösseren Stellenwert hat. Denn nur eine Arbeit, die passt und wirklich fordert, wird auf Dauer gerne gemacht. Je mehr die Arbeit befriedigt, desto weniger wird die berühmte Work-Life-Balance nur als Gegensatz Arbeit-Freizeit verstanden. Wir können das in unseren kleinen und flexiblen KMU bieten, wir können junge Menschen binden, wenn wir ihnen eine sinnstiftende Arbeit anbieten und Verantwortung übergeben (siehe dazu auch Seite 21). Das ist ein sehr guter Weg, wie wir unsere KMU-DNA in den Betrieben wachsen lassen können und sich so vielleicht auch das eine oder andere Nachfolgeproblem ganz einfach lösen lässt.
Werner Scherrer
Präsident KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich KGV
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