«Der Berufsbildungsfonds ist die Vorsorge der Berufslehre»

Lehrbetriebe sind während der Ausbildung mit verschiedenen Aufwänden konfrontiert. Der Berufsbildungsfonds Zürich leistet finanzielle Unterstützung und sorgt für Entlastung. Warum der Fonds auch eine Vorsorge ist, verrät Präsident Theo Meier im Interview.

Bild MBA

Theo Meier verantwortet als Präsident der Berufsbildungskommission den Berufsbildungsfonds.

Wieso wurde der Berufsbildungsfonds ins Leben gerufen?

Theo Meier: Im Rahmen einer Volksabstimmung vom 28. September 2008 wurde der Einrichtung eines Berufsbildungsfonds im Kanton Zürich deutlich zugestimmt. Ziel des Fonds ist es, die Zürcher Berufsbildung zu stärken und Lehrbetriebe zu entlasten.

Was sind konkret die Aufgaben des Fonds?

Meier: Der Berufsbildungsfonds beteiligt sich an den Kosten der überbetrieblichen Kurse (üK), Qualifikationsverfahren und Kurse für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner aller Lehrbetriebe. Diese Unterstützung entlastet die Betriebe finanziell, damit die Ausbildung von Lernenden attraktiv bleibt. Haben Unternehmen, Verbände, Organisationen der Arbeitswelt oder die öffentliche Verwaltung innovative Projektideen, die das duale Bildungssystem zusätzlich voranbringen, so leistet der Fonds nach Möglichkeit auch hier seinen Beitrag.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Meier: Lernende besuchen neben dem Lehrbetrieb und der Berufsfachschule auch regelmässig üK. In diesen Kursen erwerben Lernende praxisnah zusätzliche Fähigkeiten, im Bereich KV wären dies beispielsweise Kundenkommunikation, Rechnungswesen oder Projektarbeit. Die Organisation dieser üK verursacht Kosten, sei es für Raummiete, Kursleiter-Honorare, Material oder Infrastruktur. Diese Kosten tragen zu einem grossen Teil die Lehrbetriebe. Hier unterstützt der Berufsbildungsfonds. Er übernimmt pauschal rund 20 Prozent der Vollkosten der üK. Weitere 20 Prozent finanziert der Bund. Dadurch muss der Lehrbetrieb nur noch die verbleibenden 60 Prozent bezahlen.

Bild SwissSkills

Ein Anliegen des Berufsbildungsfonds und des Mittelschul- und Berufsbildungsamts: ein Lehrstellenangebot für die Zukunft gestalten.

Wie wird der Fonds finanziert?

Meier: Die Finanzierung des Berufsbildungsfonds funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip. Betriebe, die keine Lernenden ausbilden, zahlen in den Fonds ein. Ausschlaggebend ist die Lohnsumme der Mitarbeitenden, wovon ein Promill (0,1%) einzuzahlen ist. So ist beispielsweise bei einer Lohnsumme von 5 Mio. Franken jährlich ein Betrag von 5000 Franken fällig. Betriebe, die ausbilden, sind von diesem Beitrag befreit. Sie tragen durch die Ausbildung von Lernenden bereits ihren Teil zur Berufsbildung bei. Auch wenn die Lohnsumme unter 250 000 Franken pro Jahr liegt oder ein Betrieb einem branchenbezogenen Berufsbildungsfonds angeschlossen ist, wird kein Beitrag erhoben. Dank dem Solidaritätsprinzip steht unsere Zürcher Berufsbildung finanziell auf soliden Beinen.

Lehrbetriebe müssen selbstständig wirtschaften. Weshalb gibt es die Unterstützung durch den Fonds?

Meier: Die betriebliche Organisation und die Geschäftstätigkeit ist und bleibt Sache der Betriebe. Primär möchte der Fonds, wo nötig und sinnvoll, unterstützen, damit die Berufsbildung erfolgreich bleibt. Der Fonds sorgt dafür, dass die Kosten fairer zwischen ausbildenden und nicht-ausbildenden Betrieben verteilt werden, die Ausbildung wirtschaftlich tragbar bleibt und dass die Anzahl Lehrstellen und damit die Zahl der Fachkräfte auch künftig hoch ausfällt. Am Ende profitieren alle von der Berufsbildung. Zum Beispiel dann, wenn Lernende nach der Ausbildung in ein anderes Unternehmen wechseln, das keine Lernenden ausbildet. Lehrbetriebe dagegen sind mit Fixkosten für üK, Prüfungen oder Ausbildendenkurse konfrontiert. Diese würden das Budget ohne Beteilung des Fonds stärker belasten.

Der Fonds sorgt dafür, dass die Kosten fairer zwischen ausbildenden und nicht-ausbildenden Betrieben verteilt werden und die Zahl der Fachkräfte auch künftig hoch ausfällt.

Theo Meier, Präsident Berufsbildungskommission Kanton Zürich

Geht es der Berufsbildung so schlecht, dass es den Berufsbildungsfonds braucht?

Meier: Nein, die Zürcher Berufsbildung ist gut aufgestellt. Der Berufsbildungsfonds ist keineswegs als «Rettungsschirm» gedacht, vielmehr möchte er das vielfältige Lehrstellenangebot und die Lehrbetriebe stärken. Der Fonds ist somit eine Vorsorge- und Stärkungsmassnahme, damit das System zukunftsfähig bleibt. Denn gerade mit Blick in die Zukunft – Stichworte Fachkräftebedarf, Digitalisierung und gesellschaftlicher Wandel – ist der Fonds von grosser Bedeutung. Laut Prognosen wächst die Bevölkerung und damit die Anzahl Lernende im Kanton Zürich in den nächsten Jahren stark an. Es ist deshalb wichtig, Lehrstellen zu schaffen und bestehende Ausbildungsplätze zu erhalten. Die Berufsbildung muss sich laufend weiterentwickeln können, weshalb der Fonds entsprechende Mittel zur Verfügung stellt, um Projekte, Pilotvorhaben und Innovationen zu finanzieren. Die duale Ausbildung ist zwar ein Erfolgsmodell, aber es braucht auch genügend Ressourcen für Massnahmen, die den Stellenwert der Lehre weiterhin sichtbar machen und junge Menschen motivieren, eine Berufslehre zu wählen.

Wo braucht es am meisten Unterstützung?

Meier: Für alle Lehrbetriebe ist mit einer Beteiligung durch den Berufsbildungsfonds an den Grundkosten – üK, Qualifikationsverfahren und Berufsbildendenkurse – am meisten geholfen. Der Fonds unterstützt dabei, dass sich Angebot und Nachfrage von und nach Lehrstellen die Waage halten. Er fördert die Ausbildungsbereitschaft und hilft, die Qualität der Berufslehre zu sichern.

Was ist die Rolle des Fonds? Und diejenige der Betriebe?

Meier: Der Berufsbildungsfonds setzt sich für faire und tragfähige Rahmenbedingungen ein, während die Lehrbetriebe die Ausbildung sicherstellen. Es ist eine Partnerschaft. Das heisst, der Fonds unterstützt, fördert, ermöglicht und stärkt, aber er ersetzt die betriebliche Verantwortung nicht. Die Unternehmen selbst bieten die Lehrstellen an, bilden Lernende aus und stellen die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner. Sie sind das Herzstück der Berufsbildung, ohne sie gäbe es keine Lehren und keinen Berufsnachwuchs.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei den Betrieben für ihr Engagement und ihre Ausbildungsbereitschaft bedanken.

Die Betriebe und ihre Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sind das Herzstück der Berufsbildung, ohne sie gäbe es keine Lehren und keinen Berufsnachwuchs.

Theo Meier, Präsident Berufsbildungskommission Kanton Zürich

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