Betriebliche Mobilität neu denken

Das flexible Mobilitätsbudget gibt den Mitarbeitenden die Freiheit, ihr Fortbewegungsmittel individuell zu wählen, und könnte eine Alternative zum klassischen Firmenwagen sein.

Bild stock.adobe.com/Zoran Zeremski

Mit dem Mobilitätsbudget können Mitarbeitende ihr Verkehrsmittel selber wählen.

Ein Statussymbol wird langsam, aber sicher abgeschafft – der persönliche Firmenwagen, dessen Grösse und Anzahl PS mit der Stufe der Karriereleiter korrespondiert. Dazu auch der eigene Parkplatz in der Tiefgarage. Oder der CEO im Dienstwagen, der sich von Termin zu Termin fahren lässt wie eine Bundesrätin oder ein Bundesrat.

Alles verstaubt und Schnee von gestern! Der moderne, dynamische und auf Nachhaltigkeit getrimmte Geschäftsführer fährt mit dem eigenen Auto zum nächstgelegenen Bahnhof, dann mit der Bahn in die Nähe des Meetings. Dort steigt er auf den E-Scooter um, um rasch zum Besprechungsort zu kommen. Wenn es regnet, gönnt er sich ein Taxi. Die berufliche Mobilität verändert sich aber nicht nur für die Teppichetage, sondern für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen oder an der Werkbank stehen und regelmässig für die Firma unterwegs sind. Gerade in einer Zeit, in der Flexibilität, Nachhaltigkeit und Kostenbewusstsein an Bedeutung gewinnen, lohnt sich für viele Gewerbebetriebe und KMU ein neuer Blick auf die betriebliche Mobilität.

Flexibilität als Alternative

KMU, die ihren Mitarbeitenden heute den klassischen Firmenwagen zur Verfügung stellen, können als Alternative dazu die Gegenrechnung mit einem sogenannten Mobilitätsbudget machen. Dabei erhalten Mitarbeitende einen fixen Betrag pro Monat, den sie individuell für ihre geschäftlichen Fahrten einsetzen können – unabhängig vom Verkehrsmittel und natürlich in eigener Verantwortung am effizientesten. Für öffentliche Verkehrsmittel, Mitfahrdienste, die Nutzung von E-Bikes, Carsharing, E-Scooter, die Unterhaltskosten des eigenen Autos und die Parkgebühren, Carsharing, Uber oder Taxi. Oder, bei international tätigen Firmen, auch mal für einen Flug. Die Mitarbeitenden haben also die freie Wahl, welches Verkehrsmittel zur jeweiligen Situation passt, und die Freiheit, situativ zu entscheiden.

Digitale Lösungen

Im Markt sind zahlreiche technische und digitale Lösungen verfügbar, um ein Mobilitätsbudget effizient und nutzerfreundlich umzusetzen. Dazu zählen virtuelle oder physische Zahlungskarten, die ausschliesslich für bestimmte Mobilitätsdienstleistungen freigeschaltet sind – etwa für ÖV-Abos, Carsharing, Uber, Taxi, E-Scooter oder Veloverleihsysteme. Diese Karten lassen sich oftmals individuell konfigurieren und an die Richtlinien des Unternehmens anpassen. Besonders im Trend liegen digitale Plattformen oder Apps, die multimodale Mobilität fördern. Sie ermöglichen es, unterschiedliche Verkehrsmittel wie Bahn, Bus, Velo, Sharing-Dienste oder auch Taxis in einer einzigen Anwendung zu kombinieren, zu buchen und direkt über das Mobilitätsbudget zu bezahlen. Solche Lösungen verfügen für Unternehmen auch über Reporting-Funktionen, um Ausgaben und Nutzungsmuster transparent zu analysieren.

Bei der Zuteilung und Festlegung eines Mobilitätsbudgets an Mitarbeitende gibt es grundsätzlich zwei Ansätze. Der erste ist die pauschale Lösung: Alle Mitarbeitenden – oder zumindest alle, die Anspruch auf ein Mobilitätsbudget haben – erhalten den gleichen Betrag pro Monat. Ein solches fixes Monatsbudget ist einfach zu administrieren, sorgt für Transparenz und Gleichbehandlung und lässt sich problemlos in bestehende Systeme integrieren.

Verschiedene Zuteilungskriterien

Der zweite Ansatz ist die individuelle Zuteilung: Die Höhe des Budgets richtet sich hier nach spezifischen Kriterien, etwa der beruflichen Funktion, dem tatsächlichen Mobilitätsbedarf oder weiteren individuellen Faktoren. Dazu zählen zum Beispiel die Reisetätigkeit innerhalb der Arbeitszeit, die Hierarchiestufe, die zeitliche und örtliche Flexibilität, Schicht- oder Nachtarbeit sowie der Anteil an Homeoffice im Verhältnis zur Präsenzzeit. Diese differenzierte Variante erlaubt eine bedarfsgerechtere und zielgerichtetere Unterstützung – ist allerdings auch komplexer in der Planung und Umsetzung. Unternehmen müssen dafür klare Kriterien und Prozesse definieren, um Fairness und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen. In der Praxis wird oft ein Mix aus beiden Ansätzen gewählt: ein Grundbetrag für alle, ergänzt durch individuelle Zuschläge je nach Tätigkeit oder Bedarf.

Mehrwert für Mitarbeitende

Beruflich mit dem Auto in den Städten unterwegs zu sein, ist für viele eher Last als Lust: Stau und immer weniger Parkplätze zermürben. Und die Stadtregierungen sorgen auch in Zukunft mit neuen Regulierungen und verkehrsberuhigenden Massnahmen dafür, dass der Frust und der Zeitverlust der Autofahrenden eher zunehmen werden. So kann ein Mobilitätsbudget auch aus dieser Perspektive einen echten Mehrwert bieten. Wer flexibel auf nervenschonendere, schnellere oder sogar klimafreundlichere Alternativen umsteigen kann, gewinnt Lebensqualität, Zeit und Freiheit zurück. Unternehmen, die solche Lösungen fördern, positionieren sich zudem als fortschrittliche Arbeitgeber, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden ernst nehmen und neue Wege der Mobilität aktiv mitgestalten.

Gerold Brütsch-Prévôt

Redaktioneller Mitarbeiter Zürcher Wirtschaft

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