Berufsmesse Zürich: Sprungbrett in die Berufswahl

Die Berufsmesse Zürich zog wieder Zehntausende Jugendliche, Eltern und Lehrpersonen an. An der Eröffnung war von der Vorbildfunktion von Lehrbetrieben, aber auch vom Kampf um Aufmerksamkeit die Rede. Coop-CEO Philipp Wyss sprach über vielfältige Karrieremöglichkeiten im Detailhandel. Und der beste Gipser der Welt wurde geehrt.

Bild MCH Group

Selber Hand anlegen steht bei der Berufsmesse jeweils ganz zuoberst.

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Selber Hand anlegen steht bei der Berufsmesse jeweils ganz zuoberst.

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Selber Hand anlegen steht bei der Berufsmesse jeweils ganz zuoberst.

Bild Mark Gasser

Selber Hand anlegen steht bei der Berufsmesse jeweils ganz zuoberst.

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Selber Hand anlegen steht bei der Berufsmesse jeweils ganz zuoberst. Hier zeigt eine Schreinerin, wie Intarsien gefertigt werden.

Die Berufsmesse Zürich hat ihren festen Platz in der Agenda der Zürcher Sekundarschulen und Lehrstellenanbieter. Sie ist schweizweit die grösste Plattform für Nachwuchsmarketing. KGV-Geschäftsführer Thomas Hess begrüsste an der Eröffnung der Berufsmesse am 19. November rund 100 Gäste aus Berufsbildung, Branchenverbänden. Künstliche Intelligenz, das Makrothema der diesjährigen Messe, werde nicht mehr von der Bildfläche verschwinden, meinte Hess. Die Angst, dass KI Jobs wegrationalisiert, sei real, gerade bei Routinearbeiten. Doch Berufe in vielen KMU, in denen Handwerk, Kreativität, Flexibilität und praktische Erfahrung gefragt seien, würden nicht so schnell ersetzt. Ein Praktiker könne nicht durch KI ersetzt werden. Und die Berufsprofis würden von den vielen Ausbildungsbetrieben, Berufsverbänden und Berufsfachschulen ausgebildet. So dankte er seitens des KGV allen, die sich Tag für Tag für den Berufsnachwuchs einsetzten. Und die Berufsmesse Zürich, die grösste Berufsschau der Schweiz, sei ein wichtiger Mosaikstein im Berufswahlprozess der Zürcher Sekundarschüler.

Und in der Tat: 110 engagierte Aussteller brachten mit Herzblut und Expertise die Berufswelt an die Ausstellung. Was die Messe speziell macht, ist die Interaktivität, die direkte Begegnung mit den Berufen, die Möglichkeit, auszuprobieren. Hier erlebten die Jugendlichen hautnah, was sie in der Berufswelt erwartet. «Ein echtes Sprungbrett in die Berufswahl und in den Start ins Erwachsenenleben. »

Grussworte von der Bildungsdirektorin

Die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner meinte, es gebe keinen besseren Ort als die Berufsmesse Zürich, um den Puls der Berufsausbildung zu spüren. Wer einen passenden Berufsweg finden wolle, müsse auch einen passenden Betrieb finden – und umgekehrt. Mit dem Projekt Zukunft.Zürich unterstütze das Mittelschul- und Berufsbildungsamt die Betriebe dabei, die passenden Lernenden zu finden. Das Projekt sei ein wichtiger Pfeiler der mittel- und langfristigen Planung auf dieser Schulstufe, da in den nächsten 10 Jahren rund 10 000 neue Ausbildungsplätze geschaffen werden müssten. «Darauf müssen wir uns vorbereiten.» Der Kanton Zürich beteilige sich auch finanziell an Ausbildungsplätzen.

Die wichtigsten Partner seien aber die Zürcher Lehrbetriebe und Branchenverbände. Das zeigten sie täglich mit ihrem starken Engagement für die Lernenden. «Sie sagen sich: Jugendliche sind das grösste Kapital, das ein Unternehmen haben kann», so Steiner. Die Ausbildung von Fachkräften stärke die Betriebe, aber auch die jeweilige Branche.

Coop: Lernenden-Verkaufsstellen

Philipp Wyss, seit 2021 CEO der Coop-Gruppe, gab als Gastreferent Einblick in seinen «Laden», sprich: Coop als Ausbildungsstätte. «Vom Lehrling zum CEO – mit dem dualen Ausbildungssystem ist alles möglich»: – Das Motto seines Referats passte zu seiner eigenen Biografie. Wyss selber startete seine Berufskarriere mit einer kaufmännischen Ausbildung und liess eine Metzgerlehre folgen. Für ihn ist eine Lehre «der Anfang des Lebens, der Anfang von etwas Grossem».

Wenn er Junge frage, was ihnen wichtig sei, sagten viele (nebst dem Lohn): «Dass Sie mir eine Zukunft bieten.» Der Detailhandel sei – auch dank dem dualen Bildungssystem – dafür geeignet, später in unterschiedlichsten Positionen und Funktionen Verantwortung zu übernehmen. So verwundere es nicht, dass bei Coop 70% der Lernenden nach der Lehre weiterbeschäftigt und dass 75 Prozent der Kaderstellen intern besetzt würden.

Es brauche aber auch Innovationen als Anreiz für Lernende. So würden in allen Regionen nach einem Pilot Schritt für Schritt neu Lernenden-Verkaufsstellen angeboten, deren Rayonleiter jeweils monatlich wechsle. «Sie sind wirklich verantwortlich bis zur Kassenabrechnung.» So kämen 2044 der knapp 2800 Lernenden in diesen zum Einsatz. Vermehrt würden in Läden selber, also quasi an der Verkaufsfront, auch Bäckerinnen und Konditoren ausgebildet.

Erlebniswelten für Elektroberufe

Dass einzelne Branchen und Betriebe um den Berufsnachwuchs – und somit um dessen Aufmerksamkeit – kämpfen müssen, zeigte die aufwendige Gestaltung der Elektroberufe EIT.zürich. Deren Stand machte die Lehrberufe in der Elektrobranche auf interaktive Weise erlebbar. Jeremie Levy, Mediamatiker und Gründer der Baker Street GmbH, präsentierte die Entstehung und Konzipierung des Stands «Neue Erlebniswelten für die Zürcher Elektrobranche». So nahmen sich die Profis von der digitalen Kreativagentur als Leitgedanken die «DNA der Lehrberufe» zu Herzen, etwa: Wie bringt ein Gebäudeinformatiker ein Gebäude zum Leben?

Zuerst das Herz, dann der Kopf. Die Kerntätigkeit eines Berufes sollte digital oder manuell in Erlebnisse übersetzt werden nach dem Motto: Erlebe es und entscheide, ob es dir liegt. Der Netzelektriker findet sich via VR-Brille im Sommer an einer Tramhalte-stelle wieder, um eine Wartung zu erleben. Die Gebäudeinformatik wird über eine 3D-Achterbahnfahrt durch den Beruf simuliert. An einer Station werden in einer Montagewerkstatt Kabel für den Heimgebrauch zusammengesetzt. Eine weitere Erlebniswelt, der E-Scape-Room (Elektroinstallateur/-in), stellt den Jugendlichen interaktiv Aufgaben, um die Energiekrise in 120 Sekunden abzuwenden. Ähnlich setzten auch andere Aussteller auf Digitaltechnik, um im Kampf um Aufmerksamkeit und im Strom der Messebesucher nicht unterzugehen.

Berufsweltmeister Michael Ryter (Gipser-Trockenbauer) aus Grüt wurde an der Eröffnung ferner von KGV-Präsident Werner Scherrer als Botschafter seines Berufs und des dualen Berufsbildungssystems vorgestellt. Er habe sich rund drei Monate, meist nach der Arbeit oder an Wochenenden, auf die WorldSkills vorbereitet, schilderte Ryter. Er habe im Gegensatz zu asiatischen, jahrelang gedrillten Hoffnungsträgern weniger Druck verspürt, abzuliefern, sondern einfach mit Stolz seinen Berufs ausgeübt, erzählte Ryter authentisch. Sein Motto: «Aus Freude die Schweiz vertreten». Die regelmässigen Spitzenränge an Berufsmeisterschaften trotz dieser kurzen Vorbereitungszeit seien der Beweis dafür, «dass wir die Besten sind», meinte Scherrer abschliessend.

Die Fiddle Jammers, junge Musikerinnen und Musiker aus Winterthur, eröffneten und schlossen den Anlass ab mit einigen Volksmusikstücken aus Rumänien, Bulgarien und Mazedonienn sowie einer Eigenkomposition.

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Coop-CEO Philipp Wyss an der Eröffnung.

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KGV-Präsident Werner Scherrer mit dem Zürcher Berufsweltmeister Michael Ryter.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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