Arbeitsrecht: Sozialpläne

Die wirtschaftliche Situation hat sich spürbar verschlechtert und die Medien berichten vermehrt von Massenentlassungen. Die einzige positive Nachricht ist dabei häufig, dass für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Sozialplan zur Anwendung komme. Was sind Sozialpläne genau, und wie kommen sie zustande?

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Folgen von Kündigungen können durch Sozialpläne gemildert werden.

Sozialpläne sind Regelungen zur Abfederung von zumeist grösseren Entlassungen. Je nach Situation kann es sich um einen vom Arbeitgeber verhandelten Sozialplan oder aber um einen freiwilligen, vom Arbeitgeber einseitig erlassenen Sozialplan handeln.

Nach der gesetzlichen Definition soll ein Sozialplan Massnahmen festlegen, mit denen Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert werden.

Sozialplanpflicht

In gewissen Situationen sieht das Obligationenrecht (OR) eine Pflicht des Arbeitgebers vor, einen Sozialplan zu verhandeln. Diese gesetzliche Sozialplanpflicht trifft nur grössere Betriebe. Namentlich besteht eine solche Pflicht nur für einen Arbeitgeber, welcher in einem Betrieb mit mindestens 250 Arbeitnehmern innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus Gründen kündigt, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut hilft eine Staffelung der Kündigungen über einen Zeitraum von mehr als 30 Tagen dem Arbeitgeber nicht, die Sozialplanpflicht zu vermeiden, da bezüglich der Schwellenwerte alle Kündigungen zusammenzurechnen sind, welche auf einem betrieblichen Entscheid des Arbeitgebers beruhen. Weitergehende Pflichten zur Erstellung eines Sozialplans können sich allenfalls aus einem anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ergeben.

Mit wem der Arbeitgeber diesfalls einen Sozialplan verhandeln muss, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Verhandlungspartner des Arbeitgebers sind die an einem GAV beteiligten Arbeitnehmerverbände, sofern der Arbeitgeber Partei des GAV ist, oder aber die innerbetriebliche Arbeitnehmervertretung. Fehlt eine solche ordnungsgemäss gewählte Arbeitnehmervertretung, so sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt Verhandlungspartner (was die Verhandlungen in der Praxis erheblich erschwert).

Der genaue Inhalt eines Sozialplanes ist für den Fall der Sozialplanpflicht nicht vorgeschrieben. Wie erwähnt, soll ein Sozialplan Massnahmen festlegen, mit denen Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert werden. Dabei geht es aber nicht nur um finanzielle Leistungen. Häufig sind die folgenden Inhalte in einem Sozialplan abgebildet:

• Hilfe bei der Stellensuche: Hier kann es sich um interne Hilfestellungen handeln oder auch um die Finanzierungen von externen Outplacement-Dienstleistungen. Nicht ganz selten sind auch Kostenbeteiligungen des Arbeitgebers an Umschulungen oder Weiterbildungen der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
• Abgangsentschädigungen: In fast allen Sozialplänen sind finanzielle Abfindungen bzw.
Abgangsentschädigungen vorgesehen. Diese sind häufig nach Dienstjahren und/oder Lebensalter abgestuft, teilweise mit komplexen Berechnungsmethoden. Gewisse Sozialpläne sehen sodann Zuschläge vor für Mitarbeitende mit minderjährigen Kindern oder kurz vor der Pensionierung.
• Veränderung von Kündigungsfristen: Anstelle von oder zusätzlich zu Abgangsentschädigungen wird etwa auch eine längere Kündigungsfrist als vertraglich vereinbart vorgesehen. Teilweise wird dies kombiniert mit einem Recht des Mitarbeitenden, das Arbeitsverhältnis mittels einseitiger Mitteilung an den Arbeitgeber jederzeit vorzeitig zu beendigen.
• Vorzeitige Pensionierung: Seitens der Mitarbeitenden bzw. Arbeitnehmervertretung wird in der Regel auch der Wunsch bzw. die Forderung aufgeworfen, dass der Arbeitgeber die Kosten einer Frühpensionierung bezahlen müsse. Je nach deren Ausgestaltung können derartige Frühpensionierungen für den Arbeitgeber sehr teuer sein.
• Fonds für Härtefälle: Manchmal wird in einem Sozialplan auch ein Fonds für besondere Härtefälle geschaffen. Aus diesem können zusätzliche Mittel für spezielle Situationen gesprochen werden, z.B. wenn zwei Ehepartner oder ein alleinerziehender Elternteil von einer Kündigung betroffen sind.

Einseitig erlassene Sozialpläne

Auch wenn ein Sozialplan in einer bestimmten Situation nicht vorgeschrieben ist, so erlassen Arbeitgeber bei grösseren Restrukturierungen doch häufig auf freiwilliger Basis einen einseitigen Sozialplan. Wenn keine Pflicht zur Verhandlung eines Sozialplans besteht, so ist der Arbeitgeber dabei in der Ausgestaltung des Inhalts frei. Solche einseitig erlassenen Sozialpläne decken inhaltlich grundsätzlich die gleichen Bereiche ab wie ein verhandelter Sozialplan.

Fazit

Sozialpläne – seien sie vereinbart oder einseitig erlassen – sind sehr sorgfältig auszuformulieren, um unliebsame finanzielle Überraschungen für den Arbeitgeber zu vermeiden.

Wichtig ist, dass der Sozialplan vorsehen kann, dass der Arbeitgeber die darin vorgesehenen Leistungen nur erbringt, wenn der Mitarbeitende im Gegenzug eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet. Diese wird in der Regel neben dem Verzicht des Mitarbeitenden auf weitere Forderungen auch vorsehen, dass sich das Arbeitsverhältnis im Krankheitsfall des Mitarbeitenden nicht verlängert. Diese Abrede ist dann zulässig und durchsetzbar, wenn die Aufhebungsvereinbarung angesichts der Sozialplanleistungen des Arbeitgebers insgesamt einen «echten Vergleich» zwischen den Interessen der beiden Parteien darstellt.

Christian Gersbach

Fachanwalt SAV Arbeitsrecht und arbeitet bei der Kanzlei CMS von Erlach Partners AG. Er berät Arbeitgeber in allen Belangen des Arbeitsrechts.

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