Gewerbepräsidentinnen und -präsidenten zu Gast im boomenden Flughafen
Rund 100 Gäste hörten am 30. September an der KGV-Präsidentenkonferenz am Flughafen Zürich einige eindrückliche Zahlen: CEO Lukas Brosi erklärte, warum der eben erreichte Gästerekord sich nicht in mehr Flügen niederschlägt, warum Triebwerke ein grosses Problem sind und wie abhängig der Export vom Flughafen ist.
31. Oktober 2025 Mark Gasser
CEO Lukas Brosi stellte die Herausforderungen des Flughafens vor: Technik (Triebwerke), Arbeitskräftemangel, Geo- und Regionalpolitik.
Nach der Präsidentenkonferenz wurde beim Apéro angeregt diskutiert.
Lukas Brosi, CEO des Flughafens Zürich, begrüsste die rund 100-köpfige KGV-Präsidentenkonferenz mit ganz grossen Neuigkeiten: Eben hatte am Sonntag zuvor der Flughafen das Allzeithoch bei den Fluggästen an einem Tag übertroffen. Mit 117 000 Gästen toppte die Zahl den bisherigen Rekord – notabene noch vor den Zürcher Herbstferien. Das mag auf den ersten Blick erstaunen: Zu Zeiten der «Swissair» erreicht in der Statistik der Flugbewegungen die Kurve ihren Peak. Die Flugbewegungen stagnieren praktisch seit fast 25 Jahren. Das hat vor allem einen Grund: «Die Flugzeuge werden immer grösser und haben mehr Sitzplätze.» Sie würden gleichzeitig effizienter punkto Treibstoff und Lärm.
Das Wachstum der Passagierzahlen – mit Ausnahme des Corona-Knicks 2020 bis 2022 – zeige: «Der Drang und die Nachfrage nach Mobilität korreliert stark mit dem Wirtschaftswachstum und dem Bevölkerungswachstum.» 35 Prozent aller Gäste, die in der Schweiz beherbergt werden, kommen auf dem Luftweg.
Wirtschaftliche Bedeutung
Damit leitete Brosi auch zur wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens über. Zunächst einmal stellte er – entgegen der gängigen Meinung – klar, dass der Flughafen nicht ein «hoch subventioniertes Staatsunternehmen» sei. Zwar habe der Flughafen vom Bund eine Konzession bis 2051, doch halte nur der Kanton Zürich als grösste Aktionärin einen Drittel und die Stadt Zürich 5 Prozent der Aktien. «Die Aktienmehrheit ist sehr breit diversifiziert und an der Börse kotiert», so Brosi. 2024 erzielte der Flughafen 1,33 Milliarden Franken Umsatz und 327 Millionen Franken Gewinn. Doch das Geld wird wieder ausgegeben: Rund eine Million Franken pro Tag fliessen täglich in den Unterhalt und die Weiterentwicklung des Flughafens. «Die Luftfahrt und der Flughafen sind die einzige Verkehrsinfrastruktur, die nur nutzerfinanziert wird – ganz ohne Subventionen.» Heisst: Im Unterschied zur Strasse und zur Schiene zahlt nur, wer die Infrastruktur auch nutzt.
Seit der Privatisierung vor 25 Jahren habe der Flughafen dem Staat auch 1,5 Milliarden Franken an Steuern und Dividenden zurückgezahlt – vor allem also dem Kanton Zürich mit 884 Millionen Franken. Rund 300 Firmen tragen wesentlich dazu bei, dass der Betrieb sichergestellt ist. Diese stellen insgesamt ca. 35 000 Arbeitsplätze.
Die Langstreckenflüge mit Feriengästen sind nicht nur wichtig, damit wir in die Ferien können, sondern auch für die Frachtkapazität.
Lukcas Brosi, CEO Flughafen Zürich
Der Flughafen umfasst vier Geschäftsfelder: Den Flugbetrieb, die kommerziellen Zentren (zu denen zuletzt der Circle hinzugekommen ist), die Immobilien und nicht zuletzt die Flughafenentwicklung in Wachstumsländern: Zur Diversifikationsstrategie gehören auch der Unterhalt und die Entwicklung von zehn Flughäfen im Ausland.
Viel Fracht in Passagierflügen
Aus Gewerbesicht interessierten die Zahlen zur Luftfracht: Die 1200 Tonnen Fracht, die täglich die Schweiz verlassen, machen wertmässig einen Anteil von über 40 Prozent aller Exporte aus.
82 Prozent dieser Exporte gehen wertmässig nach Asien und in die USA. Dabei sei noch schwer absehbar, wie stark die US-Zollpolitik dies aus Sicht des Flughafens ändern wird. 99 Prozent der Fracht verlässt als «Belly Freight» im Bauch von Passagierflugzeugen den Flughafen. «Wir haben etwa einen Vollfrachter pro Tag – das ist sehr wenig. Umgekehrt heisst das auch: Die Langstreckenflüge mit Feriengästen sind nicht nur wichtig, damit wir in die Ferien können, sondern auch für die Frachtkapazität.»
Je nach Möglichkeit würden Aufträge auch an regionale Unternehmen vergeben, 2024 waren es 83 Prozent des Auftragsvolumens. Der Flughafen müsse sich aber den Richtlinien des öffentlichen Beschaffungswesens fügen. Brosi sieht das als Nachteil – auch fürs regionale Gewerbe. «Wir haben viele grosse Bauten mit oft dreistelligen Millionenbeträgen zu vergeben. Das alles muss unter grosser Komplexität immer unter laufendem Betrieb gebaut werden.» Die Kombination von grossen Bauvolumen und grosser Komplexität könnten in der Schweiz nur noch wenige Firmen bewältigen. Statt den Wettbewerb zu fördern, erhalte man so nur noch eine bis zwei, maximal drei Offerten.
Triebwerke, Personal, Politik Viele Passagiere, viel Umsatz – also alles gut am Flughafen? Brosi beantwortete die rhetorische Frage gleich selber: So spitze sich die Situation rund um die Triebwerke, die nur noch von zwei grossen Herstellern produziert und gewartet würden, zu. «Während die Nachfrage wächst, gibt es ein Problem beim Angebot.» Wegen Triebwerksteilen mit gefälschten Legierungen müssten die Triebwerke früher in die Wartung als vorgesehen. «Und weil es weltweit nur noch zwei Hersteller gibt und die Triebwerke schneller ersetzt werden müssen, braucht es drei bis vier Jahre, um die Wartungen zu vollziehen.» Das sei der Hauptgrund, warum etwa 15 Prozent der Lufthansa-Maschinen am Boden blieben. So fliegt etwa Air Baltic Kapazitäten, welche die Swiss nicht erfüllen kann.
Die Flugzeuge werden immer grösser und haben mehr Sitzplätze.
Lukcas Brosi, CEO Flughafen Zürich
Weiter beschäftigt ihn der Arbeiskräftemangel: Um den 24-Stunden-Betrieb aufrechtzu-erhalten, brauche es Mitarbeiter, die bei 40 Grad oder bei Minustemperaturen ihren Job auf dem Rollfeld erfüllten, doch sinke die Bereitschaft, körperliche harte Schicht-, Wochenend-, Pikett- und Nachtarbeit zu leisten, dramatisch. Dem versuche man mit Technologie und attraktiven Arbeitsmodellen zu begegnen.
Der Flughafen investiere sehr viel Geld in die Dekarbonisierung der Infrastruktur. Hinzu komme der zunehmende Ersatz fossiler Energieträger. Synthetische Treibstoffe würden dafür favorisiert, weil sich über den normalen Betankungsprozess die Maschinen und Infrastruktur nutzen liessen. «Das ist der Plan A, und es gibt noch keinen Plan B», so Brosi. Die grosse Frage bleibt: Ist die synthetische Treibstoffproduktion in den benötigten Mengen skalierbar?
Politische Entwicklungen
Zu den politischen Herausforderungen gehöre, den Auftrag gemäss Konzession des Bundes zu erfüllen – also die Bedürfnisse des Marktes abzudecken – sowie die Schutzbedürfnisse der Bevölkerung (Lärm, Verspätungen in Nachtstunden), und die Siedlungsentwicklung zu berücksichtigen: Der Zürcher Fluglärmindex steige jedes Jahr an – nicht, weil mehr geflogen werde, sondern weil immer mehr Menschen dem Lärm gerade in den anliegenden Wachstumsgemeinden (Kloten, Oberglatt, Opfikon, Rümlang, Winkel) ausgesetzt seien. Zur Komplexität des Flugbetriebs trügen auch das Pistensystem und das im internationalen Vergleich sehr enge Korsett bei den Betriebszeiten bei.
Er sieht einen Widerspruch zwischen dem Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung und dem Korsett durch die Politik, die das Fliegen und den Flughafen immer stärker einschränken wolle. Bei wichtigen Abstimmungen gehe es deshalb darum, den «Fanclub» des Flughafens zu mobilisieren. Aktuell plädierte er für ein Nein zur Nachtruheinitiative, wenn diese an die Urne kommt.
Mark Gasser
Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft
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KGV-Parolen und Förderverein
KGV-Geschäftsführer Thomas Hess informierte kurz über die Parolen, die der KGV-Vorstand gefasst hatte. Weiter stellte er den dieses Jahr vom KGV ins Leben gerufenen «Förderverein für eine starke Zürcher KMU-Wirtschaft» vor. «Wer dem Förderverein beitritt, der stärkt die KMU-Interessen auf finanzielle Art», so Hess. Das könne sich etwa in der Unterstützung von Sonderanliegen des KGV ausdrücken, oder in der Finanzierung einer Studie. Zudem werde man zweimal jährlich an einen exklusiven Anlass eingeladen. Am nächsten Anlass vom 12. November wird der stv. Chefredaktor der NZZ, Barnaby Skinner, zu Qualitätsjournalismus, KI und Fake News referieren.
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