Verkehrsfluss und der Ruf nach dem Sozialstaat bei Wohnen und Prämien
Die Rubrik «Kantonsrats-Ecke» kommentiert die Arbeit des kantonalen Parlaments im vergangenen Quartal. Der Fokus liegt auf Geschäften mit Relevanz fürs Gewerbe.
25. August 2025 Zürcher Wirtschaft
ÖV-Initiative: Der Verkehr auf Zürichs Strassen soll fliessen
Die kantonale «ÖV-Initiative», lanciert von der FDP und SVP, hat das Ziel, die Attraktivität und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs (ÖV) zu sichern, indem Verlangsamungen durch bauliche Massnahmen oder Verkehrsanordnungen wie Tempo 30 vermieden werden. Der Gegenvorschlag priorisiert jedoch Kompensationsmassnahmen für Verlustzeiten und überträgt Mehrkosten nur als letzte Option dem Verursacher.
Der Kantonsrat hat die ÖV-Initiative abgelehnt (99 zu 76 Stimmen) und gleichzeitig den Gegenvorschlag angenommen (113 zu 59 Stimmen). Daraufhin haben die Initianten aus FDP und SVP die Initiative zurückgezogen, da ihr Ziele zu weiten Teilen erreicht wurden. Der Gegenvorschlag tritt in Kraft, sofern kein Referendum dagegen ergriffen wird.
Für die Initiative waren: SVP, FDP
Für den Gegenvorschlag waren: SVP, FDP, Mitte, GLP, EVP
Meinung KGV: Der Verkehr im dicht besiedelten Kanton Zürich soll fliessen. Der KGV begrüsst alle Bemühungen, die dazu führen. Initiative und Gegenvorschlag zielen darauf ab, den öffentlichen Verkehr vor Verlangsamungen durch bauliche Massnahmen oder Verkehrsanordnungen zu schützen. Ein effizienter Verkehrsfluss ist entscheidend für Gewerbe, ÖV, Busse, Rettungsdienste und Autofahrende. Das Anliegen ist unterstützenswert.
Sozialistisches Wohn-Rezept abgelehnt
Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» will Gemeinden ein Vorkaufsrecht ermöglichen, um gemeinnützigen Wohnbau und Alterswohnungen zu fördern. Der Kantonsrat hat die Vorkaufsrecht-Initiative mit 94 zu 78 Stimmen abgelehnt und den Gegenvorschlag der Regierung angenommen. Der Gegenvorschlag sieht vor, den Kredit für Darlehen des gemeinnützigen Wohnungsbaus von heute 180 auf 360 Mio. Franken zu verdoppeln.
Für die Initiative waren: SP, Grüne, AL, EVP.
Dagegen waren: SVP, FDP, Mitte, GLP.
Meinung KGV: Das Vorkaufsrecht greift erheblich in die Wirtschaftsfreiheit und das Eigentumsrecht ein, auch bei KMU. Es löst das Grundproblem der geringen Bautätigkeit und des Wohnungsmangels nicht. Statt den Immobilienmarkt weiter zu regulieren, sollte er entbürokratisiert werden. Weniger Auflagen, schnellere Genehmigungsverfahren und ein flexibleres Arbeitsrecht würden die Bautätigkeit ankurbeln.
Prämienverbilligung: Noch mehr Giesskanne?
Der Kanton Zürich schüttet im Jahr 2025 für die Prämienverbilligung voraussichtlich über 1,3 Mrd. Franken aus. Eine Mehrheit des Kantonsrats (98 zu 76 Stimmen) will den Kantonsbeitrag an die individuelle Prämienverbilligung (IPV) von 80 auf 100 Prozent des Bundesanteils weiter erhöhen. Dies würde Mehrausgaben für den Kanton in der Höhe von rund 50 Mio. Franken bedeuten. SVP und FDP haben das Kantonsratsreferendum ergriffen. Das Zürcher Stimmvolk wird Ende 2025 über den Ausbau der Prämienverbilligung abstimmen können.
Für die Vorlage waren: SP, Grüne, AL, EVP, GLP, Die Mitte
Dagegen waren: SVP, FDP
Meinung KGV: Prämienverbilligungen sollen gemäss Gesetz Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen unterstützen.
In der Praxis wird dieser Grundsatz jedoch umgangen: Im Kanton Zürich hat ein Ehepaar mit drei Kindern selbst bei einem Einkommen von 180 000 Franken Anspruch auf Prämienverbilligungen, wenn kein nennenswertes Vermögen vorhanden ist. Diese Fehlentwicklung und die steigenden Ausgaben blockieren dringende Reformen im immer teureren Gesundheitswesen. Anstelle von Geldausgaben nach dem Giesskannenprinzip braucht es Reformen und Anreize zur Senkung der Gesundheitskosten.
Jürg Sulsers Präsidialjahr endet
Mit der Sitzung vom 5. Mai startete das neue Amtsjahr des Kantonsrats. Für KMU-Vertreter Jürg Sulser endete gleichzeitig das Jahr als «höchster Zürcher». Der KMU-Unternehmer, langjährige Obmann der Gewerbegruppe KR und KGV-Ausschussmitglied hat seine Karriere im Kantonsrat beendet.
Neuer Ratspräsident wurde Beat Habegger, FDP. Romaine Roggenmoser, SVP, wurde als 1. Vizepräsidentin, Monika Wicki, SP, als 2. Vizepräsidentin ins Stöckli gewählt.
Zürcher Wirtschaft
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