Eine Chance, die höhere Berufsbildung endlich aufzuwerten
Die duale Berufsbildung wird attraktiver, wenn perspektivenvolle Anschlusslösungen vorhanden sind. Mit dem Massnahmenpaket des Bundesrates, das im Ständerat in Beratung ist, wird die höhere Berufsbildung gestärkt.
21. August 2025 Dieter Kläy, Mark Gasser
Business Campus Limmattal: Der Berufsbildung bessere Chancen ermöglichen.
Attraktivität und Bekanntheit der höheren Berufsbildung müssen gesteigert werden. Dazu braucht es mehr Sichtbarkeit und ein höheres gesellschaftliches Ansehen. Ende April 2025 hat der Bundesrat die Botschaft zur Stärkung der höheren Berufsbildung ans Parlament überwiesen. Erstrat ist der Ständerat, dessen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur WBK-S im August das Geschäft berät. Die höhere Berufsbildung besteht aus den höheren Fachschulen sowie der Berufsprüfung und der höheren Fachprüfung. Das Massnahmenpaket des Bundes sieht verschiedene Neuerungen vor.
Professional Bachelor/Master
Kernstück der Vorlage sind die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master», welche die höhere Berufsbildung auf Tertiärstufe sichtbarer machen und ihr ein stärkeres gesellschaftliches Ansehen geben sollen. In den Amtssprachen dürfen die Titelzusätze nur zusammen mit den geschützten Titeln der entsprechenden Abschlüsse verwendet werden. In englischer Sprache sind die Titelzusätze als Teil der vereinfachten englischen Übersetzung des geschützten Titels erlaubt.
Künftig dürfen nur noch Anbieter eidgenössisch anerkannter Bildungsgänge die Bezeichnung «Höhere Fachschule» führen. Dieser Schritt soll die Sichtbarkeit dieser Bildungsinstitutionen und ihrer Bildungsgänge erhöhen.
Englisch als Prüfungssprache
Bei eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen soll Englisch neu als zusätzliche Prüfungssprache möglich werden, wie das bei anderen Tertiärabschlüssen bereits der Fall ist. Die Prüfungen müssen weiterhin auch in den Amtssprachen angeboten werden.
Nachdiplomstudien
Nachdiplomstudiengänge der höheren Fachschulen sollen kein Anerkennungsverfahren mehr durchlaufen müssen. Mit dieser Massnahme können die Lehrgänge sich flexibler und schneller an die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts anpassen.
Massnahmenpaket unterstützen
Die Zahl der Abschlüsse auf Tertiärstufe ist steigend, wobei die Hochschulabschlüsse stärker zunehmen als die Abschlüsse der höheren Berufsbildung. Diese Entwicklung birgt das Risiko, dass immer mehr an die Fachhochschulen abwandern und den Unternehmen zunehmend berufspraktisch ausgebildete Fachkräfte fehlen. Unternehmen brauchen aber dringend Fach- und Führungskräfte. Jedes Jahr stehen rund 15 000 KMU vor einem Generationen- bzw. einem Leitungswechsel. Damit die Nachfolgeregelung gelingt, benötigen die Unternehmen nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte in den einzelnen Branchen, sondern auch die passende Leitungskompetenz und Kenntnisse in Rechnungs- und Personalwesen, sowie auf anderen Managementgebieten.
Die Einführung der Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» für die Abschlüsse der höheren Berufsbildung erhöhen nicht nur die Sichtbarkeit der höheren Berufsbildung in der Schweiz, sondern zeugen von Werthaltung der Abschlüsse im Ausland. Das Massnahmenpaket verdient Unterstützung.
«Wir begrüssen die Ergänzung»
Peter Barmettler vom Business Campus Limmattal äussert sich im Nachgefragt zum Massnahmenpaket des Bundes.
Nachgefragt mit Peter Barmettler, Verwaltungsrat und Mitinhaber des Business Campus Limmattal im Startupspace Schlieren.
Warum ist es für Sie als Weiterbildungsschule wichtig, inskünftig die Titel «Professional Bachelor/Master» anbieten zu können?
Peter Barmettler: Die englischen Titel helfen, die höhere Berufsbildung national wie international verständlicher zu machen. Sie werten praxisorientierte Abschlüsse auf und machen sie im Wettbewerb um Fachkräfte sichtbarer. Für unsere Schule bedeutet das Rückenwind – bei der Positionierung. Aber letztlich geht es ja gar nicht um uns, sondern darum, den Absolventinnen und Absolventen der höheren Berufsbildung bessere Chancen zu ermöglichen.
Steht es denn um Ansehen der bisherigen Titel der höheren Berufsbildung so schlecht?
Barmettler: Die Titel wie «Dipl. Betriebswirtschafter/in HF» haben in der Schweiz Gewicht – im Ausland hingegen sind sie kaum verständlich. Deshalb begrüssen wir die Ergänzung durch international anschlussfähige Bezeichnungen – ohne den bewährten Praxisbezug zu verwässern.
Gemäss Massnahmenpaket des Bundes sollen nur noch Anbieter eidg. anerkannter Bildungsgänge die Bezeichnung «Höhere Fachschule» tragen. Wird es da eine Bereinigung geben?
Barmettler: Das ist möglich – und richtig. Die geschützte Bezeichnung stärkt die Glaubwürdigkeit und Differenzierung innerhalb des Bildungssystems. Wer sich Höhere Fachschule nennt, sollte auch eine eidgenössisch anerkannte Ausbildung anbieten. Das schafft Klarheit für Lernende und Arbeitgeber.
Würden die Titel die höhere Berufsbildung gegenüber den Hochschulabschlüssen aufwerten?
Barmettler: Ja – sie verbessern die Einordnung der Abschlüsse auf globaler Ebene und insbesondere für international tätige Unternehmen. Allerdings müssen wir darauf achten, dass die Begriffe nicht mit akademischen Graden verwechselt werden. Die Kommunikation muss präzise bleiben.
Dieter Kläy
Kantonsrat FDP, Ressortleiter Arbeitsmarkt beim sgv und Ausschussmitglied des KGV.
Mark Gasser
Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft
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