Wiedereingliederung nach Krankheit oder Unfall: Zurück an den Arbeitsplatz

Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach länger Krankheit ist nicht einfach. Unternehmen müssen diesen Prozess gut begleiten und auch für den Ausfall von Führungspersonen vorbereitet sein.

Bild Gerold Brütsch-Prévôt

Patrick Bösch: «Wertschätzung in jeder Situation ist das Wichtigste.»

Ein Gefühl, das viele Arbeitnehmenden ab und zu die Freude auf die neue Arbeitswoche nimmt: die Sonntagsangst oder der Sonntagsblues. Und das auch, obwohl man die Arbeit eigentlich liebt und auch mit den Kolleginnen und Kollegen ein gutes Auskommen hat. Die Sonntagsangst ist aber nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass jemand unglücklich am Arbeitsplatz ist. Ursachen dafür können übervolle To-do-Listen sein, hoher Leistungsdruck oder die Unsicherheit, was die neue Woche bringen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass es heute schwieriger ist als früher, wirklich abzuschalten. Wer schon am Sonntag Mails oder Chats checkt, verstärkt die innere Unruhe oft zusätzlich.

Angst vor der Rückkehr

Ungleich grösser ist die Angst und das Unbehagen, wenn man nach krankheitsbedingt von Wochen oder sogar Monaten wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren muss. «Werde ich wieder richtig ins Team finden?», «Erwartet man sofort die volle Leistung von mir?» oder «Bin ich den Aufgaben noch gewachsen?» Die Ungewissheit über Reaktionen von Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten kann zusätzlichen Druck erzeugen. Die Sorge, nicht mehr Schritt halten zu können oder sich rechtfertigen zu müssen, verstärkt die innere Anspannung. Ähnliche Fragen stellen sich auch Personen in einer Führungsposition oder sogar Inhabern und Inhaberinnen der Firma.

Weiterhin Teil des Teams

Die SVA rät, die Wiedereingliederung so zu unterstützen, dass betroffene Mitarbeitende sich getragen, ernst genommen und gebraucht fühlen. Nach einem Unfall oder einer Krankheit kann der Weg zurück an den Arbeitsplatz anspruchsvoll sein. Gerade Vorgesetzte und Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie gut dieser Prozess gelingt. Wer in dieser Phase präsent bleibt, Anteilnahme zeigt und den Kontakt aufrechterhält, gibt dem oder der Betroffenen das wichtige Gefühl, weiterhin Teil des Teams zu sein.

Wertschätzung ist wichtig

Patrick Bösch, Inhaber und Geschäftsführer der Bösch-Gärten AG in Neerach, weiss aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, wenn Mitarbeitende krankheitsbedingt ausfallen. Eine Führungskraft ist seit drei Monaten krankgeschrieben, ein anderer Bereichsleiter war unfallbedingt sogar acht Monate ausgefallen und danach krankheitsbedingt weitere acht.

«Wichtig ist, dass man sich um die abwesenden Mitarbeiter kümmert.»

Patrick Bösch, Inhaber Bösch-Gärten, Neerach

«Wichtig ist, dass man sich um die abwesenden Mitarbeiter kümmert», sagt er. Mal anrufen, auf Wunsch besuchen, einfach Interesse zeigen. Und auch, dass man an sie denkt. Für ihn habe das mit Wertschätzung zu tun und gegenseitiger Loyalität. Ausserdem können die abwesenden Mitarbeitenden im WhatsApp-Chat des Fachbereichs mitverfolgen, was im Betrieb und in den verschiedenen Projekten aktuell läuft.

Schrittweiser Wiedereinstieg

Intern müsse man dafür sorgen, dass unter den Mitarbeitenden keine negative Stimmung aufkomme. «Es ist klar, dass die erkrankte Person im Team fehlt und dieses deshalb einen besonderen Effort leisten muss», sagt Patrick Bösch. Das sei nicht selbstverständlich und verdiene entsprechende Anerkennung. Ein individueller Wiedereinstiegsplan ermögliche es, dass abwesende Mitarbeitende schrittweise in den Betrieb zurückkehren und das Team wieder unterstützen könnten. Der Umfang könne dabei langsam gesteigert und durch alternative Aufgaben ergänzt werden.

Und wenn der Chef ausfällt?

Was passiert aber, wenn der Chef, die Chefin oder der Inhaber wegen eines Verkehrsunfalls, eines Herzinfarkts oder eines Hirnschlags plötzlich für längere Zeit ausfällt oder sogar alle Verant-wortung aus der Hand geben muss? Viele Gewerbebetriebe und Kleinstunternehmer sind dafür meist nicht vorbereitet. Zur Grundausstattung eines KMU gehört zumindest ein «Notfallkoffer» mit allen relevanten Angaben, damit die Geschäftstätigkeit auch nach einem Ausfall gesichert ist. Dieser sollte mit Vollmachten, Vertretungsplan und einer Dokumentenmappe mit Bankverbindungen und Passwörtern gepackt sein.

Besonders wichtig ist, dass im Ernstfall sofort jemand das Ruder übernehmen kann – im Idealfall eine vorbereitete Stellvertretung aus dem eigenen Unternehmen. Ist eine solche interne Lösung nicht möglich oder nicht sinnvoll, kann ein externer Interimsmanager einspringen. Doch auch diese Option muss sorgfältig vorbereitet und rechtzeitig in die Notfallplanung integriert werden.

Notfallfallmanager auf Abruf

Ein externer Notfallmanager kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn er vorgängig ausgewählt wurde, seine Kontaktdaten griffbereit sind und er über die wesentlichen Grundlagen des Betriebs verfügt. Dazu gehört ein kompaktes Betriebsdossier, das Auskunft über das Geschäftsmodell, laufende Aufträge, die Mitarbeitendenstruktur und das Lohnsystem gibt. Ebenso wichtig sind aktuelle Informationen zu Kunden- und Lieferantenbeziehungen, zu IT-Zugängen, zu Kommunikationswegen sowie zu sicherheitsrelevanten Abläufen. Auch zentrale Fristen – etwa für Löhne, Steuern, Versicherungen oder Vertragsverlängerungen – müssen dokumentiert sein.

Gerold Brütsch-Prévôt

Redaktioneller Mitarbeiter Zürcher Wirtschaft

Ihre Meinung ist uns wichtig

Das Thema ist wichtig.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Der Artikel ist informativ.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down

Der Artikel ist ausgewogen.

icon_thumbs_up
icon_thumbs_down