Die Highlights der 17. Berufsmesse Zürich

Die Berufsmesse Zürich zog wieder eine Rekordzahl an Jugendlichen und Lehrpersonen an. Das zeigt: Der Hunger nach Tuchfühlung mit der Berufswelt ist ungebrochen gross.

Bild Mark Gasser

Experimentieren gehört bei der Berufsmesse Zürich dazu.

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Selbst gebaute Kässeli waren der Hit bei den Metallbauberufen.

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Bei den Puls-Berufen konnten die jungen Gäste auch selber «Hand anlegen» – buchstäblich.

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Experimentieren gehört bei der Berufsmesse Zürich dazu.

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Fotoshooting einmal anders.

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Selbst gebaute Kässeli waren der Hit bei den Metallbauberufen.

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Prominent vertreten waren auch die Hotel- und Gastroberufe.

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Prominent vertreten waren auch die Hotel- und Gastroberufe.

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Schmuggelware bei der Grenzwache.

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Digitaltechnologie ist auch beim Militär nicht mehr wegzudenken. Auch die Schweizer Armee war vor Ort.

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Auch Bildungsinstitutionen wie die ETH bilden selber Lehrlinge aus.

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Das spielerische Element gehört bei der Berufsmesse dazu.

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Bildungsdirektorin Silvia Steiner schwärmte am 22. November an der Eröffnung der 17. Berufsmesse Zürich von ihren ersten Eindrücken. Die Jugendlichen flanierten voller Energie und Tatendrang schon frühmorgens in ihren Klassen oder individuell zwischen den 105 Ausstellern und 240 Berufen – von A wie Augenoptiker bis Z wie Zahntechnikerin – umher. Darunter auch neue Berufe wie Gebäudeinformatiker oder Entwickler digitales Business. Messeleiterin Encarnacion Maria Dellai von der Messe Schweiz nannte die Berufsmesse «ein wichtiges Instrument im Kampf um die besten Talente, im Kampf gegen den Fachkräftemangel.»

So beeindruckend die Vielfalt ist, so schwierig sei es für die Jugendlichen, sich zu entscheiden. Die Wahl der Berufslehre sei allerdings erst ein Sprungbrett in die Arbeitswelt, den auch 80 Prozent der Jugendlichen beschritten. Ein Besuch der Berufsmesse könne bei den zentralen Berufswahlfragen Klärung verschaffen: Was will ich? Was kann ich?

Die Welt ändere sich rasant. «Wir bilden Leute in Berufen aus, die es vielleicht in Zukunft gar nicht mehr braucht, oder man braucht nicht dieselben Fähigkeiten», meinte Steiner. Die Ausbildung zur Selbständigkeit und die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen sei daher Aufgabe der Bildungsdirektion. Die «richtigen Werkzeuge» zu schaffen – etwa den prüfungsfreien Zugang zur Berufsmatur und zu höheren Fachschulen – bedeute auch, die Voraussetzungen zu schaffen, damit junge Berufsleute an ihrem Werdegang arbeiten könnten.

Denn höher qualifizierte Fachkräfte würden für die Wirtschaft immer wichtiger. Hier nahm Steiner als «Replik» auf ihren Nachredner, den Ökonomen und Glücksforscher Mathias Binswanger, Bezug: Seine provokative Frage, «machen wir aus potenziell guten Handwerkern mittelmässige Akademiker?» verneinte sie vehement. Die Gymi-Diskussion sei «völlig überhitzt». Wir hätten in der Deutschschweiz immer noch keine gymnasiale 20-Prozent-Quote erreicht.

Steiner und Binswanger zeigten aus unterschiedlicher Warte die Vorteile des dualen Berufsbildungssystems – und waren sich bei Tendenzen zur Akademisierung nicht einig. Mathias Binswanger zählte zunächst Branchen mit dem grössten Fachkräftemangel auf: Pflege, Gastgewerbe und Hotellerie, Detailhandel, Bau- und Informatikbranche. Im gleichen Zug geben die meisten KMU an, dass fachtechnische Kompetenzen fehlten – für 94 Prozent der KMU sind diese von Bedeutung. Gleichzeitig werde in der Schweiz bildungspolitisch vom Ausland übernommen, was sich dort schon nicht bewährt habe: Vor allem die Quoten bei der Berufsmaturität und die Fachmaturitäten nähmen zu, so dass schon 40 Prozent einen der Abschlüsse vorweisen können. Während die Akademisierung latent vorangetrieben werde, führe die Zunahme bei Mangelberufen wie Ingenieurstudiengängen nicht zu mehr Studierenden. «Dazu braucht es auch Fähigkeiten und Interesse.» Daher füllten ausländische Studierende diese Lücken. Oft bekämen die Hochschulen Geld – pro Studenten.

Es gelte vermehrt, aufzuzeigen, wie man mit einer Lehre Karriere machen könne – etwa in einer Kaderposition. Gerade neue Berufe in Zusammenhang mit Informatik, Digitalisierung oder im Care-Bereich lerne man häufig besser «on the job» als durchs Studium kennen.»

Zürcher SwissSkills-Cracks

KGV-Präsident Werner Scherrer freute sich über die Energie der jungen Menschen, die er auf den Gängen spüre und die wie ein Jungbrunnen wirke. Zwei von rund einem Dutzend anwesender junger Zürcher SwissSkills-Medaillengewinner fühlte Scherrer dann auf der Bühne auf den Zahn: Motorradmechaniker Andrin Meier (19) und Polymechaniker Thomas Mohr (18). Andrin, der noch «Benzin im Blut» habe, gerne Motorgeräusche höre und noch wenige Elektrotöffs zu reparieren hat, erzählte vom Einfluss seines Vaters und älteren Bruders auf seine Töffleidenschaft.

Den Polymechaniker mit Fachrichtung CNC-Fräsen Thomas Mohr fasziniert an seinem Beruf, «Werkstücke herzustellen, die etwa in Fahrzeugen Verwendung finden». Diese müssten oft auf den Tausendstel-Millimeter präzis gefräst sein – dank Maschinenhilfe und korrekter Programmierung. Viele Aufgaben, die er im Alltag lösen und Entscheidungen, die er treffen müsse, könne man nicht im Handbuch nachlesen. «Und nicht alles, was in der Theorie funktioniert, kann in der Realität so gelöst werden.» KGV-Präsident Scherrer deutete dies auch als Indiz, dass die Vollautomatisierung diesen Beruf kaum heimsuchen wird.

Die Berufsmesse sei da, um Jugendlichen Einblick und Durchblick «auf der riesigen Speisekarte von Ausbildungen» zu gewähren, meinte Thomas Hess, Geschäftsführer des KGV. Die Organisation der Berufsmesse ermöglichten starke Partner, darunter die Messe Schweiz, welche für die professionelle Organisation stehen. Auch treuen Sponsoren wie der Zürcher Kantonalbank, dem Berufsbildungsfonds des Kantons Zürich oder dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), dankte Hess. Aber auch den Berufsverbänden und Berufsschulen für ihr Engagement im Zeichen der Berufsbildung – und den KMU. Diese seien einerseits «Integrationsmotoren», müssten sich aber andererseits am Markt behaupten. «Bei ihnen geht es um qualifizierten Nachwuchs in der Unternehmung, aber auch darum, den Berufsnachwuchs in der Branche zu sichern.»

Interaktives Programm

Die Kurzvorträge zu Schnupperlehre, Karrierestart aus der Sek B/C und zu Themen rund um die Berufswahl waren sehr gut besucht. Auf grosses Interesse stiessen die neu konzipierten geführten Rundgänge für Eltern mit ihren Kindern am Mittwoch- und Samstagnachmittag. Hier wurde der Fokus auf praktische Lehrberufe mit eidgenössischem Berufsattest gelegt. Im Bewerbungscampus konnten Jugendliche ihre eigenen Bewerbungsunterlagen überprüfen lassen, ein professionelles Foto machen oder mit Experten ein Vorstellungsgespräch üben.

Während der Messewoche massen die talentierten Fachmänner/-frauen Gesundheit (FaGe) und Fachmänner/-frauen Betreuung (FaBe) aus dem Kanton Zürich und Schaffhausen ihr Können an nachgestellten Berufssituationen. Am Samstag wurden die drei besten FaGe gekürt, die den Kanton Zürich an der Schweizer Berufsmeisterschaft 2023 vertreten werden. Die drei besten FaBe qualifizieren sich für die Teilnahme an einem weiteren nationalen Wettbewerb im Folgejahr.

Auch das attraktive Rahmenprogramm sorgte für einen einzigartigen, lebendigen Einblick in die Berufswelt. Abgerundet wurde die Messewoche mit dem Elternanlass vom Samstag, wo Niklaus Schatz-
mann, Amtschef des kantonalen Mittelschul- und Berufsbildungsamts, die Vorzüge der Berufsausbildung und die Durchlässigkeit des Berufsbildungssystems in der Schweiz hervorhob. Jan Schibli, Inhaber der Schibli Gruppe, erzählte aus dem Berufsalltag eines Lehrlings in seinem Elektroinstallationsbetrieb und davon, was von Lernenden erwartet werde – wie sie sich aber auch menschlich in der Lehre entwickelten. Dabei spielten auch Werte wie Stolz für den Beruf, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Freundlichkeit und der Teamgedanke eine tragende Rolle.

Der stets ausgebuchte Stärkenworkshop zeigte auf, wie eben auch solche Werte und Soft Skills gerade für leistungsschwächere Schüler – etwa über eine EBA-Ausbildung – den Berufseinstieg ermöglichen.


Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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