Den Schatz im Dschungel finden

Der Dickicht an digitalen Lösungen für die Geschäftsadministration ist riesig. Doch wie findet man die Business Software, die zum eigenen Betrieb passt?

Die Wahl der Business Software wirkt sich im Alltag aus und prägt den Erfolg eines KMU über Jahre mit.

Rainer Erismann

Aufträge erfassen, Ausführung und Lieferung steuern, Zahlungseingänge und -ausgänge kontrollieren, die Warenbeschaffung im Auge behalten, die Kunden bei Laune halten und Löhne abrechnen. Zudem budgetieren und Finanzflüsse überwachen. Für all das gibt es hunderte von Softwarelösungen, Apps und Cloudangeboten die schnelle Hilfe versprechen. Doch wie findet man die Lösung, die zum eigenen Betrieb optimal passt?

Etwas Zeit für die Analyse und Überprüfung der administrativen Abläufe im eigenen Unternehmen ist erforderlich. Es braucht einen Moment der Reflexion, ob der aktuelle Stand der Abläufe befriedigt oder ob man inskünftig einzelne Prozesse besser gestalten möchte. Übrigens liefern die Mitarbeitenden, die täglich diese Aufgaben ausführen, oft wichtige Inputs für mögliche Verbesserungen und Vereinfachungen.

Der oberste Grundsatz zur Navigation im Softwaredschungel ist: Ein klar umrissenes Bild der häufigsten bzw. wichtigsten Abläufe zu haben und diese im Detail zu kennen. Es lohnt sich erwiesenermassen nicht, ein Arbeitswerkzeug für die Ausnahmen zu schaffen, dadurch aber die Alltagstätigkeiten zu behindern respektive schwieriger oder aufwändiger zu gestalten. Die schnelle und einfache Abwicklung der Aufträge, Material- und Arbeitsflüsse und deren korrekte Verbuchung sind für den optimalen Betrieb eines kostenbewussten KMU viel wichtiger. Deshalb: Lassen Sie sich nicht von schönen Gadgets verführen, behalten Sie das Wesentliche als Ziel. Doch wie findet man nun zu diesem Ziel? Folgende Überlegungen helfen, den Dschungel zu lichten und auf die produktiven Wege zu weisen.

1. Gesamtlösung oder Spezialanwendungen?

Die Praxis in Tausenden von Unternehmen zeigt: Eine bewährte durchgängige Standardlösung, die ohne Programmänderungen flexibel und einfach an betriebliche Anforderungen angepasst werden kann, ist die beste Lösung für ein KMU. Punkt. Sie wirkt optimal als erprobtes Gesamtinstrument, selbst wenn es für einzelne Tätigkeiten – isoliert betrachtet – schönere Applikationen gäbe.
Setzt man auf ein Sammelsurium verschiedener Administrationswerkzeuge, muss man sich mit unterschiedlichen Programmen mehrerer Hersteller herumschlagen. Es ist nicht einfach, die jeweils korrekten Schnittstellen zu finden und herzustellen. Hat man das Zusammenspiel der Anwendungen geschafft, wechselt bestimmt einer der Anbieter bald auf die nächste Version. Experimente mit häufigen Softwareablösungen und historisch gewachsenes Flickwerk sind zu vermeiden. Es resultiert ein ständiger Kampf mit der Datenintegrität. Bei einer langerprobten Komplettlösung ist diese Datenintegrität einfach selbstverständlich.

Um trotzdem flexibel individuelle Anforderungen abdecken zu können, sollten auch in einer Standardlösung die Eingabemasken pro Benutzergruppe einfach anpassbar sein und das Datenformat sowie dessen Umfang und Inhalt individualisiert werden können. Die Automatisierung wiederkehrender Abläufe muss möglich sein. Ebenfalls sollten «externe» Dokumente mit den programmierten Daten verbunden werden können. (Gespräche, Korrespondenz, Verträge, interne Notizen, Baupläne, Rezepturen, Seriennummern usw.)

2. Datenhoheit und Datenspeicherort?

Wo und wie die Geschäftsdaten Ihres Unternehmens gespeichert sind, ist weitgehendst eine Vertrauens- und Geschmacksache. Sie sollten sich dabei kurz überlegen, ob Sie entscheidendes Firmen-Know-How zur Ausführung in fremde Hände geben würden. Die Geschäftsdaten gehören dazu. Ein Softwareanbieter, der sowohl eine Cloud-Lösung wie auch eine herkömmliche stationäre Lösung bieten kann, hat sicher Vorteile. Wenn es sogar möglich ist, die Anwendung und die Daten 1:1 zwischen den verschiedenen Betriebsformen (externe Cloud, interne Cloud, interner Server/PC) hin und her zu migrieren, erhalten Sie volle Unabhängigkeit von jeglichen Plattformen. Das erhöht wesentlich die Betriebssicherheit im Falle einer Störung oder Angriffs, weil dann einfachst und vor allem schnell die gesamte Geschäftsadministration inklusive Daten auf eine andere Betriebsplattform (intern oder extern) gewechselt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass Sie selbst und jederzeit Ihre Daten sichern können und dies auch tun. Folgende Fragen helfen bei diesem wichtigen Thema weiter:

• Wo sind meine Daten? Und wer hat Zugriff?
• Kann ich ein Backup erstellen und den Speicherort dafür selber wählen?
• Kann ich selber jederzeit Daten wiederherstellen?
• Kann ich mit der Business-Software stationär / offline weiterarbeiten bei einem Störfall?

Wenn diese Datenhoheit und Betriebssicherheit für ein Unternehmen wichtig sind, schliesst das rein webbasierte/browserbasierte Lösungen eher aus. Ausserdem gilt dies auch für den Wunsch, fällige Software-Updates zu einem Zeitpunkt eigener Wahl (z.B. Low Season) durchzuführen. Denn bei webbasierten Anwendungen bestimmt der Anbieter den Zeitpunkt des Updates.

3. Tastatur/PC (Notebook) oder Touch/App?

Mitarbeitende in der Administration, Buchhaltung und im Verkaufsinnendienst sind gewohnt, Aufträge und Buchungen per Tastatur, Nummernblock und Tastenkombinationen (F1, F2, Ctr C etc.) am PC mit Bildschirm zu bedienen – und sie sind damit extrem schnell! Mit den Digital Natives wachsen Unternehmerinnen und Unternehmer heran, die mit Touchscreens und Apps aufgewachsen sind. Gesamtlösungen, die beide Bedienformen in ausgereifter Form anbieten können, bieten grosse Effizienzvorteile: Im Aussendienst eine auf Smartphones/Portables ausgerichtete (Web-)App und im stationären Bereich die klassische schnelle Bedienung mit Tastatur.

KMU-Hersteller oder Grosskonzern? Etablierte Lösung oder neue App?
Als Unternehmer sollte man sich bei der Softwareevaluation bewusst sein, dass die gewählten Anwendungen über Jahre im Einsatz sein werden und die Arbeit täglich mitprägen. Es empfiehlt sich, einen Hersteller zu wählen, der erstens schon ein paar Jahre auf dem Markt etabliert ist, zweitens sich hauptsächlich auf die professionelle Betreuung, Support und Weiterentwicklung dieser Business Software konzentriert (Kerngeschäft) und drittens die Softwarebenützung in einem Geschäftsmodell anbietet, das die langfristige Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Denn

• Bei ganz neuen Anbietern riskiert man, zum dauerhaften Beta-Tester zu werden und viel Zeit mit schmerzlichen Kinderkrankheiten zu vergeuden.
• Bei neuen Lösungen ist oft noch nicht abschätzbar, ob sie länger am Markt bestehen werden.
• Bei Software aus Konzernen mit grossen internationalen Entwicklerteams wird man die lokalen Eigenheiten des Schweizer Marktes vermissen. Beispielsweise Rundungen auf 0.05 in den Preisen und MWST oder viele weitere typischen «Helvetismen». Ausserdem ist das Risiko ungleich höher, dass man auf der Hotline nicht mit dem Verständnis, der Kultur und der eigenen Sprache bedient wird.
• Bei Lösungen aus einem Grosskonzern bestimmt in aller Regel der Mutterkonzern die langfristige Strategie, nicht der kleine Schweizer Markt; siehe Stichwort «Datenhoheit».
• Bei Schweizer Softwarehäusern in KMU-Grösse kann es sein, dass der Kundendienst nicht rund um die Uhr erreichbar ist. Dafür bestehen kaum kulturelle Unterschiede, man wird einfach besser und schneller verstanden.
• Ausserdem konzentrieren sich die kleineren lokalen Teams voll auf die Kundenwünsche und die Kommunikations- und Entscheidungswege sind kürzer.

5. Referenzen

Authentische Kundenreferenzen für bestimmte Softwarelösungen helfen bei der Einschätzung, wie gut die Qualität der Kundenbetreuung und des Supportes ist und wie gut die Gesamtlösung zur eigenen Aufgabenstellung passen könnte. Bei ausführlichen veröffentlichten Referenzen finden sich vielleicht aussagekräftige Beispiele eines branchenähnlichen Betriebes.

Fazit: Wer mit einem klar umrissenen Bild seiner häufigsten und wichtigsten Betriebsabläufe durch den Dschungel geht und die wichtigen Fragen hinsichtlich Datenhoheit und Betriebsunabhängigkeit für sein Unternehmen beantwortet hat, findet zu seinem Schatz. Gold und Silber in Form einer zuverlässigen und flexiblen KMU-Lösung, die sich in effizienten Abläufen, zuverlässigen Betriebskennzahlen und motivierten Mitarbeitenden auszahlt.

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