«Zürich ist nicht nur die Bahnhofstrasse»

«Eine attraktive Zürcher Innenstadt – wie weiter?» Dieser provokanten Frage ging Dominique Zygmont, Geschäftsleiter der City Vereinigung Zürich, am Partneranlass des KGV nach.

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Referent Dominique Zygmont und KGV-Geschäftsführer Thomas Hess.

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Referent Dominique Zygmont und KGV-Geschäftsführer Thomas Hess.

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Patrick Sulser von der Zürcher Kantonalbank.

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KGV-Präsident Werner Scherrer (links) mit Hans Egloff (Mitte) und Albert Leiser vom HEV.

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Im Zunfthaus zur Meisen in Zürich lud der KGV am 7. September zum alljährlichen, diesmal dem 10., Partnerlunch. Gut 30 Vertreterinnen und Vertreter von KGV-Partnern und Sponsoren fanden sich zum lockeren Austausch und Mittagessen zusammen. KGV-Präsident Werner Scherrer bedankte sich einleitend bei den Inserenten und Sponsoren, die als Ergänzung zu den Mitgliederbeiträgen wichtige Beiträge leisten, um die Arbeit des KGV zu ermöglichen. «Es ist uns ein Anliegen, mit Ihnen den Kontakt zu pflegen», meinte Scherrer. Die Sponsoren und regelmässigen Inserenten in der «Zürcher Wirtschaft» leisteten einen wertvollen Beitrag an das Engagement des KGV.

Nach dem Apéro und dem obligaten Zürcher Geschnetzelten führte Dominique Zygmont, seit Juni neuer Geschäftsführer der City Vereinigung Zürich, durch Zürichs Einkaufsmeilen – zumindest rhetorisch. Der Gastredner, der ursprünglich eine kaufmännische Lehre absolvierte und auf dem zweiten Bildungsweg die HSG besuchte, sei «bestes Beispiel für die Durchlässigkeit unseres dualen Berufsbilduingssystems», so KGV-Geschäftsführer Thomas Hess’ Einleitungsworte.

Wir wollen nicht eine Grossstadt sein, wo nur noch eine Gruppe Menschen hingeht.

Dominique Zygmont, Geschäftsführer City Vereinigung Zürich

Zygmont fand einen plakativen Einstieg mit einem unlängst geschlossenen und einem bald schliessenden Einkaufstempel an der Bahnhofstrasse. Nach drei Jahren Umbau wird diesen Herbst das ehemalige Manor-Gebäude an der Zürcher Bahnhofstrasse eröffnet – mit kleineren Mietern. Aber dieser Entwicklung galt Zygmonts Sorge nicht. Gerade das Gewerbe zeige schliesslich, wie es mit Veränderungen umgehen könne.

FDP-Mann Zygmont war bis vor kurzem Ressortleiter Politik beim Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem. Doch er kennt als ehemaliges Parlamentsmitglied der Stadt auch die Stadtzürcher Gewerbepolitik seit Jahren. «Die Zürcher Innenstadt bewegt. Sie ist immer wieder in den Me-dien und im Gespräch.» Seit der angekündigten Schliessung des Jelmoli auf Ende 2024 zeigte sich: Jeder hat eine Meinung dazu. «Ich bin nicht ganz sicher, ob alle, die eine Meinung dazu haben, auch dort einkaufen gehen.» 5,5 Millionen Menschen besuchten das Warenhaus pro Jahr, von diesen kauften aber nur 15 Prozent auch wirklich etwas. «Aber jeder findet es schade, dass der Jelmoli schliesst.»

Wie definiert sich die «City»?

Die City Vereinigung, der Dachverband der Zürcher Innenstadt, vereinigt alle Unternehmen, Organisationen und Verbände, mit Bezug zur Innenstadt: den Detailhandel, die Warenhäuser, Grossverteiler, aber auch Banken, Hotels, Handelskammern und den städtischen Gewerbeverband GVZ. So vereinen die Mitglieder 60 000 Arbeitsplätze in der Stadt.

Historisch umfassen die Grenzen der «City» im Grunde den Kreis 1: die Altstadt mit Schanzengraben, Hirschengraben, Niederdorf und auf der anderen Seite der Limmat die Bahnhofstrasse – begrenzt im Süden durch den See und im Norden durch den Hauptbahnhof. Aber die Definition sei in den letzten Jahrzehnten etwas aufgeweicht worden – das widerspiegelten die Mitglieder: Gerade die Europaallee biete mit vielen kleinen, eigentümergeführten Läden eine grosse Vielfalt, ebenso das Einkaufszentrum Sihl City.
Streng genommen gehe es beim Begriff «City» um die Zürcher Innenstadt – und hier nicht nur um Einkauf, sondern auch um Kultur, Gastronomie, Arbeit und Leben. Und somit um die Vielfalt, für viele Bedürfnisse etwas bieten zu können. «Wir wollen nicht eine Grossstadt sein, wo nur noch eine Gruppe von Menschen hingeht.»

Und darin liegt auch eine Sorge der City Vereinigung: Eine Innenstadt muss auch belebt sein – nicht im Sinne der Ladenfrequenz, vielmehr im unternehmerischen Sinne: Geht es nach der City Vereinigung, ist die Stadtpolitik eher hinderlich als förderlich für die Dynamik von Unternehmen, die neue Ideen realisieren wollen. Im Kleinen etwa beim Weihnachtsmarkt oder einer Ladeneinweihung, wo auch mal der öffentliche Raum gern beansprucht würde – oder im Grossen, wenn es darum geht, baulich etwas Neues zu realisieren. «Wir hören immer wieder: Es ist zu restriktiv, zu kompliziert – Ideen werden zu oft nicht bewilligt», klagte Zygmont. Restaurants würden im Winter gern Fonduehäuschen aufbauen. Die Stadt schreibt ihnen Belüftungen vor. Weiteres Beispiel sei das Kibag-Areal in Wollishofen, wo die Stadt Privaten alles verbieten wolle, was ihr nicht in den Kram passe und ideologisch nicht genehm sei.

Mehr Veränderung zulassen

Die historische Altstadt mit dem See sei Zürichs Magnet. Gleichzeitig sei hier Gewerbe zu Hause, und es werde hier gelebt. «Wir sind kein Ballenberg – nicht alles ist schützenswert.» Der Drang nach steter Veränderung – der gerade dem Detailhandel innewohnt – werde zu oft abgewürgt. Auf neue Kundenbedürfnisse eingehen, etwa im Modebereich, bedinge ja gerade Veränderung. Stattdessen komme der linksgrüne Ruf nach Kontrolle durch den Staat. In seiner absurdesten Form zeigte sich dieser in der Forderung, der Staat müsse den Jelmoli retten. Ausgerechnet das Warenhaus, das bei einem der grössten Immobilienkonzerne eingemietet ist, «will man mit Staatsgeldern ballenbergisieren», so Zygmont. Beispielhaft für die oft positive Veränderung sei der Manor, der bereits 2020 geschlossen wurde und nach dessen Umbau nun zahlreiche Mietnachfolger einziehen.

Es gibt noch viel Luft nach oben, was die Politik, das Regulatorische, die unternehmerische Freiheit, den Verkehr anbelangt. Da müssen wir uns engagieren.

Dominique Zygmont, Geschäftsführer City Vereinigung Zürich

Nach und nach suchten sich auch Mieter im Jelmoli – sogenannte Shops im Shop – eigene Locations. «Denn sie hatten in Zürich durchaus ihre Kundschaft», so Zygmont. Er nannte die Marke Büffel oder Kuhn Rikon aus dem Tösstal, die einen Monobrand-Shop im Niederdorf eröffnete. Das zeige: Die City Vereinigung sei an ihrer Basis dynamisch, Zürich sei weiterhin wirtschaftlich attraktiv. «Aber es gibt noch viel Luft nach oben, was die Politik, das Regulatorische, die unternehmerische Freiheit, den Verkehr anbelangt. Da müssen wir uns engagieren.»
Ein Gast kommentierte nach dem Gehörten, dass sich die Stadt Zürich «sehr stark verändert» – im positiven Sinne. Der Detailhandel in vielen Städten klage ohnehin über dieselben Probleme, kritisierte er. «Ich höre dieselben Themen in Bern und in St. Gallen. Wenn Zürich das Herz der Schweiz ist – geht doch voraus.»

Vor dem Referat kündigte KGV-Geschäftsführer Thomas Hess einen Wechsel in eigener Sache an: Die langjährige Inserateakquise wird in neue Hände gelegt. Von Samuel Bachmann aus Volketswil wechselt der KGV aufs neue Jahr hin zur Dapa Media. Vor Ort stellten sich kurz Geschäftsführer Davide Paolozzi, Inserateverkäufer Willy Stähli und René Blatty vor.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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