Wo Fachkräfte am gefragtesten sind

Der Personalmangel wird viele KMU auch im neuen Jahr beschäftigen, so viel ist sicher. Dabei legen sich viele Branchenverbände ordentlich ins Zeugs, um dem Nachwuchs ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten.

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Der Fachkräftemangel ist unter anderem beim Lehrbetriebsverbund schreinermacher dauerhaft präsent

Der Fachkräftemangel in der Schweiz spitzt sich weiter zu und verleitet so manches Unternehmen zu verzweifelten Taten. So stand etwa das Kantonsspital Aarau (KSA) jüngst in den Schlagzeilen, weil es in Italien ein Casting zur Rekrutierung von Pflegekräften durchgeführt hatte. Während zweier Tage reisten Pflegende aus ganz Italien nach Rom, um sich und ihre Fähigkeiten zu präsentieren. Wer sich durchsetzte, dem lockten ein Deutsch- und Vorbereitungskurs und anschliessend eine Anstellung am KSA. Diesem fehlen derzeit 90 Pflegemitarbeitende. Auch wenn das Spital mit seiner Aktion noch eine Ausnahmeerscheinung ist, so stellt sich doch vielen KMU dieselbe Frage: Wie kommen wir an Personal? Und wie steigern wir die Attraktivität der Berufe?

Rekordwert

«Insbesondere bei Maurern, Vorarbeitern, Polieren
und Bauführern herrscht ein
hoher Bedarf.»

Matthias Engel
Schweiz. Baumeisterverband

2022 erreicht der Fachkräftemangel-Index des Personaldienstleisters Adecco in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich einen neuen Rekordwert von 155 Punkten. Dies bedeutet im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von 68 Prozent. Und dieser trifft insbesondere auch die KMU hart. So hat die Zürcher Kantonalbank in einer kürzlich veröffentlichten Studie evaluiert, welches die grössten Herausforderungen für KMUs sind. An erster Stelle? Der Personalmangel. Und dieser zieht sich quer durch die Branchen hindurch. So gab es, laut dem Bundesamt für Statistik, per Ende September 2022 in der gesamten Baubranche (Bauhaupt- und Ausbaugewerbe zusammen) in der Schweiz gut 8200 offene Stellen. Das sind 1300 Stellen bzw. 20 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich per Ende September 2021. Dazu Matthias Engel, Sprecher des Schweizerischen Baumeisterverbands: «Wie viele andere Branchen, ist auch das Bauhaupt-
gewerbe von Fachkräftemangel betroffen. Insbesondere bei Maurern, Vorarbeitern, Polieren und Bauführern herrscht ein hoher Bedarf. Je höher eine Position auf dem Bau, desto gefragter sind die Fachkräfte». Ähnlich klingt es bei Christian Mettler vom Lehrbetriebsverbund schreinermacher: «In der Nach-Corona-Zeit ist es zu mehr personellen Verschiebungen gekommen, was sich nun wieder etwas beruhigt hat. Allerdings ist der Fachkräftemangel bei unseren Mitgliedsbetrieben dauerhaft präsent. Dies auf der Stufe Produktion, Montage und vor allem in der Projektleitung.» Und auch eine Umfrage unter Zürcher Arztpraxen zeigt: Viele Ärzte verzweifeln an der Suche nach Medizinischen Praxisassistentinnen. Über 1200 Stellen sind derzeit offen.

Verbände: Attraktivität steigern

Dabei legen sich die Berufsverbände massiv ins Zeugs, um Schulabgänger für ihre jeweilige Branche zu begeistern: Sie sind auf Instagram, TikTok und YouTube präsent, investieren in die Attraktivität der Arbeitsplätze oder locken mit interessanten Goodies. So hat etwa der Lehrbetriebsverbund schreinermacher mit der Verbundlehre ein neues Gefäss für Lehrstellesuchende geschaffen: «Die Lehrlinge haben die Möglichkeit der Rotation in andere Betriebe. Sie erhalten Goodies bei der Autoprüfung, können Programme zur Persönlichkeitsentwicklung nutzen oder werden beim Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt», sagt Christian Mettler.
Der Baumeisterverband wiederum ist aktuell daran, mit dem Masterplan «SBV-Berufsbildung 2030», die Berufe des Bauhauptgewerbes (berufliche Grundbildung und Kaderberufe) zu modernisieren. «Wir möchten damit attraktive Karriere- und Entwicklungsperspektiven für Arbeitnehmende schaffen und so neben Personen mit einem Bauhauptgewerbehintergrund auch Quereinsteiger für eine Tätigkeit im Bauhauptgewerbe begeistern», so Matthias Engel. Es sei denn zu beobachten, dass das Interesse bei Bauberufen bei den Jugendlichen wieder zunehme. So würden angehende Lehrlinge vermehrt realisieren, dass nicht nur mit Krawatte eine Karriere möglich ist, sondern auch Bauberufe vielfältige Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Für den 17-jährigen Gian, Elektroinstallateur im 3. Lehrjahr bei der Bernauer AG in Stäfa, waren die zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten mit ein Grund, weshalb er sich für eine Lehre als «Stromer» entschieden hat. «Meine Arbeit gefällt mir sehr, sie ist abwechslungsreich und kein Tag gleicht dem anderen», sagt Gian.

Anna Birkenmeier

Redaktion Zürcher Wirtschaft

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