«Wenn man Menschen Vertrauen schenkt, bewirken sie Entscheidendes.»

Premiere für den KGV: Der Herbstkongress fand diesmal im Casinotheater in Winterthur statt – mit vollem Haus und Bernhard Heusler, Ex-Präsident des FC Basel. Sein lebhafter und authentischer Auftritt widerspiegelte seine Führungsphilosophie.

Bild André Springer

KGV-Geschäftsführer Thomas Hess (l.) dank Gastredner Bernhard Heusler.

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Volles Haus im Casinotheater: Die Gäste des KGV aus Gewerbevereinen, Verbänden, Politik und Sponsoring am Herbstkongress.

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KGV-Präsident Werner Scherrer blieb im Verkehr stecken. Um so mehr plädierte er für ein «Ja» zum Nationalstrassenausbau. Eine Hoffnung, die sich ja nicht erfüllen würde.

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Die sechs Gewinnervereine des «Gewerbe-Cup» erhielten Checks für die meisten hinzugewonnenen Mitglieder.

KGV-Geschäftsführer Thomas Hess begrüsste die rund 200 geladenen Gäste aus Gewerbe, Politik und Sponsoring im Casinotheater in Winterthur zum KGV-Herbstkongress. Dieser startete gleich unpolitisch – mit dem Auftritt des Gastreferenten Bernhard Heusler. Der ehemalige Rechtsberater und spätere (ab 2009) CEO und (ab 2012) Präsident des FC Basel holte in seiner Zeit acht Schweizer-Meister-T itel. Sechsmal nahm der FC Basel an der Champions League teil. Und der Umsatz wuchs in dieser Zeit von 30 auf über 130 Millionen.

Heute ist Bernhard Heusler ein gefragter Coach, Berater und Redner für Sportvereine, aber auch in der Wirtschaft. Auch beim KGV sprach er über die von ihm gelebte Führungskultur unter dem Titel: «Ein Team gewinnt immer – warum (nicht) meins?»

2006 trat Anwalt Heusler als Rechtsberater des FC Basel und nach der «Schande von Basel», als Randalierer nach dem knapp verspielten Meistertitel das Spielfeld stürmten, erstmals in Erscheinung. Er wagte den Spagat zwischen Fans und Club und fand zu einem Dialog mit der Muttenzer-kurve. 2009 übernahm Heusler beim FC Basel die operative Leitung von Gigi Oeri. Und wenige Monate später entliess er den Erfolgstrainer Christian Gross. Doch auch danach herrschte Aufbruchstimmung. Eigene Spieler wurden hochgezogen und für Millionensummen ins Ausland verkauft. Unter anderem erreichte man 3 Champions-League-Teilnahmen und acht Meistertitel in Serie. 2017 trat Heusler als Präsident zurück.

Immer wieder griff Heusler lustvoll in die Schatzkiste kurioser oder historischer Fussballszenen, um seine Aussagen zu unterstreichen. So auch die Anekdote der knappen Champions-League-Qualifikation 2012 gegen den namenlosen Club FC Molde dafür, wie «Mitarbeiter» (in diesem Fall Goalie Yann Sommer) dank gutem Leadership über sich hinauswachsen. Das späte Ende im Halbfinale sei für die Führungscrew des FC Basel auch ein Anfang gewesen: nämlich indem sie erkannten, was es wirklich heisst zu führen, wenn ein Organ – auch dank des sportlichen Erfolgs – innert weniger Jahre in seiner Grösse vervierfacht wird.

Führen heisse für ihn seit dem Neuaufbau der Führungscrew 2009, das Bewusstsein zu aktivieren – also Arbeit an sich selber. «Und vor allem am Mindset, an der Einstellung.» Egozentristen als Manager würden dieselbe Haltung bei den Spielern hervorrufen. Menschen zu führen, verlange aber Haltung und Verhalten.
Heute sei die Welt zwar eine andere. Es gebe intelligente Maschinen, da frage sich: Braucht es noch Selbstmotivation, Selbstverpflichtung? Heusler zitierte den Wirtschaftsprofessor Andrew J. Scott: Wenn Maschinen immer besser darin werden, Maschinen zu sein, müssen Menschen besser darin werden, menschlich zu sein. Durch Empathie, emotionale Intelligenz, Bewusstsein, Engagement, Vertrauen. Auf die letzten drei Begriffe beschränkte sich Heusler in der Folge.

Klima von oben geprägt

Bewusstsein bedingt die Beantwortung der Frage: Wer bin ich? Er selber träumte früh davon, «ein Leader in Rotblau» zu werden. Statt aber Starspieler zu werden, wurde er einer Führungsperson am Rande des Spielfelds: Das heisse, Rahmenbedingungen zu setzen, damit die Mitspieler und damit der Club, aufblühten. Zum Bewusstsein gehöre auch Aufgabenbewusstsein – und das Verständnis der eigenen Rolle. So brauche es Mut, das Team auch selbständig arbeiten zu lassen. In Unternehmen gelte dies genauso.

Das Klima in einem Unternehmen werde immer von oben geprägt. Und manchmal machten Macht und Selbstbeweihräucherung blind: Zu viel Dopamin, Testosteron, Serotonin – er nannte diese gefährliche Machtmischung das «Silberrücken-Phänomen». Die (Selbst-)Erkenntnis, eigene Stärken und Schwächen zu erkennen – auch dank einem ehrlichen, kritischen Umfeld – sei zwingend, denn ansonsten fehle es auch an der Fähigkeit, die Schwächen in anderen zu erkennen. Diese Fähigkeit, die gegenseitigen Rollen zu verstehen und die Perspektive zu wechseln, gehe mit dem grassierenden Hyperindividualismus aktuell vermehrt verloren.

(Selbst-)Engagement: Diese Qualität beginne bei uns selbst. Nur wer zu sich selber konsequent und zielorientiert sei, könne den Einsatz auch als Führungsperson glaubhaft rüberbringen. Den Balanceakt zwischen den einzelnen Individuen und Qualitäten zu finden und gleichzeitig konsequent zu sein, sei die grosse Herausforderung. Spieler seien oft enttäuscht über Personalentscheide ihrer Trainer – das sei auch beim FC Basel so. Nur bei einem einzigen Trainer, Urs Fischer, habe sich kein Spieler bei Heusler über die Ersatzrolle beklagt: Fischer habe es geschafft, ehrlich die Rolle des Einzelnen und seine Entscheidung zu vermitteln.

«Nehmt keine Menschen wichtiger, nur weil sie mächtiger sind. Auch sie spielen im Leben nur eine Rolle.»

Bernhard Heusler, Coach, Berater und Ex-Präsident des FC Basel

(Selbst-)Vertrauen: Auch da grub er wieder einige Anekdoten aus. Nach Mohammed Salahs Siegtor für den FCB 2013 gegen Chelsea in der Champions League sei Heusler zu Salah gegangen, dieser meinte zu ihm: Er habe sich auch nach fünf vergebenen Chancen sicher und stark gefühlt, weil er so viel Vertrauen von Spielern, Trainer, Umfeld fühlte. «Wenn man Menschen Vertrauen schenkt, bewirken sie Entscheidendes.»

Führungsaufgabe bedinge daher, Mitarbeitern Respekt entgegenzubringen, Fehler zu erkennen und sich selber weiterzuentwickeln. Digitaler Wandel und KI hätten aktuell viel Macht- und Spaltpotenzial, Zukunftsangst herrsche bei jüngeren Generationen vor. Unter diesen Unsicherheiten Führungsvertrauen zu haben heisse, offen zu sein gegenüber anderen Menschen, gleichzeitig aber seine eigenen Werte zu leben, authentisch, glaubwürdig, ehrlich und gelassen zu bleiben. Gelassenheit und Heiterkeit hälfen in vielen Situationen extrem. Jeder Mensch sei ausserdem eine Marionette und gefangen in einer Rolle. «Nehmt keine Menschen wichtiger, nur weil sie mächtiger sind. Auch sie spielen im Leben nur eine Rolle.»

Präsidiale Worte und Cup

KGV-Präsident Werner Scherrer machte bei seiner Präsidialadresse unter anderem seinem Ärger Luft über die unhaltbaren Staus (die auch seine Ankunft verzögerten) und über die Rad-WM im September in Zürich. Eine Woche faktisches Arbeitsverbot fürs Gewerbe wegen der vielen Sperrungen sei überrissen gewesen. Dass die Stadt Zürich die mit dem Gewerbe vereinbarten unterschiedlichen Zonen nicht kommunizierte, welche teilweise die Durchfahrten ermöglichten, zeige den Stellenwert der Bedürfnisse der KMU bei der Stadt. Diese Haltung gegenüber dem Gewerbe ziehe sich durch den ganzen Kanton: Auch in Winterthur oder Uster würden Gewerbeinteressen gerade punkto Wirtschaft und Verkehr immer mehr eingeschränkt.

Bei den Unternehmenssteuern sei der Kanton Zürich im Moment auf Platz 25 von 26. Daher sei er erleichtert, dass Regierung und Parlament unter Mitwirkung des KGV aus der Steuervorlage 17, die 2025 vors Volk kommt, die Erhöhung der Dividendenbesteuerung hervorgestrichen haben. Das sei im Sinne des Gewerbes. Ausserdem plädierte Scherrer für ein Ja bei der Vorlage zur Engpassbeseitigung am 24. November und zu den beiden Mietrechtsvorlagen.

Scherrer schloss mit einer positiven Note: «Wir sind Träger der Berufsbildung. Wir bilden aus, stehen als Chefs hin und zeigen den jungen Menschen den Weg vor.» Er erwähnte einen Berufsweltmeister bei den WorldSkills, den Gipser Michael Ryter, der auch an der vom KGV organisierten Berufsmesse dabei sein wird. Und der, wie Scherrer sinngemäss meinte, wie das gesamte Handwerk im analogen Universum nicht durch KI ersetzt werden könne. Dem liess er einen Appell an die Berufsverbände und das Mittelschul- und Berufsbildungsamt folgen: Auf die Diversität und die «Kleinen» zu achten.

Zum Schluss vergab Thomas Hess, Geschäftsführer des KMU- und Gewerbeverbands Kanton Zürich, die Checks des «Gewerbe-Cup» im Wert von 2000, 1000 und 500 Franken für die Gewerbevereine mit dem grössten Mitgliederzuwachs – relativ wie auch absolut.

Den ersten Preis beim relativen Zuwachs gewann der Gewerbeverein Stammheimertal, Präsident Felix Meyer nahm den Check entgegen. Im Stammheimertal habe der Sog des 2024 stattfindenden Gewerbefrühlings zu einem aussergewöhnlichen Zulauf an Neumitgliedern im Jahr 2023 geführt, meinte Felix Meyer sinngemäss. Die (absolut) höchste Zahl an Neumitgliedern verzeichnete der KMU-Verband Winterthur und Umgebung mit Désirée Schiess als Präsidentin. Sie nannte die Mund-zu-Mund-Propaganda unter Mitgliedern, den aktiven Vorstand und Anlässe wie den «KMU MAX» als Ursachen für den Zuwachs.

Die jeweils zweiten Plätze holten sich der Gewerbeverein Eglisau und KMU & Gewerbe Schlieren, die dritten Plätze die Unternehmervereinigung Oberrieden sowie der HGV Thalwil.

Mark Gasser

Chefredaktor
Zürcher Wirtschaft

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