Weiterbildung im Arbeitsverhältnis

Der anhaltende technische Fortschritt, aber auch die sich immer schneller ändernden wirtschaftlichen Grundlagen führen dazu, dass die Grundausbildung nicht mehr genügt, um während der gesamten Erwerbszeit gleich kompetent zu bleiben. Berufliche Weiterbildung ist unabdingbar geworden. Wie sind dabei die Kosten zu verteilen?

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Weiterbildung: Wie viel soll der Arbeitgeber zahlen?

Die Tragung der Weiterbildungskosten ist grundsätzlich davon abhängig, ob die Weiterbildung vom Arbeitgeber angeordnet oder vom Arbeitnehmer gewünscht wird. Zusätzlich abzugrenzen sind Kosten, die im Zusammenhang mit der Einarbeitung des Arbeitnehmers anfallen.

Einarbeitung

Als notwendige Auslagen – und damit stets dem Arbeitnehmer zu ersetzen – sind Ausbildungskosten, die im Rahmen einer normalen Einarbeitung anfallen. Sie können vom Arbeitnehmer in keinem Fall zurückgefordert werden. Die Einarbeitung ist grundsätzlich beschränkt auf einen bestimmten Arbeitgeber bzw. dessen Produkte/Leistungen, währenddem die eigentliche Weiterbildung dem Arbeitnehmer generelle Vorteile bringt, die er auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann. Für Einarbeitung (und nicht eigentliche Weiterbildung) sprechen insbesondere die folgenden Indizien: Kurze Ausbildungsdauer, Fehlen eines Abschlusses, keine oder nur geringe Verwendbarkeit des Erlernten bei anderen Arbeitgebern.

Vom Arbeitgeber angeordnet

Verlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer eine Aus- oder Weiterbildung oder ist sie von Gesetzes wegen obligatorisch, so gehören anfallende Kosten zu den notwendigen, vom Arbeitgeber zu tragenden Auslagen. Vereinbarungen darüber, dass der Arbeitnehmer solche Kosten ganz oder teilweise zu übernehmen hat, sind ungültig und damit unbeachtlich. Kommt hinzu, dass die ganze für diese Weiterbildung aufgewendete Zeit Arbeitszeit darstellt, die grundsätzlich ebenfalls zu entschädigen ist, wenn die Parteien über diesen Punkt keine andere Vereinbarung (schriftlich) treffen. Und schliesslich ist zu beachten, dass der Arbeitgeber nicht über die Freizeit des Arbeitnehmers bestimmen kann: Der Arbeitgeber kann deshalb grundsätzlich keine Weiterbildung oder Fortbildung einseitig, d.h. gegen den Willen des Arbeitnehmers «verordnen», die ausserhalb seiner Arbeitszeit liegt.

Vom Arbeitnehmer gewünscht

Zu unterscheiden sind Weiterbildungen ausserhalb der Arbeitszeit und solche während der Arbeitszeit: Grundsätzlich ist es Sache des Arbeitnehmers, wie er seine Freizeit gestaltet. Es ist ihm deshalb ohne weiteres erlaubt, ausserhalb der Arbeitszeit – auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers, ja selbst gegen dessen Willen – eine Fortbildung zu besuchen. Nur wenn die Weiterbildung den Arbeitnehmer so stark belastet, dass er seine Arbeit nicht mehr ordnungsgemäss ausüben kann, würde er seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen. Für Weiterbildungen, die in die Arbeitszeit fallen, ist der Arbeitnehmer hingegen auf das Entgegenkommen und Einverständnis des Arbeitgebers angewiesen.

Übernimmt der Arbeitgeber ganz oder teilweise die Kosten einer solchen Weiterbildung und/oder bezahlt er dem Arbeitnehmer den Lohn, wenn die Fortbildung in die Arbeitszeit fällt, stellt sich immer wieder die Frage, ob der Arbeitnehmer solche Beträge zurückzuzahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigt oder die Weiterbildung vorzeitig abbricht oder die Prüfung nicht besteht. Als Regel gilt: Besteht keine Vereinbarung zur Rückerstattung solcher Kosten, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht gezwungen werden, vom Arbeitgeber übernommene Kosten zurückzuzahlen. Davon ausgenommen sind Fälle, in denen das Verhalten des Arbeitnehmers gegen Treu und Glauben verstösst, was von den Gerichten jedoch nur mit grosser Zurückhaltung angenommen wird und sich in der Regel nur auf künftige Leistungen des Arbeitgebers bezieht, nicht jedoch auf die Rückerstattung bereits bezahlter Kosten.

Weiterbildungsvereinbarung

Da in der Regel der Betrieb ebenfalls ein Interesse an der Weiterbildung seiner Mitarbeiter hat, kommt es häufig zu Kostenbeteiligungen seitens des Arbeitgebers. Zur Klarstellung der Verhältnisse empfiehlt es sich in solchen Fällen, mit dem Arbeitnehmer eine ergänzende Vereinbarung zum Arbeitsvertrag («Weiterbildungsvereinbarung») abzuschliessen. Da es hierfür keine gesetzliche Regelung gibt, muss bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen auf die Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Da solche Vereinbarungen regelmässig die Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers einschränken, werden von den Gerichten die Bestimmungen über das Konkurrenzverbot analog angewendet. Ratsam ist dabei, namentlich Folgendes zu regeln: (i) Beginn und Ende der Weiterbildung, (ii) Reduktion des Arbeitspensums und Lohnzahlung während der Weiterbildungszeit, (iii) Umfang der Übernahme der Ausbildungskosten und Modalitäten für deren Bezahlung, (iv) Rückzahlungsklausel.

Mit der Rückzahlungsklausel verpflichtet sich der Arbeitnehmer, nach Abschluss der Weiterbildung noch eine minimale Zeitdauer für das Unternehmen tätig zu bleiben oder aber die vom Arbeitgeber bezahlten Kosten (teilweise) zurückzuzahlen. Die Höhe der Rückzahlung ist dabei nach der Betriebstreue nach Abschluss der Weiterbildung abzustufen, wobei die Höchstdauer einer solchen Rückzahlungsverpflichtung in der Regel drei Jahre nicht übersteigen sollte. Löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis erst nach der vereinbarten Dauer auf, entfällt eine Rückzahlung. Löst er es früher auf, ist die Rückzahlung im Verhältnis der Betriebstreue zur ganzen Dauer der Verpflichtung (max. drei Jahre) zu reduzieren. Die Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers entfällt überdies, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt, ohne dass ihm der Arbeitnehmer dazu begründeten Anlass gegeben hat, oder wenn es der Arbeitnehmer aus einem begründeten, vom Arbeitgeber begründeten Anlass auflöst.

Rolf Ringger

ist Partner bei der Anwaltskanzlei BEELEGAL und publiziert Ratgeberbeiträge in der «Zürcher Wirtschaft».

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