Unter Strom

Thomas Hess

Geschäftsführer KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich KGV

Prognosen sind immer so eine Sache. Einen Blick zurück, um die eigenen Prognosen und Einschätzungen einem Realitätscheck zu unterziehen, schadet jedoch sicher nicht. Und damit sind wir bei der Energiestrategie 2050 angelangt. Der KGV macht KMU-Interessenpolitik, das ist klar. Diese ist aber in der Regel Realpolitik und von grösstem Pragmatismus geprägt. So haben die Delegierten an der KGV Präsidentenkonferenz im März 2017 für das revidierte Energiegesetz die Neinparole beschlossen. Die Erhöhung der Energieeffizienz und ein Ausbau erneuerbarer Energieproduktion in der Schweiz erachten die Delegierten als sinnvoll und wichtig. «Damit könne die Abhängigkeit vom Ausland und von fossilen Energieträgern reduziert werden». Die offensichtlichen Mängel der Vorlage aus Sicht des Gewerbes wurde ebenfalls klar artikuliert. «Nebst dem bevormundenden und planwirtschaftlichen Charakter sowie der fehlenden Verhältnismässigkeit kritisierten die Delegierten auch die Unklarheit über die finanziellen Auswirkungen. Zudem setzten sie grosse Fragezeichen hinter die künftige Versorgungssicherheit» (Zitiert aus der KGV Pressemitteilung vom 29. März 2017).

Im Mai 2017 hat das Stimmvolk sodann das revidierte Energiegesetz angenommen. Das AKW Mühleberg wurde im 2019 abgestellt. Im 2022 wurde uns die Schwäche unserer verfehlten Energiestrategie durch den unsäglichen Krieg von Putin schonungslos aufgezeigt. Wir können uns zwar für unsere präzise Einschätzung der schweizerischen Energiepolitik nichts kaufen, aber um den eigenen Politkompass zu überprüfen, reicht es alleweil.

Energieknappheit und Strompreise

So weit so gut. Oder so schlecht. Wie geht es weiter? Das Problem der Energieknappheit und der hohen Strompreise kann nur durch zwei Massnahmen gelöst werden, nämlich durch Energiesparen und eine – auch kurzfristige – Erhöhung der Energieproduktion. In den letzten zehn Jahren konnte durch Effizienzmassnahmen sogar der absolute Stromverbrauch in der Schweiz trotz grösserem Bevölkerungsmassnahmen gesenkt werden. Die Grossverbraucher aus der Wirtschaft haben in dieser Zeit insgesamt rund 4 TWh eingespart. In der aktuellen Phase sollen nun die Branchen mit der wirtschaftlichen Landesversorgung weitere «bottom up» Energie-Sparvereinbarungen eingehen, um spätere mögliche Stromkontingentierung zu umschiffen. Zudem müssen die Stromproduktionskapazitäten schnellstens erhöht werden. Deshalb gilt es die rechtlichen Grundlagen in Bern rasch anzupassen, damit diese neuen Stromproduktionsstätten auch gebaut werden können. Die Zeit der Symbolpolitik ist definitiv vorbei. Pragmatismus ist nun gefragt.

Unternehmen, die im sogenannten freien Markt ihren Strombedarf einkaufen, darf zudem die Rückkehr in die Grundversorgung künftig nicht verunmöglicht werden. Hier geht es nicht um Rosinenpicken – eine Penaltygebühr wird es für solche Fälle wohl brauchen –, aber letztlich geht es hier teilweise um die schiere Existenz von stromintensiven KMU. Als Alternative sind deren Angestellte bald in Kurzarbeit oder auf dem RAV.

Thomas Hess

Geschäftsführer KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich KGV

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