Stolperstein für Arbeitgeber: Ferienlohn

Das Bundesgericht hat kürzlich im Rahmen einer Praxisänderung entschieden, dass bei einer Vollbeschäftigung eine ausnahmsweise Abgeltung des Ferienlohnanspruchs auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Lohn Schwankungen unterliegt. Ein Verstoss gegen das Abgeltungsverbot kann zur Doppelzahlung führen.

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Rund um den Ferienlohn ist die Regelung komplizierter geworden.

In der Praxis ist immer wieder anzutreffen, dass der Ferienlohnanspruch bei Arbeitnehmern im Stundenlohn mit einem Zuschlag zum Arbeitslohn abgegolten wird. Bei einem Ferienanspruch von vier Wochen im Jahr beträgt der Zuschlag 8.33%, bei einem Anspruch von fünf Wochen 10.64%. Dabei ist vielen Arbeitgebern nicht bewusst, dass für eine solche Ferienabgeltung strenge Anforderungen erfüllt sein müssen.

Ferien und Lohn

Nach Art. 329d Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn zu entrichten. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer während den Ferien lohnmässig nicht schlechter gestellt werden darf, als wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte. Vereinbarungen, die den Arbeitnehmer schlechter stellen, sind nichtig, d.h. nicht anwendbar. Zudem bestimmt Art. 329d Abs. 2 OR, dass die Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden dürfen. Diese Bestimmung kann durch Vereinbarung weder aufgehoben noch geändert werden. Diese Regelung will sicherstellen, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt, in dem er die Ferien tatsächlich bezieht, auch über das notwendige Geld verfügt, um diese sorgenfrei verbringen zu können. Es soll ihm ermöglicht werden, sich zu erholen, ohne durch den Lohnausfall davon abgehalten zu werden. Der Ferienlohn ist daher grundsätzlich dann auszuzahlen, wenn die Ferien tatsächlich bezogen werden.

Ausnahmen

Von diesem Grundsatz gibt es in der Praxis jedoch Ausnahmen: So müssen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehende Ferienansprüche gezwungenermassen in Geld abgegolten werden. Überdies kann – unter Einhaltung von zwei weiteren Voraussetzungen – bei sehr kurzen oder sehr unregelmässigen Beschäftigungen vom Abgeltungsverbot abgewichen werden und der Ferienlohn mittels eines Zuschlags auf dem Arbeitslohn mit diesem laufend ausbezahlt werden.

Ausnahmen

Unter «sehr kurzen Beschäftigungen» sind solche zu verstehen, die nur wenige Wochen dauern. Und «sehr unregelmässige Beschäftigungen» zeichnen sich dadurch aus, dass die Arbeitsstunden sehr schwankend sind, so dass die Berechnung des Ferienanspruchs in natura wie auch des Ferienlohnes zu unüberwindbaren Schwierigkeiten führt, so bei Teilzeitpensen mit zeitlich unterschiedlichen Einsätzen oder bei Arbeit auf Abruf. Ist hingegen im Arbeitsvertrag eine bestimmte Anzahl Stunden oder Tage pro Woche oder pro Monat fixiert, erweist sich ein solches Arbeitsverhältnis als «regelmässig», so beispielsweise auch, wenn ein Arbeitnehmer nur alle zwei Wochen während fünf Stunden arbeitet oder wenn ein Arbeitnehmer im Durchschnitt drei Tage pro Woche arbeitet.

Liegt eine «sehr unregelmässige Beschäftigung» im vorgenannten Sinne vor, müssen zudem zwei formelle Voraussetzungen erfüllt sein: Wird der Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen, muss der für die Ferien bestimmte Lohnanteil klar und ausdrücklich im Vertrag aufgeführt sein, d.h. entweder mit dem entsprechenden Prozentsatz oder dem Frankenbetrag. Überdies muss auch in jeder einzelnen Lohnabrechnung der Ferienlohn in Prozenten oder Franken ausgewiesen sein.

Hält der Arbeitgeber das Abgeltungsverbot nicht ein, bleibt er dem Arbeitnehmer gegenüber zur Bezahlung des Ferienlohnes weiterhin verpflichtet. Macht der Arbeitnehmer diesen Anspruch geltend, führt dies beim Arbeitgeber zu einer Doppelzahlung und er ist auch dann zur Nachzahlung verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer die ihm zustehenden Ferien tatsächlich bezogen hat. Weiter ist es dem Arbeitgeber verwehrt, den nachzuzahlenden Betrag mit den während des Arbeitsverhältnisses monatlich laufend ausbezahlten Ferienentschädigungen zu verrechnen. Und es ist in aller Regel auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Arbeitnehmer – dies namentlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – die Nachzahlung des Ferienlohnes vom Arbeitgeber fordert. Bei einem Ferienanspruch von vier oder fünf Wochen pro Jahr und einer Verjährungsfrist von fünf Jahren liegt die Nachzahlung rasch einmal bei einem halben Jahressalär.

Fazit zum Ferienlohn

Mit diesem neuen Entscheid des Bundesgerichtes wurden die Fälle, die bislang eine Abweichung vom Abgeltungsverbot zu rechtfertigen vermochten, weiter eingeschränkt, indem Vollzeitbeschäftigte auch bei schwankendem Lohn davon ausgenommen sind. Mit einer weiteren Verschärfung ist zu rechnen, zumal das Bundesgericht im Entscheid explizit darauf hingewiesen hat, dass mit Blick auf die heute zur Verfügung stehenden Softwareangebote und Zeiterfassungssysteme eine dem Gesetz entsprechende Berechnung des Ferienlohnes auch bei monatlichen Schwankungen des Lohnes nicht mehr als unzumutbar erscheine. Unter diesem Aspekt stellt sich die Frage, wie lange das Bundesgericht noch Ausnahmen vom Abgeltungsverbot zulässt. Es ist deshalb dem Arbeitgeber zu empfehlen, den Ferienlohn nicht (mehr) als Zuschlag zum Arbeitslohn mit diesem laufend auszuzahlen, sondern ihn auf den Lohnabrechnungen betragsmässig auszuweisen und zu kumulieren und erst bei einem effektiven Ferienbezug in entsprechendem Umfang auszuzahlen.

Rolf Ringger

ist Partner bei der Anwaltskanzlei BEELEGAL und publiziert Ratgeberbeiträge in der «Zürcher Wirtschaft».

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