Schwieriger Vergleich, der sich aber lohnt
Bei Pensionskassen sollte nicht der Deckungsgrad als einziges Vergleichskriterium herangezogen werden.
5. Juli 2023
Anlagen sowie technischer Zins, Sterbe- und Generationentafel und Rückstellungen sollen gleichauf sein.
Von Pascal Jacqmin
Der Deckungsgrad einer Pensionskasse allein bietet keine Möglichkeit, die Sicherheit von Pensionskassen zu vergleichen. Die Inflation und deren Folgen auf dem Finanzmarkt machten dies der Gesellschaft und all den Beteiligten im letzten Jahr einmal mehr bewusst. Die Finanzkrise von 2008 rüttelte diesbezüglich bereits einmal die Politik wach und es resultierte 2013 das Postulat von Albert Vitali (13.3109 «BVG-Deckungsgrade vergleichbar machen»). Der Nationalrat beauftragte damals den Bundesrat, zu überprüfen, inwiefern die Vergleichbarkeit der Pensionskassen verbessert werden kann. Der Bundesrat selbst hat darauf in einer Stellungnahme festgehalten, dass der Deckungsgrad gemäss Art. 44 BVV 2 in Bezug auf die Sicherheit einer Pensionskasse effektiv nicht sehr aussagekräftig ist. Das Budensamt für Sozialversicherung und die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge haben anschliessend eine Marchbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis dieser Machbarkeitsstudie, welche 2017 veröffentlicht wurde, zeigte auf, dass grundsätzlich ein transparenter Vergleich von Pensionskassen mit dem Ausweisen eines Kennzahlensets möglich wäre.
Aufwendige Vergleiche
Die dafür höheren Beratungs- und Arbeitsaufwände, verbundenen mit den Folgen der Mehrkosten, müssten von den Versicherten getragen werden. Letztlich sind jedoch der Mehrwert zu gering und der Eingriff in die Autonomie der Vorsorgeeinrichtungen zu gross. Der Bundesrat hat sich darum gegen die Ein-
führung einer Ausweispflicht des Kennzahlensets entschieden. Er überlässt die schwierige Vergleichbarkeit von Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen weiterhin den Unternehmern. Diese wiederum sind in diesem Wettbewerbsdschungel aber auf sich allein gestellt. Steht eine Firma vor der Wahl einer Vorsorgeeinrichtung, wird für die Bewertung der Sicherheit oft der sogenannte Deckungsgrad als Gradmesser herangezogen.
Deckungsgrad
Der Deckungsgrad einer Vorsorgeeinrichtung zeigt das Verhältnis zwischen dem Vorsorgevermögen und dem versicherungstechnisch notwendigen Kapital. Das Vorsorgevermögen bilden dabei die Aktiven aus der Bilanz, sprich die zugrundeliegenden Finanzanlagen. Das notwendige Vorsorgekapital ist die Summe der Altersguthaben der aktiv Versicherten zuzüglich des Barwertes der Rentner. Sind alle Verpflichtungen durch das Vorsorgevermögen gedeckt, liegt der Deckungsgrad bei 100% oder darüber. Ist die Deckung der Verpflichtungen durch die Anlagen nicht gewährleistet und diese liegen über dem vorhandenen Vorsorgevermögen spricht man von einer Unterdeckung. Der Deckungsgrad liegt in diesem Fall unter 100%.
Einflussgrössen
Nun ist es so, dass die Verpflichtungen keine eindeutige Zahl ist, sondern dazu eine individuelle, kassenspezifische Bewertung erfolgt. Es werden unterschiedliche Annahmen getroffen, wie der technische Zinssatz (Diskontsatz der Verpflichtungen), die Sterblichkeit und die Anwartschaften, die Invalidisierungswahrscheinlichkeiten, aber auch die Rückstellungspolitik einer Vorsorgeeinrichtung. All diese Faktoren haben erheblichen Einfluss auf den Wert der Verpflichtungen und damit auch auf den resultierenden Deckungsgrad. Diese Ausgangslage verunmöglicht einen direkten Vergleich der Deckungsgrade über die Pensionskassen hinweg. Spricht man von Sicherheit, soll zusätzlich darauf geachtet werden, wie sanierungsfähig eine Vorsorgeeinrichtung bei einer möglichen Unterdeckung ist.
Sanierungsmassnahmen
Denn das Gesetz ermöglicht Sanierungsmassnahmen bei einer Unterdeckung in den meisten Fällen nur auf die aktiv versicherten Personen – also ohne Beteiligung der Rentner. Daraus lässt sich schliessen, dass eine Vorsorgeeinrichtung mit wenig Rentnerkapital ebenfalls eine höhere Sicherheit bietet. Hinzu kommt, dass nebst dem Anlagerisiko auch der Cashflow einer Vorsorgeeinrichtung erheblichen Einfluss auf deren Risiko hat. Die genannten Ausgangslagen erschweren oder verunmöglichen sogar einen Vergleich der Vorsorgeeinrichtungen für einen Laien. Das Pensionskassenguthaben widerspiegelt für die meisten Personen der Schweizer Bevölkerung das Hauptvermögen bei der Pensionierung. Deshalb verdient dieses Guthaben und auch die Wahl einer Vorsorgeeinrichtung besondere Aufmerksamkeit und soll durch einen Spezialisten unterstützt werden. Denn durch eine fundierte Evaluierung gibt es in stürmischen Zeiten und im Alter kein böses Erwachen.
Info
Pascal Jacqmin ist Teamleiter Berufliche Vorsorge bei der Zürcher Kantonalbank
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Pascal Jacqmin ist Teamleiter Berufliche Vorsorge bei der Zürcher Kantonalbank