Probezeit – ein optimales Instrument
Bei Abschluss des Arbeitsvertrages liegt es im Belieben des Arbeitgebers, welchen von mehreren Kandidaten er einstellen will. In gleicher Weise entscheidet auch der Arbeitnehmer frei, für welche Arbeitsstelle er sich bewirbt. Diese Freiheit der Parteien, ein Arbeitsverhältnis einzugehen, wirkt in die Probezeit nach.
6. Januar 2025
Bei der Probezeit gilt es, einige Grundsätze und Gesetze zu beachten.
Die Probezeit dient den Parteien dazu, sich kennen zu lernen und herauszufinden, ob sie längerfristig eine Vertrauensbeziehung miteinander eingehen wollen. Während dieser Zeit können auch Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit, Arbeitsklima und Umfeld erprobt werden. Zudem gewährt die Probezeit beiden Parteien eine generelle Bedenkzeit zur Abklärung, ob eine längere Beschäftigungsdauer ihren Interessen entspricht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden so in die Lage versetzt, über die zukünftige Bindung in Kenntnis der konkreten Umstände zu urteilen.
Dauer der Probezeit
Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, gilt bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen gemäss Gesetz der erste Monat als Probezeit. Von Gesetzes wegen kann die Probezeit durch schriftliche Vereinbarung auf höchstens drei Monate verlängert werden. Diese maximale Dauer kann auch nicht durch mehrere aufeinander folgende Arbeitsverhältnisse umgangen werden, die jedes Mal eine (neue) Probezeit auslösen, sofern sich weder an der Arbeit noch an der Stellung des Arbeitnehmers etwas ändert. Bei befristeten Arbeitsverträgen muss die Probezeit ausdrücklich vereinbart werden, da sie von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist. Die Dauer der Probezeit bemisst sich sodann unabhängig vom vereinbarten Arbeitspensum. Teilzeitarbeit führt deshalb nicht zu einer Verlängerung. Hingegen führt eine effektive Verkürzung der Probezeit infolge eines Unfalls, einer Krankheit oder der Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht (z.B. Militärdienst) zu einer entsprechenden Verlängerung.
Die Probezeit beginnt grundsätzlich am Tag des Stellenantritts zu laufen. Fallen jedoch Stellenantritt und Abschluss des Arbeitsvertrages auf denselben Tag, so zählt dieser Tag für die Berechnung Probezeit nicht mit, da dieser nicht voll zur Verfügung steht.
Kündigung
Wenn in der Probephase die Erwartungen nicht erfüllt werden, muss die Möglichkeit bestehen, rasch handeln zu können. Deshalb sieht das Gesetz vor, dass das Arbeitsverhältnis während der Probezeit mit einer Frist von sieben Tagen auf jeden Zeitpunkt gekündigt werden kann. Weiter steht es den Parteien frei, diese Kündigungsfrist durch schriftliche Vereinbarung abzuändern, d.h. zu verlängern oder zu verkürzen, ja sogar vollständig aufzuheben, womit das Arbeitsverhältnis unmittelbar mit dem Empfang der Kündigung endet.
Diese kurze Kündigungsfrist gilt bis zum letzten Tag der Probezeit. Massgebend ist dabei, dass die Kündigung noch während der Probezeit dem Arbeitnehmer zugeht. Nicht entscheidend ist hingegen, ob das noch während der Probezeit gekündigte Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf derselben endet.
Kündigungsschutz
Arbeitnehmer geniessen während des Arbeitsverhältnisses Schutz vor ungerechtfertigten und ungelegenen Kündigungen. So sieht das Gesetz verschiedene Tatbestände missbräuchlicher Kündigungen vor (sachlicher Kündigungsschutz). Kündigt der Arbeitgeber aus einem missbräuchlichen Grund, kann dies zu einer Strafentschädigung an den Arbeitnehmer von bis zu sechs Monatslöhnen führen. Daneben existiert auch ein zeitlicher Kündigungsschutz. Hier geht es um den Schutz vor (ungelegenen) Kündigungen während eines bestimmten Ereignisses (wie Krankheit, Unfall, Militärdienst, Schwangerschaft). Folge beim zeitlichen Kündigungsschutz ist, dass entweder die Kündigung ungültig ist oder die Kündigungsfrist unterbrochen wird. Von Relevanz für den Arbeitgeber ist, dass während der Probezeit der zeitliche Kündigungsschutz nicht gilt. Dies bedeutet, dass es während der Probezeit keine (Sperr-)Fristen gibt, während denen nicht ordentlich gekündigt werden kann bzw. durch die eine Kündigungsfrist unterbrochen und dadurch das Arbeitsverhältnis verlängert wird. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung war lange Zeit umstritten, ob der Schutz vor missbräuchlicher Kündigung auch während der Probezeit gilt. Im Jahr 2007 hat das Bundesgericht erstmals entschieden, dass der sachliche Kündigungsschutz auch während der Probezeit zur Anwendung gelangen kann. Gemäss dem Bundesgericht muss aber im Einzelfall geprüft werden, ob die Kündigung, welche in einem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis als missbräuchlich angesehen würde, unter Berücksichtigung des Zwecks der Probezeit nicht doch zulässig ist.
Klare Verhältnisse
Um klare Verhältnisse zu schaffen, empfiehlt es sich in jedem Fall, d.h. auch bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen, ausdrücklich auf die Vereinbarung einer Probezeit hinzuweisen. Andernfalls läuft der Arbeitgeber Gefahr, dass im Streitfall das Gericht aus anderen (schriftlich) festgehaltenen Vertragsklauseln einen Verzicht auf die Vereinbarung einer Probezeit herleitet. Da es während der Probezeit keinen zeitlichen Kündigungsschutz gibt, empfiehlt es sich zudem, durch schriftliche Vereinbarung die Probezeit stets auf die höchst zulässige Dauer von drei Monaten zu verlängern. Das Bundesgericht hat sodann klargestellt, dass der sachliche während der Probezeit zwar gilt, indes nur restriktiv angewendet werden darf. Dabei können namentlich Bewerbungsgespräche und Vertragsverhandlungen für die Beurteilung, ob eine Kündigung während der Probezeit als missbräuchlich zu qualifizieren ist, von massgebender Bedeutung sein.
Rolf Ringger
ist Partner bei der Anwaltskanzlei BEELEGAL und publiziert Ratgeberbeiträge in der «Zürcher Wirtschaft».
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