Praxistipps zum neuen Aktienrecht

Das Eidgenössische Handelsregisteramt (EHRA) hat mit der Praxismitteilung 1/2024 wichtige Klarstellungen zum neuen Aktienrecht veröffentlicht. Dieser Artikel gibt einen kompakten Überblick über praktische Tipps im Zusammenhang mit dem Kapitalband, der Verrechnungsliberierung und der Generalversammlung.

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Neues Aktienrecht: Der Teufel liegt im Detail.

Das Kapitalband hat das genehmigte Aktienkapital ersetzt. Damit kann die Generalversammlung (GV) den Verwaltungsrat (VR) ermächtigen, das Kapital innerhalb einer Bandbreite zu erhöhen oder herabzusetzen. Das Kapitalband erlischt jedoch, wenn die GV während seiner Geltungsdauer eine Kapitalerhöhung, eine Kapitalherabsetzung oder einen Währungswechsel beschliesst.

Das Eidgenössische Handelsregisteramt (EHRA) betont, dass aus den Statuten klar hervorgehen muss, ob sich das Kapitalband auf das Aktien- oder das Partizipationskapital bezieht. Hingegen zeigt sich das EHRA grosszügig und lässt zu, dass ein Kapitalband, das sich nur auf eine der beiden Kapitalformen bezieht, nicht automatisch erlischt, wenn die andere Kapitalform durch die GV geändert wird. Die Position des EHRA ist zu begrüssen. Dennoch ist es ratsam, dass die GV in solchen Situationen bestehende Kapitalbänder ausdrücklich bestätigt, um Unklarheiten zu vermeiden.

Zudem empfiehlt das EHRA, dass die GV den Liberierungsgrad (zu leistende Einlage) der aus dem Kapitalband ausgegebenen Aktien oder Partizipationsscheine festlegt. Die vom EHRA geforderte Liberierungsregelung erscheint nicht zwingend, da das Kapitalband gerade für eine flexible Handhabung geschaffen wurde. So hält das EHRA auch fest, dass Eintragungen nicht zurückgewiesen werden, wenn der VR den Liberierungsgrad selbst festlegt.

Verrechnungsliberierung

Bis zur Revision waren bei Verrechnungsliberierungen nur beschränkte Offenlegungsvorschriften vorgesehen. Neu müssen Kapitalerhöhungen mit Verrechnungsliberierung in den Statuten vermerkt werden, einschliesslich der Offenlegung des Zeichners.

In der umstrittenen Frage, ob die erweiterten Publizitätsanforderungen auch für Kapitalerhöhungen aus bedingtem Aktienkapital (d. h. bei der Ausübung von Wandel- oder Optionsrechten) gelten, schliesst sich das EHRA der liberaleren Lehre an und verneint dies. Die Haltung des EHRA ist praxisfreundlich, insbesondere für Startup-Unternehmen, die Kapital mittels Wandeldarlehen aufnehmen. Zu beachten ist jedoch, dass bei der Ausgabe von Wandelrechten, die nicht durch bedingtes Kapital gedeckt sind, die vollständige Publizität des neuen Aktienrechts erforderlich ist. Gesellschaften, die Wandeldarlehen ausgeben möchten, sollten daher bedingtes Kapital schaffen, um die Anonymität der Investoren zu gewährleisten.

«Schriftliche GV»

Die Aktienrechtsrevision erlaubt es Aktionären, Beschlüsse auf schriftlichem oder elektronischem Weg zu fassen. Diese Form bedarf der Zustimmung aller Aktionäre. Zudem ist ein sogenanntes Erwahrungsprotokoll zu erstellen, das alle Anforderungen an ein GV-Protokoll erfüllen muss. Aus Sicht der Gesellschaften ist der Aufwand für einen schriftlichen Beschluss daher oft vergleichbar mit einer Generalversammlung, die auf der Grundlage von Vollmachten sämtlicher Aktionäre durchgeführt wird.

Bei schriftlichen Aktionärsbeschlüssen ist grundsätzlich nicht der schriftliche Beschluss selbst, sondern das Erwahrungsprotokoll als Handelsregisterbeleg einzureichen. Bei Zirkularbeschlüssen (die von allen Aktionären unterzeichnet sind) anerkennt das EHRA jedoch auch diesen Zirkularbeschluss als Beleg. Voraussetzung ist in diesem Fall aber eine Bestätigung des VR, dass alle Aktionäre unterzeichnet haben. Die Unterscheidung zwischen Zirkularbeschlüssen und anderen schriftlichen Beschlussformen erscheint wenig praxisgerecht. Es ist daher fraglich, ob eine unterschiedliche Behandlung dieser Formen gerechtfertigt ist. Sodann wird sich in der Regel die Verwendung des (ohnehin zu erstellenden) Erwahrungsprotokolls als Handelsregisterbeleg empfehlen, um die Anonymität der Aktionäre zu wahren.

Virtuelle und Ausland-GVs

Das neue Aktienrecht lässt virtuelle GVs ohne physischen Tagungsort sowie GVs im Ausland zu, wenn erstens die Statuten dies vorsehen und zweitens ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter ernannt wird oder (im Fall einer virtuellen GV) der VR in den Statuten von dieser Pflicht entbunden wird beziehungsweise (im Fall einer GV im Ausland) alle Aktionäre darauf verzichten.

Gemäss dem EHRA wird die Eintragung von Beschlüssen, die anlässlich einer virtuellen GV oder einer GV im Ausland ohne entsprechende statutarische Grundlage gefasst wurden, zurückgewiesen. Unternehmen, die dies noch nicht getan haben, sollten ihre Statuten daher zeitnah anpassen, um von diesen neuen Möglichkeiten Gebrauch machen zu können, wenn sich dies als erforderlich oder nützlich erweist. In dringenden Fällen bietet sich eine hybride GV mit physischem Tagungsort in der Schweiz an, die keiner Statutengrundlage bedarf.

Ferner stellt das EHRA klar, dass in diesen Konstellationen auch öffentlich beurkundete Beschlüsse möglich sind, wobei die Verantwortung für die Einhaltung des zusätzlich zu beachtenden kantonalen Beurkundungsrechts primär beim Notar liegt. Diese Klarstellung ist zu begrüssen.

Florian Jung, LL.M.

Rechtsanwalt (Senior Associate) bei der Kanzlei CMS von Erlach Partners AG

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