Polizeilich gesucht: Gefrustete Berufsleute

Mit doktrinärem Eifer wird in Zürcher Städten gerade in der Verkehrspolitik die Mobilität eingeschränkt und das Arbeiten behindert – besonders in der Stadt Zürich. Hier werden frischfröhlich Parkplätze aufgehoben, was es etwa Handwerkern immer schwerer macht, ihre Kunden zu beliefern.

Doch siehe da: Auch gegen den zunehmenden Frust als Selbständige oder Selbständiger gibt die Stadt Zürich vor, Abhilfe zu schaffen. Die entsprechende Botschaft heisst, frei interpretiert: Wechselt von der Privatwirtschaft zur Stadtpolizei! Da gibt’s sichere Arbeitsplätze, Lohnprämien sowie Boni und praktisch unkündbare Verhältnisse. Traumhaft.

Mit einer Plakatkampagne wurden bereits 2018 Serviceangestellte, Pizzaiolos oder Büropersonal dazu aufgefordert, sich zu Tram- oder Buspiloten in der Stadt Zürich umschulen zu lassen. Erneut bemüht die öffentliche Hand in Zürich nun die Zielgruppe der Quereinsteiger. Aber diesmal rekrutieren nicht die städtischen Verkehrsbetriebe (VBZ), sondern die Stadtpolizei Zürich.

«Heute Buchhalter. Morgen Polizist». «Heute Koch. Morgen im polizeilichen Assistenzdienst». Auch die Velokurierin lässt ihre mutmasslich etwas freizügige Auslegung der Verkehrsregeln zugunsten einer Karriere als korrekte Polizistin sausen. Hinter ihr her fahren auf dem entsprechenden Kampagnenmotiv vier Bike-Cops, als würden sie sie in die neue Karriere eskortieren.

Die damit betraute Kreativagentur Die Antwort hatte den Auftrag mit der Kampagne, die für die Gewinnung neuer Polizistinnen und Polizisten lanciert wurde, «Personen aus unterschiedlichen Berufszweigen» anzusprechen und zum Quereinstieg zu animieren. Die Agentur versteht zweifellos ihr Handwerk, Aufsehen zu erregen, vielleicht auch ein wenig am Berufsstolz zu knabbern. A propos Handwerk. Das amüsanteste Bekehrungsszenario ist wohl auch das bizarrste: Der Automechaniker, der morgen in Polizeiuniform die «Kontrolle im ruhenden Verkehr» übernimmt. Zu sehen ist ein schmutziger Mechaniker in Latzhosen, der ein Auto mit einem Parkzettel versieht, während er von zwei lächelnden Polizisten mit Notizblock und Funkgerät scharf beobachtet wird. Auf den ersten Blick scheint er selber der Parksünder zu sein.

Die Annahme, dass Automechaniker freiwillig Schraubenschlüssel und Motorenöl für Bussenzettel eintauschen zur Kontrolle eines Angebots, das künstlich verknappt wird und ihnen selber bislang das Leben schwer machte, scheint doch recht absurd. Immerhin: Nach dem dreimonatigen Lehrgang «Kontrolle ruhender Verkehr», welcher nebst dem Ordnungsbussengesetz auch Psychologie, Stadtkunde und Funkausbildung umfasst, werden die neu gewonnenen Serviceangestellten oder eben die Automechaniker bereits auf die Parksünder losgelassen.

Die etwas verkorkste Botschaft, wenn man so will: Lieber Parkbussen verteilen statt erhalten – der neue Karrieresprung. Letztlich gilt für den Staat: Mehr Beamte. Mehr Bussen. Mehr Budget.

Wadenbeisser

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