Die Unternehmensnachfolge wird meist zu spät geplant

Mit der Unternehmensnachfolge müssten sich derzeit rund 90’000 KMU beschäftigen. Dies scheint aber bei vielen nicht der Fall zu sein. Dabei wäre es für die Schweizer KMU-Wirtschaft wichtig, dass der Generationenwechsel in den nächsten zehn Jahren erfolgreich umgesetzt wird.

Bild Mark Gasser

Bei OBT – hier Julia Gathen am letzten KGV-Unternehmer-Zvieri – beschäftigen sich viele Experten mit der Nachfolgeplanung.

Pascal Strässle und Linus Furrer (OBT)

Die aktuellsten Studien zeigen auf, dass rund 90 000 Schweizer KMU in den nächsten Jahren von einer Nachfolgeregelung betroffen sein werden. Da solche Prozesse selten innerhalb von einem bis zwei Jahren erfolgreich umgesetzt werden können, müssten diese betroffenen KMU bereits heute damit begonnen haben. Dies scheint aber bei vielen nicht der Fall zu sein. Dabei ist es für die Schweizer Wirtschaft mit ihrer ausgeprägten KMU-Landschaft von zentraler Bedeutung, dass der Generationenwechsel in den nächsten zehn Jahren erfolgreich umgesetzt wird, da nebst den Steuereinnahmen und der Wirtschaftsleistung auch sehr viele Arbeitsplätze davon abhängen.

Wen trifft die Nachfolgeplanung am meisten?

Gemäss Studien sind die kleinsten und mittleren Unternehmen mit 1 bis 49 Mitarbeitenden prozentual am stärksten von anstehenden und noch offenen Nachfolgeregelungen betroffen. Bei diesen Unternehmen ist die emotionale Hürde am höchsten. Auch fehlende Zeit durch die hohe operative Belastung des Inhabers sowie das fehlende interne Know-how für diesen Nachfolgeprozess sind wahrscheinlich die häufigsten Gründe, dass Nachfolgelösungen viel zu spät angegangen und nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Dabei ist erwiesen, dass ein erfolgreicher Nachfolgeprozess in den meisten Fällen fünf Jahre und mehr in Anspruch nimmt.

Die eigene Firma «nachfolgefähig» machen

Viele KMU in der Schweiz sind in den letzten Jahren gewachsen, was die Finanzierung der Eigentumsnachfolge stark erschwert oder gar verunmöglicht. Dies kann dadurch entstanden sein, dass die Inhaber über Jahrzehnte viel zu tiefe Gehälter und/oder Dividenden bezogen und sich deshalb hohe thesaurierte Gewinne im Eigenkapital angehäuft haben, die so nicht betriebsnotwendig sind. Ein weiterer Grund sind die Betriebsliegenschaften oder sogar betriebsfremde Liegenschaften in der Firma, die stark im Wert gewachsen sind. Der Gesamtwert für Betrieb, Liegenschaften und nicht betriebsnotwendiges Eigenkapital ist dann so hoch, dass er für Nachfolger nicht finanzierbar ist.

Um die Firma leichter und damit finanzierbar zu machen, muss viele Jahre voraus mit der Planung und der Umsetzung gestartet werden. Dies kann dann eine Abspaltung von Liegenschaften und Betrieb und auch Substanzdividenden über mehrere Jahre beinhalten.

Die Nachlassplanung darf nicht vergessen werden

Eine Nachfolgeplanung für die eigene Firma setzt bei einer komplett oder teilweise familieninternen Nachfolge (Family-Buy-out) auch gleichzeitig eine Nachlassplanung bezüglich des erbberechtigten Ehepartners/der erbberechtigten Ehepartnerin und Kinder voraus, sofern solche vorhanden sind. In vielen familieninternen Nachfolgelösungen wird ein Teil des Kaufpreises erlassen und/oder mit Verkäuferdarlehen finanziert. Dies muss nebst dem Kaufpreis zwingend mit den übrigen erbberechtigten Personen im Rahmen des Erbrechtes besprochen und mittels Erbvertrag geregelt werden. Dieser Teilprozess nimmt meist sehr viel Zeit in Anspruch.

Führungs- und Eigentumsnachfolge

Die Nachfolgelösung setzt zwei Hauptprozesse voraus, die durchlaufen werden müssen. Dies sind die Führungs- und die Eigentumsnachfolge. Diese beiden Prozesse können parallel ablaufen, jedoch ist die Führungsnachfolge viel anspruchsvoller, zeitintensiver und wichtiger für eine erfolgreiche Nachfolgelösung und sollte immer vorab und nie danach gestartet werden.

Die Führungsnachfolge bei familieninternen Nachfolgen (Family-Buy-out), Verkauf an das Management (Management-Buy-out und/oder Management-Buy-in) oder gar bei einer Kombination dieser Varianten setzt bei der abgebenden Generation voraus, dass sie die Nachfolger Schritt für Schritt in die Führung mit Verantwortung und Kompetenzen einführt, aber auch selbst Schritt für Schritt loslassen und auch neue Entscheidungen akzeptieren kann.

Bei der Eigentumsnachfolge beziehungsweise dem Verkauf der Firmenanteile geht es vorwiegend um Bewertungen, Kaufpreis, Steuern und Kaufpreisfinanzierung. Die Verkaufstransaktion am Schluss dieses Teilprozesses könnte daher in Einzelfällen auch Jahre nach der erfolgreichen Führungsnachfolge abgeschlossen werden. Sie sollte jedoch nie vor der Führungsnachfolge umgesetzt werden.

Fazit

Viele Unternehmer/innen, gerade bei Kleinstunternehmen, sind sich nicht bewusst, wie viele Teilschritte für eine erfolgreiche Nachfolgelösung notwendig sind, die hier noch nicht mal abschliessend aufgeführt sind. Und noch weniger ist ihnen daher bewusst, dass diese Prozesse und Entscheide in den meisten Fällen nicht innerhalb eines Jahres, sondern nur über viele Jahre hinweg umgesetzt werden können.

Da man einen solchen Prozess grösstenteils nur einmal in seinem Leben durchlaufen muss, ist es selbstredend, dass einem KMU-Inhaber das Know-how und die Erfahrung dazu fehlen. Es ist daher ratsam, frühzeitig einen erfahrenen Nachfolgeberater beizuziehen, der einen durch diese Prozesse führt und begleitet.

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